Ich kann mich noch genau erinnern, als Age of Empires IV, oder AoE4, wie ich es ab sofort in dieser Review nenne, announced wurde. Ich war damals mit meinen Kollegen in Köln bei der Gamescom 2017, einige von uns sogar beim Live-Reveal-Event von Microsoft dabei. Ab diesem Zeitpunkt fieberte ich dem Release von AoE4 entgegen und überbrückte die Zeit mit der Definitive Edition von AoE2.
It's been 22 years
Diese wird nun aber, denke ich, für eine nicht absehbare Zeit in der virtuellen Vitrine stehen. Denn AoE4 ist alles, was sich die Fans der Serie eigentlich vom dritten Teil erhofft hatten. Nachdem Age of Empires III, mit dessen Release vor 16 Jahren (ja, auch ich habe mich vor dieser Zahl geschreckt) jedoch bei weitem nicht so gut ankam wie der Genre-Klassiker AoE2, war ich vor dem Release des neuesten Teils auch durchaus skeptisch.
Diese Skepsis verflog aber schon mit dem Spielen des "Technical Stress Tests" (zu deutsch: der Beta) im September. AoE4 atmet AoE2, und das ist das Wichtigste. So vieles hätte schief gehen können, so viele neue Dinge hätten ausprobiert werden und fehlschlagen können. Stattdessen wirkt AoE4 zwar wie ein neues Spiel, das sich aber (zumindest für AoE2-Spieler) vom ersten Klick an bekannt anfühlt.
Woah, ist das schnell
Das beginnt schon bei der Erstellung eines Spiels. Bis zu acht Spieler, egal ob echte Gegner oder KI, finden auf den zufällig generierten Maps Platz. Dann heißt es Völker auswählen und seine Kolonie aufbauen. Wer sich in AoE2 wohl gefühlt hat, wird auch schnell mit AoE4 warm. Vom Spielaufbau läuft hier alles sehr ähnlich ab. Einige Twists gibt es dann aber doch.
So ist direkt spürbar, dass es im direkten Vergleich zu AoE2 bei weitem nicht so lange dauert, bis man kampffähig ist. Haben Runden in AoE2 erst nach etwa 15 Minuten richtig Fahrt aufgenommen, kann das Early-Game, also speziell die Minuten 5-10 eines Duells, schon spielentscheidend sein. Die Geschwindigkeit ist hier fast schon auf dem Niveau eines Starcraft II, ebenfalls angelehnt haben sich die Entwickler eigenen Aussagen zufolge an Dota 2. Dieser Trendbruch gefällt mir sehr, da es in jedem Spiel gleich von Anfang an rund geht und jeder Klick entscheidend sein kann.
Octovirat
Ebenfalls gänzlich neu ist die Völker-Struktur. Waren es in AoE2 noch 19 Völker, so sind es jetzt nur noch 8. Diese acht Völker unterscheiden sich aber grundlegend voneinander und nicht nur, wie in AoE2, in einer Spezialeinheit und Character-Perks. Spielen wir beispielsweise mit dem berittenen Volk der Franzosen, so können wir bereits vor der Ritterzeit Ritter bauen und diese im Spezialgebäude "Kavallerieschule", die außerdem meine berittenen Einheiten um 20% schneller produziert. Diese Kavallerieschule ist die Belohnung für den Aufstieg in die Feudalzeit. Ab sofort steigt man nämlich nicht mehr im Dorfzentrum in die nächste Epoche auf, sondern baut mit seinen Dorbewohnern ein Spezialgebäude, das nur das gespielte Volk besitzt. Somit ist es nun auch möglich, während des Zeitalter-Aufstiegs Dorbewohner zu erschaffen und damit die Wirtschaft zu stärken.
Die Unterschiede in den Völkern gehen sogar so weit, dass beispielsweise das Volk der Mongolen überall seine Zelte aufschlagen und damit die gesamte Basis mit wenigen Klicks verschieben kann – weil die Mongolen im Mittelalter eben auch Nomaden waren. Die geschichtlichen Referenzen sind in AoE4 viel stärker und greifbarer, als in den Vorgängern.
Hat wer den History-Channel aufgedreht?
Wo wir schon bei Geschichte sind. Die Kampagne hebt das Spiel noch einmal auf ein neues Niveau. Auf plumpe Textboxen zwischen Kämpfen wurde nämlich verzichtet, stattdessen ein ganzer Dokumentarfilm erschaffen. Wobei, im Grunde genommen sogar vier Dokumentarfilme, denn die insgesamt 35 Missionen verteilen sich auf vier unterschiedliche Geschichten.
Jede Geschichte verbindet spielbare Missionen mit Echtzeit-Aufnahmen, die in einen geschichtlichen Kontext gesetzt werden. So wurde für die Schlacht bei Hastings 1066 der tatsächliche Ort des Geschehens gefilmt und mit Animationen versehen, um ein Gefühl zu bekommen, wie die Schlacht wohl damals ausgeschaut hat. Nach der Erklärung der Situation sind wir am Zug und müssen als Herzog Wilhelm die Angelsachsen unter König Harald II. besiegen. Wäre Geschichte-Unterricht immer so, würde wohl jeder Schüler gerne Geschichte lernen. Einfach Top!
Für einige könnte die Kampagne dann aber zu "kalt" sein. Es bleibt zu wenig Zeit zwischen den Missionen, als dass einzelne Charaktere in Erinnerung bleiben könnten. Dafür ist die Gestaltung dann auch einfach zu unemotional. Ich betreibe hier gerade aber Haar-in-der-Suppe-suchen in Perfektion. Ansonsten ist mir in meinen über 30 Stunden Spielzeit bisher auch nur im Ansatz etwas Negatives aufgefallen. Ich liebe Age of Empires IV und habe nicht vor, meine Sucht zu bekämpfen...
Fazit
Redaktionelle Wertung:
Spieleranzahl: 1 bis 8
Preis: 60 Euro
Erscheinungsjahr: 2021
Entwickler: Relic
Publisher: Microsoft Game Studios
Erschienen für: PC
Getestetes System:
PC
Genre: Aufbau-Strategie, Echtzeit Strategie, Strategie
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