Die Schlangen von Delhi

Beim Begriff Schlangenbeschwörer kommt einem recht schnell Indien in den Sinn. Womit wir schon beim Thema sind. Allen Ophidiophobikern (das sind Menschen mit Angst vor Schlangen) kann ich aber sofort die Scheu vor diesem Spiel nehmen: selbstverständlich sind keine echten Schlangen eingepackt, auch künstliche Gummiwürmer sucht man vergebens. Das Spiel besteht aus gänzlich harmlosen Legeplättchen, die aneinandergereiht werden.

Der Spielplan, der stattliche Ausmaße besitzt, liegt in der Mitte zwischen den Spielern. Auf ihm aufgedruckt sind einige Schlangenschwänze, Schlangenkörbe und eine Wertungsleiste. Ausgehend von den Schwänzen legt man Plättchen an. Plättchen hat man immer fünf Stück zur Auswahl, die man hinter dem Sichtschirm vor den Blicken der Mitspieler schützt. Wie viele Plättchen ich in einem Zug einsetze, steht mir frei; allerdings darf ich in einem Zug auch nur an eine Schlange anlegen, das heißt alle gelegten Plättchen müssen dieselbe Farbe haben oder Joker sein.

Am Ende eines jeden Zuges werden Punkte verteilt. Jedes frisch gelegte Plättchen bringt einen Punkt. Ebenso alle Plättchen aus denen die Schlange schon zuvor bestand. Und auch alle Tunnel, die von der Schlange benutzt werden. ... WAS? TUNNEL?! Sind wir jetzt bei indischen Schlangenbeschwörern oder bei einer Alpendurchquerung?!? Ruhig Blut, dieser Umstand lässt sich rasch aufklären.

Jedes Plättchen zeigt ein Stückchen Schlange, das gerade oder in einer Kurve über das Plättchen läuft. Die beiden freien Kanten sind mit einem ockerfarbigen, neutralen Tunnel verbunden. Stößt eine Schlange an einen Tunnel, kommt sie am anderen Ende wieder hervor. Bei fortgeschrittener Spieldauer können Schlangen entstehen, die aus mehr Tunneln als farbigen Feldern bestehen. Daraus folgt, dass die Schlangen wild miteinander verknotet sind. Der Zusatz auf dem Schachteldeckel "Bloss nicht den Überblick verlieren" ist gar nicht so leicht zu befolgen, weil es wirklich sehr unübersichtlich wird. Welche Schlange ist noch erweiterbar? Welche hat schon einen Abschluss in einem Schlangenkorb oder -kopf? Und wie lang sind die einzelnen Schlangen eigentlich?

Am Ende gewinnt, wie könnte es anders sein, der Spieler mit den meisten Gesamtpunkten. Oft ist der Ausgang eine knappe Sache. Strategische Entscheidungen tragen nämlich herzlich wenig zum Erfolg bei, viel mehr bestimmen die gezogenen Plättchen über Sieg und Niederlage. In mathematischer Naivität kann man annehmen, dass jeder etwa dieselbe Farb- und Formverteilung ergattert, entsprechend ähnlich sind die erreichbaren Punkte verteilt. Natürlich kann man sich sagen "Ha, ich habe drei blaue Teile. In jedem Zug lege ich eines an und bekomme so drei Mal die Punkte.". Aber nicht selten ist die Schlange nach drei Runden schon an ihrem Ende angelangt - man kann nur versuchen, seine blauen Teile an einer anderen blauen Schlange unterzubringen. Außerdem macht einzelnes Ausspielen von Plättchen es schwieriger, gleichfarbige Sets zu bekommen (klingt komisch, ist aber so).
Wohl als Abhilfe dieses bewussten Mangels wurde die Wertungsvariante eingeführt, bei der jedes neu angefügte Teil mit zwei Pluspunkten zu Buche schlägt. Doch kein Licht ohne Schatten: In der Endphase, wenn viele Tunnel benutzt werden, kann eine lange, neue Tunnelstrecke unverhofft viele Punkte - und somit eventuell die Entscheidung - bringen.

Spieletester

01.11.2009

Fazit

Die kleinen Regellücken, vor denen man nach der Lektüre der Spielanleitung steht, werden innerhalb der ersten Partie vom Spielverlauf selbst geschlossen. Somit stünde einem reibungslosen Spielfluss nichts im Wege. Wie bereits weiter oben angesprochen, ist die Partie aber sehr unübersichtlich - ein deutlicher Kritikpunkt. Was auch nicht jedem gefallen wird: Interaktion zwischen den Spielern sucht man vergebens. Somit sind Die Schlangen von Delhi ein netter Zeitvertreib für die eine oder andere Partie, auf Dauer besteht aber keine Suchtgefahr.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten
Erscheinungsjahr: 1995
Verlag: Blatz Spiele
Autor: Manfred Franz
Grafiker: Klaus Albrecht
Genre: Lernspiel
Zubehör:

1 Spielplan, 112 Schlangenplättchen, 4 Sichtschirme, 4 Zählsteine, 1 Spielregel

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