Beowulf

Irgendwann wird jemand Reiner Knizia die traurige Wahrheit sagen müssen: Es reicht nicht, wenn Spiele einfach nur funktionieren. Sie müssen auch unterhaltsam sein. Dabei muss man dem Mann gar keinen fremden Spiegel vorhalten: Seine eigenen Werke „Der Herr der Ringe“, „Traumfabrik“ bzw. „Fabrik der Träume“ (dasselbe Spiel, zwei Titel) oder „Heckmeck am Bratwurmeck“ sollten ihm als Vorbild dienen. Doch womit nervt der Fließbandautor sein Publikum? Mit „King Arthur“, „Code Knacker“, „Spy“,… und „Beowulf“.


Das Spiel:

Dem Mechanismus liegt die eigentlich nette Idee zu Grunde, dass eine allgemeine Figur über einen Plan zieht und je nachdem, wo die Figur landet, es zu Versteigerungen um die Elemente kommt, die eben in der *hüstel* Geschichte gerade verlangt werden. Derjenige, der am meisten beisteuert, erhält dafür eine Belohnung, meist in Form von Siegpunkten. So mancher wird sich dabei erinnert fühlen, und zwar an das „Alexander der Große“ - Szenario der „Historischen Szenarien I“ aus den Goldenen Jahren der „Siedler von Catan“. Kein Wunder, es ist dasselbe Element, und Knizia hat es offenbar rausgepickt und zu einem eigenen Spiel verarbeitet. (Mit Sicherheit gab es den Mechanismus auch schon früher, aber es sei einfach einmal das prominenteste Beispiel genannt.)

Es gibt Karten mit den Symbolen Schiff, Hacke, Faust, Fuchs, Trinkhorn und Helm, wobei die Helme als Joker fungieren. Von diesen Karten halten die Spieler eine bestimmte Anzahl in der Hand. Beowulf zieht in jeder Runde ein Feld auf dem Plan weiter. Diese Felder zeigen nun an, was eben passiert: Man kann Karten umtauschen; man kann ein Risiko eingehen, indem man zwei Karten aufdeckt und die behalten kann, die mit dem Feld übereinstimmen (gibt es keine Übereinstimmung bringt das Kratzer, in weitere Folge Wunden und damit am Ende Minuspunkte); man kann auswählen, was man gerne haben möchte; oder man kann mit Gold um Ruhmespunkte (= Siegpunkte) steigern.

Die meisten Felder aber rufen zur allgemeinen Versteigerung auf. Davon gibt es nun zwei Arten:

1. Jeder Spieler legt verdeckt vor sich sein Gebot auf. Man deckt gleichzeitig auf und bestimmt einen Sieger.
2. Der Startspieler macht ein Gebot, der nächste Spieler kann gleichziehen, erhöhen oder aussteigen, der nächste wieder gleichziehen, erhöhen oder aussteigen usw.. Hat man keine passende Karte in der Hand, kann man ein Risiko eingehen, indem man zwei Karten zieht. Passt eine oder beide, können sie in der Versteigerung benützt werden. Gibt es keine Übereinstimmung, erhält man einen Kratzer, die in weiterer Folge zu Wunden und damit zu Minuspunkten werden.

Ist eine Versteigerung zu Ende, darf derjenige, der das beste Gebot gemacht hat, zuerst eine der am Versteigerungsfeld abgedruckten Belohnungen auswählen. Danach der Zweite, danach der Dritte usw. … und bei den meisten Versteigerungen gibt es dann ab einem gewissen Punkt nur noch negative Auswirkungen.

Erreicht Beowulf das letzte Feld des Planes, wird abgerechnet. Ruhmespunkte sind Siegpunkte, davon werden Minuspunkte und Wunden abgezogen. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

Spieletester

07.05.2007

Fazit

Der Hauptgrund, warum dasselbe System in den „Historischen Szenarien“ von SvC unterhalten hat, und warum es in Beowulf nicht unterhält, wird während des Spieles sehr schnell klar: Beim Zug des Alexander waren die Versteigerungen Beiwerk. Es wurde… na ja, eben GESIEDELT. Man erwarb Rohstoffe, man handelte, man baute Siedlungen… und zwischendurch wurde eine Versteigerung abgehalten, in denen die Spieler ihre Rohstoffe bieten konnten, die aber eben auch für anderes benötigt wurden. Es galt auszurechnen, wie viel Erz ich entbehren kann, um Alexanders Schlacht am Nil zu unterstützen, aber meine eigenen Bau- oder Handelspläne außerdem noch verwirklichen zu können.

Und das ist das Problem, mit dem Beowulf konfrontiert ist: Wozu soll ich Schiffskarten aufheben, wenn diese Karten erst wieder 5 Felder später gefragt sind? Und selbst wenn diese Karten gleich wieder benötigt werden, dann gehen wir eben ein Risiko ein, und schon hab ich wieder ein paar vor mir ausliegen.
Jaja, die Möglichkeit, unter der Versteigerung zufällig passende Karten zu ziehen: Der sicherste Weg, die Versteigerungen vollkommen uninteressant zu machen. Zielsicher hat Reiner Knizia ihn beschritten.

Die logische Folgerung aus diesem Punkt: Für das, was Beowulf bietet, ist es mit 60-90 Minuten Spielzeit eindeutig viel zu lang. Es ist möglich, dass das System als 15 Minuten–D’rüberstreuer unterhaltsam und interessant ist, doch bei dieser Länge beginnt das System zu schnell damit, sich einfach nur zu wiederholen. Und spätestens nach der 5ten Versteigerung, die ja mehr oder weniger hintereinander ablaufen, verzweifelt man dann an der Tatsache, gerade mal ein knappes Drittel des Spielplanes hinter sich gebracht zu haben.

Was die Ausstattung angeht, so schießt Beowulf auf dem Spielplan einen der größten Böcke der letzten Jahre: Es gibt keine Möglichkeit, auf den Versteigerungsfeldern die Beowulf-Figur so abzustellen, dass keine wichtige Information abgedeckt wird. So steht Beowulf regelmäßig neben dem Feld. Natürlich, eine Lappalie… aber ist das wirklich notwendig?

Also zum Fazit: Um ca. das fünffache zu lang, aber immerhin der lebende Beweis, dass die Versteigerung in Form „Historische Szenarien I: Alexander der Große“ nicht funktioniert, wenn man die Hauptelemente eliminiert und nur noch die Versteigerung, und damit das NEBENspiel, übrig lässt:
Es ist elend langweilig.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Besucherkommentare

Stefan | 15.12.2012

habe mir das Spiel schon öfters ausgeborgt und freue mich wieder voll drauf - nach den nächsten Spielen schreibe ich (meinen ersten) längeren Kommentar drüber - bisdahin: bildet euch selbst eine Meinung.
PS: hat mit AlexanderSzenario gar nichts zu tun - also nicht abschrecken lassen

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 5
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Preis: 30,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2005
Verlag: Kosmos
Autor: Reiner Knizia
Genre: Versteigerung
Zubehör:

1 Spielbrett
1 Schild
1 Beowulf-Figur
2 Markierungssteine
5 Reihenfolgen-Marker
100 Aktionskarten
10 Sonderkarten
36 Ruhmesplättchen
24 Schatzplättchen
3 Misserfolgsplättchen
36 Bündnisplättchen
23 Wunden-Plättchen

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