Ein rundenbasierter Multiplayer-Strategie-Ego-Shooter? In dem 5 gegen 5 antreten, der aber nur einen Gegenspieler braucht. Hä? Eine Zeitschleife machts möglich.
[Zeitschleife Anfang] Ihr geht über die Straße. [Zeitschleife Ende]
[Zeitschleife Anfang] Ein Raser kommt die Straße entlanggeflitzt und fährt euch beim Überqueren über den Haufen. [Zeitschleife Ende]
[Zeitschleife Anfang] Ein Polizist stoppt den Raser an der vorigen Kreuzung. Ihr geht unbeschadet über die Straße. [Zeitschleife Ende]
[Zeitschleife Anfang] Das Date des Polizisten hat ihn ans Bett gefesselt. Er kann daher nicht zur Arbeit kommen, den Raser nicht stoppen, ihr werden überfahren. [Zeitschleife Ende]
Jeder weitere Protagonist, der in diese Geschichte eingreift, verändert diese, verhindert Dinge, oder verhindert Dinge, die Dinge verhindert hätten und die dadurch jetzt doch geschehen.
Knoten im Kopf? Willkommen bei Lemnis Gate!
And again, and again, …
Das Spielprinzip von Lemnis Gate ist einzigartig, klingt aber komplizierter als es ist. Zumindest in der Theorie ist es eigentlich recht simpel. Eine Runde spielt sich in einer 25-sekündigen Zeitschleife ab.
Spieler 1 startet, hat 25 Sekunden Zeit zu tun, was er eben tun will.
Dann wird die Zeitschleife von vorne gestartet und Spieler 2 ist an der Reihe. Auch er kann nun seinen Dienst vollziehen, mit dem Unterschied, dass der erste Charakter von Spieler 1 ebenfalls am Spielfeld ist. Nach 25 Sekunden ist wieder Spieler 1 am Werk – inklusive der ersten beiden Charaktere beider Spieler. So wird das Spielfeld bevölkert, bis beide Spieler ihre fünf Kämpfer platziert haben. Und dann wird abgerechnet.
Gleichzeitig oder Nacheinander
Generell wird 1v1 oder 2v2 gespielt. Ihr habt im Matchmaking die Wahl, ob ihr immer (wie oben beschrieben) nacheinander am Zug sein wollt, oder immer gleichzeitig mit eurem Gegenspieler in die Zeitschleife geschickt werdet. Ersteres ist taktischer, zweiteres macht es dem Gegner in Echtzeit möglich, auf euch zu reagieren und umgekehrt. Außerdem ist es so nicht möglich, am Ende unbehindert den letzten Kämpfer aufs Feld schicken zu können und so womöglich einen größeren Vorteil zu haben.
So oder so, jedes Match besteht aus Hin- und Rückrunde. Die Seiten werden dabei getauscht und jeder darf einmal anfangen.
Der Auftrag
Vier unterschiedliche Spielmodi werden uns geboten.
In Seek and Destroy müssen wir gegnerische Ziele … nun ja, suchen und zerstören. Domination erinnert an Battlefield. Drei Punkte auf der Karte wollen eingenommen werden, allerdings nicht durch Danebenstehen, sondern durch Beschuss. Retrieve XM ist quasi Capture the Flag, mit fünf neutralen Objekten, die ins eigene Lager gebracht werden sollen. Deathmatch erklärt sich von selbst.
Das Spannende an Lemnis Gate ist nun, dass ein Auftrag nicht automatisch erfüllt ist, sobald er erfüllt ist. Selbst wenn wir in Runde zwei das Ziel zerstören, können wir in Runde 3 getötet werden, bzw. können wir danach denjenigen abschießen, der uns eliminiert hat und so in Runde vier wieder in der zweiten Runde das Ziel zerstört haben.
Das ist auch der Grund, warum wir die 25 Sekunden immer voll ausspielen, auch wenn wir bereits nach zehn Sekunden sterben – dann eben als Geist. Schließlich kann es immer passieren, dass unsere Todesursache später noch eliminiert wird, bevor sie uns trifft.
Klasse statt Masse
Vor jeder Runde können wir uns entscheiden, welche der sieben verfügbaren Klasse wir als nächstes ins Rennen schicken möchten. Neben einer klassischen Hauptwaffe verfügen die Operators über eine Spezialfähigkeit. So kann der Sniper kurz die Zeit verlangsamen, der Rush ist mit seinen Pistolen recht Feuerschwach aber dank Booster sehr flott unterwegs. Toxin verteilt Giftbomben und kann sich teleportieren, Karl verfügt über eine Laserkanone und Schildgeneratoren.
Die Varianz an Fähigkeiten zeigt, wie sie dafür sorgen können, taktische Unterschiede zu machen. Da jede Klasse nur einmal pro Spiel verwendet werden kann, ist es nicht nur wichtig, welche man auswählt, sondern auch wofür man sie verwendet und vor allem, wann man sie einsetzt.
So kann man beispielsweise einen Operator, der schon nach kurzer Zeit erledigt wurde, in der Runde darauf mit einem Schild schützen, nachdem man analysiert hat, von wo er angegriffen wurde.
Das Analysieren passiert übrigens zwischen den Runden mittels Drohnen, die wir frei über das Spielfeld steuern können.
Lemnis Gate hat sich nicht umsonst das Label „Strategie-Shooter“ auf die Fahne geheftet.
Schlauer auf Dauer?
Nach zahlreichen Runden haben wir uns für die Strategie entschieden, zuerst die Berserker mit flächenstarken Angriffen ins Rennen zu schicken, um allen Nachkommenden ein möglichst unangenehmes Umfeld zu schaffen und sie hoffentlich in unser Feuer rennen zu lassen. Gegen Ende ziehen wir mit immer zielgenaueren Waffen in den Kampf, da auch schon mehr Gegner auf dem Spielfeld stehen, die wir ins Visier nehmen kommen.
In der letzten Runde räumen wir mit dem Scharfschützen aus und versuchen die Ziele zu eliminieren, bevor sie unsere Mitstreiter eliminieren. Dank Zeitverlangsamung der Sniper-Klasse ist das gar nicht so schwer – vorausgesetzt, unser Gegner kann uns nicht zuvor eliminieren.
Da sich diese Taktik für uns bis jetzt immer rentiert hat, ist es nicht unbedingt das Feilen an neuen Taktiken, die uns immer wieder in den Kampf ziehen lässt. Und zwar können wir für unsere Kämpfer neue Waffen freischalten, die nicht stärker sind, aber die Stärken anders verteilt haben, so ganz hält uns das aber auch nicht bei der Stange.
Es ist einfach das faszinierende Spielprinzip an sich, das uns immer wieder zu einer schneller Runde in Lemnis Gate zurückkehren lässt. And again. And again. And again…
Fazit
Lemnis Gate ist vermutlich der einzige Shooter, bei dem wir uns jemals geärgert haben, dass wir uns gerade selbst in den Rücken geschossen haben und vermutlich auch der einzige Shooter, den man gegeneinander an einem Gerät im Hotseat-Modus spielen kann.
Das Konzept ist so einzigartig und faszinierend, dass es seine Langzeitmotivation aus dem Spiel selbst ziehen kann und nicht auf das Freischaltsystem angewiesen ist, das sich für uns ein wenig unbefriedigend anfühlt.
Und auch wenn es sich hier um einen Nischentitel handelt: Wenn man bedenkt, dass Lemnis Gate für nicht mal 17 Euro zu haben ist und man für das Matchmaking nur eine zweite Person finden muss, dann stehen die Zeichen gut, dass man hier nicht so bald auf leere Server stoßen wird.
Kaufen. Spielen. Repeat.
Redaktionelle Wertung:
Preis: 16.79 Euro
Erscheinungsjahr: 2021
Entwickler: Ratloop
Publisher: Frontier Foundry
Erschienen für: PC
Getestetes System:
PC
Ähnliche Spiele:
Derzeit findest Du auf spieletest.at 6861 Gesellschafts- und 1649 Videospielrezensionen sowie 2179 Berichte.