Man vermenge Uncharted mit einem guten Schuss Tomb Raider, mische ein wenig Dark Souls hinzu und schmecke es mit einer Prise Titanfall ab. Dem ganzen heben wir nun liebevoll die Star Wars-Lizenz unter - fertig ist der Anwärter auf das Spiel des Jahres.
Treffen sich zwei Cashcows
Dass EA in der Spielerschaft nicht den besten Ruf genießt, sondern als geldgieriger Spiele-Multi gilt, ist hart erarbeitet. Daran nicht ganz unschuldig ist unter anderem tatsächlich das Star Wars Franchise. Denn es war der Multiplayer Shooter Star Wars Battlefront 2, der aufgrund eines, nennen wir es “eher unglücklichen” Lootbox-Modells für Kritik und einen regelrechten Shitstorm sorgte - der so weit ging, dass EA tatsächlich einlenken musste.
Hier stehen wir also nun wieder. Der vermeintlich geldgierige Publisher EA, mit einer Lizenz des übermächtigen Disney-Konzerns, die schon einmal beinahe in Tatooines Sand gesetzt wurde. Die Zeichen schienen also schlecht zu stehen.
Wenn da nicht das renommierte Entwicklerstudio Respawn Entertainment dahinterstecken würde...
Story
Fünf Jahre ist es her, dass die Order 66 beinahe alle Jedis das Leben gekostet hat. Wer überlebt hat, wird vom Imperium gejagt und hält sich versteckt.
So geht es auch dem junge Padawan Cal Kestis, der auf einem gigantischen Schrottplatz auf der Welt Bracca Unterschlupf gefunden hat. Als dann eines Tages das Imperium auftaucht, gibt er sich als Machtnutzer zu erkennen. Fortan ist Cal nicht nur auf der Flucht, er schließt sich mit einer weiteren, ehemaligen Jedi zusammen, um sich auf die Suche nach einem mächtigen Jedi-Holocron zu machen, mit dessen Hilfe der Jedi Orden wieder aufgebaut werden soll.
Star Wars Jedi: Fallen Order hält mit seinen Stärken nicht lange hinterm Zaun. Schon in den ersten zwanzig Minuten genießen wir spektakuläre Landschafts-Panoramen, absolvieren Klettereinlagen und werden in ein Kampfgeschehen auf einem Zug verwickelt (Solo lässt grüßen), in dem wir erstmals unseren Umgang mit dem Lichtschwert unter Beweis stellen können.
Auf die Uncharted-ähnliche actionreiche, straffe Inszenierung der ersten Spielstunde folgen Reisen zu unterschiedlichen Planeten, auf denen wir uns im Tomb Raider-Stil oft kletternd den Weg durch das Level bahnen. Auch Rätseleinlagen kommen nicht zu kurz. Vom kleinen Schalterrätsel über das Erkunden gigantischer Grabstätten ist alles vertreten. Zahlreiche Rutschpartien und das Klettern zwischen Felsspalten machen es schwer, das große Vorbild zu verhehlen.
Anders als der Trend vorgibt, handelt es sich bei den Planeten (Gott sei Dank) nicht um große Open Worlds, sondern eher um Schläuche mit alternativen Nebenschläuchen. Ganz im Stile eines Metroidvanias kommen wir so immer wieder an Stellen, an denen wir mit unseren derzeitigen Kräften und Fähigkeiten nicht weiterkommen, im späteren Spielverlauf aber zurückkehren und das Hindernis überwinden können. So öffnen wir Abkürzungen, um uns später schneller durch den Level bewegen zu können, oder erreichen Kisten, die wir vorher zwar schon erblickt, uns aber nicht zugänglich waren.
Loot
Die Kisten beinhalten in seltenen Fällen Verbesserungen für unseren Charakter. In den meisten Fällen sind es neue Designs für unser Lichtschwert, unseren Poncho (da hätten wir uns doch das ein oder andere stylischere Kleidungsstück gewünscht) oder Lackierungen für unseren kleinen Roboterfreund BD1.
Und da kommen wir auch schon zu einem der absoluten Highlights des Spiels. Wie schon in Titanfall 2 schafft es Respawn auch in Fallen Order, einem (beinahe namensgleichen) Roboter-Kumpanen so viel Charakter einzuhauchen, dass wir uns augenblicklich in unseren Tech-Begleiter verlieben.
BD ist aber nicht nur herzig, er ist dank seiner Hacker-Talente integraler Bestandteil von Erkundung und Kämpfen.
Die Macht ist stark in uns
Und die Kämpfe haben es in sich. Im Laufe des Spiels erinnern wir uns in Flashbacks immer wieder an Teile unserer Jedi-Ausbildung, nehmen die darin erlernten Fertigkeiten wieder in unser Kampfrepertoire auf und verbessern sie du ich Erfahrungspunkte in einem überschaubaren Fertigkeitenbaum.
Trotzdem haben wir an den Gegnern immer ausreichend zu knabbern. Einfach durchmetzeln spielt es nicht (außer auf dem allerleichtesten Schwierigkeitsgrad). Generell hat sich Respawn hier sehr am Kampfstil der alten Teile orientiert. Also eher gezieltes Schlagen und Parieren als wildes Herumfuchteln.
Sterben wir im Kampf verlieren wir unsere Erfahrungspunkte, alle Gegner werden wieder zum Leben erweckt und wir spawnen beim letzten Speicherpunkt und müssen uns die Punkte vom Gegner, der uns zur Strecke gebracht hat, wieder zurückholen.
Die Speicherpunkte sind Meditationspunkte, an denen wir außerdem unsere Fähigkeiten verbessern können. Dark Souls lässt grüßen.
Sight and Sound
Fallen Order kann durchaus mit hübschen Bildern aufwarten. Ja wir haben schon beeindruckendere Grafik gesehen. Je nach Schauplatz variiert die Brillanz und Haare scheinen auch nicht so die Stärke der Engine zu sein. So wallt das Haar unseres Hauptcharakters, als ob er sich unter Wasser bewegen würde und die Wookies sehen mit ihren strähnigen Mähnen, sie aussehen lassen wie nasse Hunde, eher erbärmlich als flauschig aus.
Aber spätestens, wenn der Star Wars Score aus den Boxen schallt, sind wir atmosphärisch so ins Spiel gezogen, dass diese Feinheiten schnell vergessen sind.
Die sehr gute deutsche Sprachausgabe tut ihr Übriges.
Fazit
Ein Star Wars-Spiel, das fordert, toll inszeniert ist und die stärken all seiner Vorbilder miteinander vereint.
Ein Star Wars-Spiel, das sich rein auf seine Singleplayer-Kampagne fokussiert.
Ein Star Wars-Spiel von EA, das beim Kauf komplett fertig ist. Keine Microtransactions, kein Season Pass, keine DLC Roadmap.
Ein Star Wars-Spiel, von dem wir unbedingt einen Nachfolger brauchen. Bitte!
Redaktionelle Wertung:
Spieleranzahl: 1
Preis: 59.9 Euro
Erscheinungsjahr: 2019
Entwickler: Respawn Entertainment
Publisher: Electronic Arts
Erschienen für: PC, PlayStation 4, Xbox One
Getestetes System:
PC
Genre: Action-Rollenspiel
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