Der Klempner Mario verlegt keine Rohre mehr. Er spielt bereits Golf.
Aber auch dort hat er es beim Einlochen mittlerweile sehr eilig.
Ähnlich wie Mario Tennis kann auch Mario Golf bereits auf eine lange Geschichte zurückblicken. Offiziell ist der Klempner immerhin schon seit 1999 am Nintendo 64 im Golf-Business, auch wenn mit Golf bereits 1984 ein Spiel existierte, in dem Mario den Golfschläger schwingen durfte.
Ehrensache also, dass er auch auf der Nintendo Switch dem (eigentlich) gemütlichen Rasenballsport frönen darf. Gemütlich wird’s diesmal allerdings, wie der Name Super Rush schon andeutet, eher nicht.
Golf auf Speed
Technisch gesehen ist der Schlag auf den Ball die eigentliche Kunst am Golfen. Die meiste Zeit verbringt man dennoch mit etwas anderem: Spazieren gehen. Dem Spazierenden schlafen dabei zwar nicht unbedingt die Füße ein, sehr wohl aber jedem, der zum Zusehen verdonnert ist. In Videospielen wurde das daher in der Regel so gelöst, dass man direkt zum Ball teleportiert wird.
Nicht so in Mario Golf: Super Rush.
In der neuen Disziplin Speed Golf spielen wir parallel gegen unsere Kontrahenten und laufen zwischen den Schlägen dem Ball hinterher. Dabei ist unsere Ausdauer entscheidend, die uns schneller laufen, oder, falls ausreichend aufgeladen, sogar einen Sprint vollführen lässt, mit dem wir andere Spieler aus dem Weg räumen können. Die Dash-Moves unterscheiden sich dabei von Charakter zu Charakter. Derer gibt es 16 an der Zahl, die auch alle von Beginn an verfügbar sind.
Aber Geschwindigkeit ist nicht alles. Für jeden benötigten Schlag kommen 30 Sekunden auf die Uhr dazu. Um am Ende siegreich dazustehen, ist es also durchaus ratsam, nicht zu hudeln, sondern sich für die Schläge trotzdem ausreichend Zeit zu nehmen, um sie nicht komplett zu verhauen.
Aber eben auch nicht zu viel Zeit …
Gonna hole 'em all
Das Golfabenteuer, also den „Karrieremodus“, erleben wir anders als bei Mario Tennis nicht mit dem titelgebenden Helden, sondern mit unserem eigenen Mii. Als Rookie starten wir unsere Karriere in einem Golfclub, lernen neue Techniken, bestreiten Turniere und andere Herausforderungen.
Dabei bewegen wir uns in einer (gar nicht mal so hübschen) Welt, die sehr an die letzten Pokémon-Spiele erinnert. Mit dem Unterschied, dass wir nichts in dieser Welt tun können, außer herumstehende Figuren anzuquatschen, um mehr oder (meistens) weniger nützliche Tipps oder Nonsense-Sprüche an den Kopf geknallt zu bekommen.
Zumindest werden die Laufwege recht bald möglichst kurz gehalten.
So wirklich können wir das Konzept hinter diesem Modus aber nicht erkennen. Was anfangs wie ein Abenteuer aussieht, aber nur ein hin und her laufen zwischen Anmeldeschalter und Golfplatz ist, wird irgendwann gefühlt aus dem Nichts zu Kämpfen gegen magische Endgegner. Was auch deutlich spektakulärer klingt, als es ist.
Spielen solltet ihr den Modus aber auf jeden Fall. Immerhin werdet ihr hier in neue Techniken eingeführt und nur hier könnt ihr die neuen Plätze für die anderen Modi freischalten.
In wenigen Stunden habt ihr das Abenteuer jedenfalls bestanden.
Über Stock und über Stein
Als Spielplatz präsentieren sich uns sowohl gediegene Golfplätze, wie man sie eben kennt, als auch spezielle Plätze in verregneten Wäldern, der Wüste oder einer Bowser-Lava-Umgebung. Auch wenn diese ihre eigenen Kniffe mit sich bringen, ein bisschen mehr Verrücktheit oder Finesse hätten wir uns in einem Mario-Spiel dann doch erhofft.
Durchaus speziell ist hingegen das Level in einem Canyon, an dem sich der Golfplatz über mehrere Ebenen erstreckt, die wir bezwingen müssen. Um Ebenen nach oben schießen und klettern zu können, stehen an bestimmten Stellen Windhosen zur Verfügung, die sowohl den Ball als auch unseren Spielecharakter nach oben katapultieren. Die muss man aber gezielt anspielen, was ob der in diesem Modus beschränkten Anzahl an Schlägen gar nicht so leicht ist und für uns die größte Herausforderung im Abenteuermodus dargestellt hat.
Erschwert wird das ganze nämlich von der nicht immer optimalen Übersichtskarte, auf der zwar die Ebenen ob der Trennung durch Felswände gut zu erkennen sind, nicht jedoch, welche die höher oder tiefer gelegenen Ebenen sind. Dass die Karte ein wenig eigenwillig zentriert, tut da sein Übriges dazu.
Multiplayer
Dass Golf jetzt nicht unbedingt sexy ist, ist kein Geheimnis. Dementsprechend ist es auch gar nicht so leicht, Freunde von einer Partie Mario Golf zu überzeugen. Freilich, die Marke Mario macht klar, dass es sich hier um keine biedere Golfsimulation handelt; wer allerdings auch Mario Kart 8 Deluxe im Regal stehen hat, wird es hier gar nicht so leicht haben und muss etwas Überzeugungsarbeit leisten.
Ist das geschafft, steht euch neben dem klassischen Modus und dem oben beschriebenen Speed Golf auch der Battle Golf Modus zur Verfügung. Fast wie in Battlefield nehmt ihr hier allerdings keine Flaggen, sondern beflaggte Löcher ein. Habt ihr eingelocht, gehört das Loch unwiederbringlich euch. Wer zuerst drei Löcher sein Eigen nennen kann, gewinnt.
In diesem Modus geht es noch einmal deutlich hektischer zu als in Speed Golf. Der Vorteil dieser beiden Modi ist freilich, dass hier alle Spieler gleichzeitig gegeneinander spielen, und man nicht wie bei anderen Golfspielen warten muss, bis man wieder an der Reihe ist.
Steuerung und Technik
Wer es mit der Genauigkeit nicht allzu ernst nimmt und eine erhöhte Frustresistenz an den Tag legt, kann auch auf die Bewegungssteuerung umstellen, bei der ihr euren Controller wie einen Golfschläger schwingt.
Das ist ein netter Gag, genauer und vor allem im Spiel gegen die KI ist aber die klassische Steuerung mittels Tasten und Sticks sicher zu bevorzugen.
Auf die Ohren gibt es wie von derlei Spielen gewohnt generisches Gedudel, das nicht wirklich stört, aber auch keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. Sprachausgabe gibt es wie in Mario-Spielen üblich keine, die Story wird wie schon in Mario Tennis durch öde Texttafeln erzählt. In beiden Spielen endet die spektakuläre Inszenierung nach dem Intro. Hier könnte Nintendo durchaus mal ein bisschen Mut beweisen (so wie es Ubisoft mit Mario + Rabbids Kingdom Battle vorgezeigt hat).
Auch grafisch werden wir eher enttäuscht. Die Grafik wirkt eher zweckmäßig und eine Nintendo-Konsolengeneration hinterher. Trotzallem lässt die Performance zu wünschen übrig. Nicht selten verwandelte sich das komplette Display in einen unschönen, pixeligen Matsch. Da haben wir schon deutlich hübschere Spiele gesehen, mit denen die Nintendo Switch deutlich besser zurecht kam.
Fazit
Mario Golf: Super Rush lässt uns etwas zwiegespalten zurück.
Vorab, wer mit Golf nichts anzufangen weiß, wird trotz Mario-Lizenz auch mit diesem Spiel vermutlich nicht glücklich werden. Mario hin oder her, es handelt sich hier immer noch um ein Golf-Spiel.
Für alle anderen ist es sowohl möglich, zur Entspannung mal ein paar Löcher in klassischer Golf-Manier zu spielen, als auch sich alleine oder (besser) mit Freunden in die hektischeren neuen Modi Speed Golf und Battle Golf zu werfen.
Der Abenteuermodus ist hingegen maximal ein ausgedehntes Tutorial, das durch seinen Namen und die anfängliche Inszenierung als nahen Pokémon-Verwandten aber Erwartungen weckt, die es dann nicht annähernd erfüllen kann. Schade.
Sowohl technisch als auch inszenatorisch wirkt Mario Golf: Super Rush etwas altbacken und angestaubt. Bei vielen der letzten erschienenen Mario-Titeln handelte es sich lediglich um Portierungen von Spielen der WiiU. Wüssten wir es nicht besser, wir würden Mario Golf: Super Rush für genau so einen Titel halten.
Reine Mario-Fans spielen vor dem Kauf lieber einmal an, Golf-Fans mit Switch werden um den Titel aber nicht herum kommen.
Redaktionelle Wertung:
Spieleranzahl: 1 bis 4
Preis: 54.99 Euro
Erscheinungsjahr: 2021
Entwickler: Nintendo
Publisher: Nintendo
Erschienen für: Nintendo Switch
Getestetes System:
Nintendo Switch
Genre: Sport
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