Lady Alice

Lady Alice? Who the f*** is Alice? Endlich ist dieses Rätsel gelöst! Es ist ein Schiff. Das ist es jedoch nicht, was Sherlock Holmes gerne von uns wissen möchte.


Remember Lady Alice

Im Jahre 1878 lädt die Royal Geographical Society den berühmten Entdecker Henry Morton Stanley nach London ein. Er kehrt aus Afrika zurück, um in einem Vortrag alle Objekte vorzustellen, die er auf seiner letzten Afrikaexpedition gesammelt hat. Bei dieser Gelegenheit hatte er 1871 den damals als verschollen geltenden David Livingstone wieder gefunden.
Seltsamerweise taucht Stanley am Tag der Konferenz nicht auf. Man befürchtet das Schlimmste. Ohne zu zögern wendet sich die Royal Geographical Society an Sherlock Holmes.
Als der Stanleys Hotelzimmer durchsucht, stellt er sofort fest, dass ein Gegenstand aus dessen Sammlung fehlt. Bei einer sorgfältigen Spurensuche vor Ort findet Holmes einen Briefumschlag, eingeklemmt zwischen Bett und Wand. Darauf eine rätselhafte Notiz: Remember Lady Alice.
In diesem Umschlag befinden sich ein altes Foto und ein Stadtplan von London, auf dem bestimmte Orte mit feinem Strich umrandet sind. Treffpunkte?
Auf dem Bild posiert Stanley zusammen mit anderen Forschern. Im Hintergrund sieht man die oben erwähnte Lady Alice, ein Schiff, mit dem er die Flüsse und Seen Innerafrikas befuhr und das aus Einzelteilen zusammengesetzt war, um den Transport zu erleichtern.

Natürlich hat Sherlock Holmes diesen Fall sofort durchschaut. Doch er möchte uns, den Baker Street Kids, die Lösung des Falles nicht auf die Nase binden. Stattdessen hat er sich ein kleines Spiel ausgedacht, in dem wir Spürsinn, Bluff und Cleverness beweisen müssen.


Gut kombiniert, Watson!

Wir wissen nun also, dass Stanley entführt wurde. Doch nicht wann, wo, von wem und welches Indiz den Täter überführt hat.
Zu diesem Zweck wird jedem der vier Mitspieler verdeckt ein Indiz ausgehändigt. Ein Ort, eine Uhrzeit, ein Gegenstand und ein Täter – wer welche Kategorie ausfasst wissen wir nicht. Unser Ziel ist es nun also, die Karten der Mitspieler herauszufinden und so den Tathergang herzuleiten.
Dazu stellen die Spieler der Reihe nach Vermutungen an. In jeder der vier Kategorien werden acht Möglichkeiten angeboten. Diese sind alle im Indizienheft abgebildet und können dort einzeln umgeklappt werden. Der aktive Spieler stellt also aus den vier Kategorien eine Beweiskette zusammen und äußert seinen Verdacht. So könnte also der Sklavenhändler Tippu Tip zur Dinner Time um 21 Uhr mit dem Sextanten an der Waterloo Station gesichtet worden sein.
Im nächsten Schritt wird erhoben, wie viele der vermuteten Indizien tatsächlich zutreffen. Hierfür steckt jeder Mitspieler die Sherlock Holmes-Karte in das Urteils-Etui, je nachdem ob das eigene Indiz Teil des Verdachts ist so, dass entweder die grüne oder die rote Seite durch das runde Sichtfenster zu sehen ist.
Die Etuis werden verdeckt dem Verdachtsteller ausgehändigt, der sie gemischt und dadurch unzuordbar gemacht offen auf den Tisch auslegt. In Mastermind-Manier wissen die Spieler nun, wie viele der vorgeschlagenen Indizien tatsächlich richtig sind, allerdings nicht, welche genau das sind. Die Ausnahme bildet natürlich das Indiz im eigenen Besitz.
Sollte es passieren, dass alle Etuis das skeptisch dreinblickende rote Portrait des Detektiven zeigen, können alle betreffenden Indizien auf dem Spielplan mit Visitenkarten abgedeckt werden. Eine andere Art der Gedankenstütze, wie zum Beispiel mitschreiben, ist nicht gestattet.


Setzen!

Nun dürfen die Spieler reihum setzen. Dafür stehen jedem Detektiv neun Chips zur Verfügung, jeweils drei mit den Werten Null, Eins und Zwei. Jeder Spieler hat die Wahl, ob er einen Chip auf ein Indiz auf dem Spielplan setzen oder passen möchte. Auf jedes Indiz können insgesamt so viele Chips gesetzt werden, wie Spieler mitspielen. Gesetzt wird verdeckt, liegt auf dem entsprechenden Indiz jedoch schon ein Chip, so wird dieser umgedreht, so dass der Wert sichtbar wird.
Die Setzrunde endet erst, sobald alle Spieler hintereinander passen. So kann man beispielsweise vorerst passen um die Tipps der anderen Spieler abzuwarten und dann wieder in die Setzrunde einsteigen, vorausgesetzt die anderen Spieler passen nicht ebenfalls. Andernfalls ist der nächste Spieler an der Reihe, eine Verdächtigung auszusprechen.

Sollte man zur Überzeugung gekommen sein, die richtige Lösung herausgefunden zu haben, kann man statt zu setzen eine Verurteilung aussprechen. Aber Achtung: Sollte sich diese Verurteilung als falsch herausstellen (überprüft wird das wie bei einem herkömmlichen Verdacht mit den Urteils-Etuis), scheidet der Spieler komplett aus. Null Punkte.


Werten!

Wer (zufällig oder nicht) die richtige Kombination der Indizien in der Verdachts-Runde äußert, beendet das Spiel und erhält einen Zusatzpunkt. Schafft es ein Spieler durch die viel riskantere, oben genannte Verurteilung, erhält er drei Extrapunkte.
Danach werden die gesetzten Chips ausgewertet. Alle Chips auf falschen Indizien, von ausgeschiedenen Spielern oder mit dem Wert Null werden entfernt. Die Werte der restlichen Chips werden zusammengerechnet, die Bonuspunkte addiert. Der Spieler mit den meisten Punkten kürt sich zum Meisterdetektiv und gewinnt.


Zufall? Ich denke nicht!

Was bei Mastermind passieren kann, kann auch in Lady Alice passieren. Mit dem Unterschied, dass bei Lady Alice durch das Aufteilen der Wissensbasis Spieler unterschiedlich von bestimmten Situationen profitieren können. So war unsere erste Testrunde tatsächlich nach knapp fünf Minuten vorbei. Was war passiert? Durch Zufall wurden bereits in der zweiten Verdachtsrunde drei der vier richtigen Indizien geraten. Somit hatte der Spieler, dessen Indiz falsch geraten wurde, einen enormen Wissensvorsprung – und konnte das Spiel postwendend für sich entscheiden.

Aber gleich die zweite Runde verlief komplett anders. Ein Spieler schied aus, einer konnte das Rätsel lösen, doch wieder ein anderer das Spiel aufgrund taktisch besserer Chipverteilung für sich entscheiden. Die Nuller-Chips können für Bluffs eingesetzt werden, dienen jedoch auch hervorragend für Doppelbluffs. So können gewiefte Spieler allein durch geschicktes Irreleiten der Mitspieler erhebliche Vorteile für sich verbuchen. Nehme ich mein Indiz, von dem ich weiß, dass es richtig ist, in meine Verdachtsphase mit auf oder nicht, setze ich früh hochwertige Chips auf mein Indiz oder opfere ich sie gar, um Mitspieler in die Irre zu leiten und sie von falschen Indizien zu überzeugen. Lady Alice ist um einiges taktischer, als es auf den ersten Blick den Anschein macht und das Zockerelement ist tatsächlich ein mindestens ebenso großer Wegbereiter zum Sieg wie das Einsetzen der Kombinationsgabe.

Wer das Spiel zu dritt oder fünft spielen möchte, wird mit leicht abgewandelten Regeln beglückt. So wird bei drei Spielern eine Indizien-Kategorie nicht vergeben. Welche das ist, wissen die Spieler aber nicht. Bei dieser Variante kommt es durchaus öfter vor, dass alle drei Etuis die rote Seite zeigen, wodurch überdurchschnittlich viele Indizien mit Visitenkarten abgedeckt werden können. Da bei der Lösung durch Verurteilung zusätzlich zu den drei gezogenen Indizien noch die nicht vergebene Kategorie genannt werden muss, ergibt sich beim Spiel zu dritt eine ganz eigene Dynamik.
Beim Spiel zu fünft wird eine Kategorie zweimal vergeben.


Spielmaterial

Der Sherlock Holmes‘ Schreibtisch darstellende Spielplan ist sehr schön gestaltet und vermittelt viktorianischen Flair. Die Aufteilung der vier Indiziengruppen ist ebenfalls sehr stimmig. Lediglich die etwas klein geratenen Charakterportraits sind recht schwer zu unterscheiden. Noch dazu, da sich viele Verdächtige ohnehin viel zu ähnlich schauen. Viellicht hätten nicht unbedingt drei der acht Verdächtigen dunkelhaarige Vollbartträger sein müssen.
Die Urteilsetuis leiern schon nach wenigen Spielrunden merklich aus. Was grundsätzlich kein Problem wäre. Jedoch sind die Karten mit Sherlocks Portrait, die darin eingeschoben werden, beinahe bis an den Rand bedruckt, obwohl das absolut nicht nötig gewesen wäre, da ohnehin nur ein kleiner Teil durch das runde Fenster sichtbar ist. So kann es vorkommen, dass eine Karte schon durch das Herausrutschen um wenige Millimeter bei der Übergabe versehentlich seine Farbe preisgibt. Hier muss man also besonders Vorsicht walten lassen.
Von einigen Chips löste sich schon beim vorsichtigen Heraustrennen aus dem Karton ein Teil der Papierschicht oder sie riss ein. Wenn nicht gerade Spieler dabei sind, die sich die Werte dieser Chips bis zur nächsten Partie mutwillig merken (können und wollen), sollte das aber nicht weiter tragisch sein.
Das Indizienheft (ein im Tagebuchstil gehaltener Ringblock) und die Visitenkarten unterstreichen das designmäßig sehr nett gehaltene Spielmaterial, das an den genannten Materialschwächen keinesfalls scheitert.


Spieletester

25.01.2015

Fazit

Durch die Kombination aus Zocken, Bluffen, Deduktion, der richtigen Strategie und Glück kann eine Runde Lady Alice jedes Mal unterschiedlich aussehen. Gerade die beiden erstgenannten Faktoren machen, anderes als es die Art Spiel vermuten lassen würde, einen sehr wichtigen Teil des Spiels aus und halten sich mit dem Einsatz von Kombinations- und Deduktionsgeschick mindestens die Waage. Auch wenn Glück keinen unentscheidenden Faktor darstellt, es allein reicht in den wenigsten Fällen. Die dadurch möglicherweise unterschiedlichen Herangehensweisen unterschiedlicher Spielertypen an dieses Spiel machen Lady Alice so zusätzlich interessant. Allerdings müssen die Spieler bereit sein, sich auf dieses recht denk- und taktikintensive Spiel einzulassen. Dann kann Lady Alice, gerade in Kombination mit dem sehr stimmungsvollen Spielmaterial, seine Stärken ausspielen.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 3 bis 5
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten
Preis: 26,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2014
Verlag: Hurrican
Genre: Bluff
Zubehör:

1 Spielplan 1 Spiralheft (Indizienheft) 32 Indizkarten 4 Charakterchips 5x9 Schlussfolgerungschips 28 Visitenkarten 4 Urteils-Etuis

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