Es ist vermutlich der kürzeste Teaser zu einer Rezension von mir, den ich bisher verfasst habe. Und doch reicht er aus, um das von Sucker Punch entwickelte Spiel meiner Meinung nach perfekt zusammenzufassen.
29 days laterEs war eigentlich eindeutig:
The Last of Us 2 war zu Beginn des Jahres (gemeinsam mit dem noch erscheinenden
Cyberpunk 2077) das am meisten erwartete Spiel 2020, ein Award-Reigen war quasi vorprogrammiert. Niemand rechnete also damit, dass ein von unbeugsamen Entwicklern bevölkertes Studio namens
Sucker Punch mit ihrem eigenen Spiel dem Blockbuster von
Naughty Dog in Sachen Beliebtheit Paroli bieten könne. Doch genau das geschah. Und das nur 29 Tage nach dem Release von
The Last of Us 2.
Alleine im Juli, also in nur knapp zwei Wochen, verkaufte sich das Spiel 1.9 Millionen Mal, wurde damit direkt zum am schnellsten verkauften, selbst vermarkteten PS4-Spiel aller Zeiten. Nur 3,5 Wochen dauerte es überhaupt in Japan, ehe
Ghost of Tsushima den Rekord für die meisten verkauften Einheiten aller Zeiten aufstellte.
Und womit das Ganze? Mit Recht!Ghost of Tsushima ist von der ersten Minute an Videospiel-Bombast. Das Spiel basiert auf einer wahren Begebenheit, ist jedoch im Grunde genommen eine fiktive Geschichte. Sie findet im Jahr 1274 während der Zeit der Mongoleninvasion statt. Wir steuern Jin Sakai, einen der wenigen überbliebenen Samurais. Unser großer Gegner ist Khotun Khan, Enkel des Djingis. Unter seiner Herrschaft versuchen die Mongolen die Insel Tsushima zu überrollen und die Bewohner zu vertreiben. Nicht. Nett. Natürlich will Jin das vermeiden.
Das Spiel wechselt dabei relativ häufig zwischen aktivem Spielgeschen und Zwischensequenzen. Das könnte für Core-Gamer ein Kritikpunkt sein. Ich als Fan von Samurai-Stories konnte das Spiel aber so auch auf gewisse Weise wie einen Film genießen. Hier bietet Sucker Punch seinen Fans sogar einen ganz speziellen Filter für das Spiel: Den sogenannten Kurosawa-Modus - benannt nach Kult-Regisseur Akira Kurosawa, der seine Filme oftmals in schwarz-weiß herausbrachte. So kommt ultimatives Samurai-Feeling auf.
Miiiister Jiiin bitte sei, mein SamuraiiiiUnd das Gameplay? Sagen wir mal so. Es ist
Assasins Creed auf japanisch. Gameplay-technisch gewollt und gleichzeitig ungewollt. Ungewollt zumindest von der Geschichte her. Denn Hauptcharakter Jin wird immer wieder mit einem Dilemma konfrontiert. In zahlreichen Rückblenden sehen wir nämlich, wie ihm regelmäßig Ehrenkodex-Lektionen erteilt werden. Diese besagen, dass ein Samurai seinen Gegner immer mit Respekt und Anstand, anstatt feige und hinterlistig, besiegen soll. Alleine auf weiter Flur sieht sich Jin aber in gewissen Situationen dazu gezwungen, genau das zu tun, was er laut Samurai-Kodex nie tun sollte. Und das führt zu großen Gewissensbissen.
Obwohl die Story eher oberflächlich wirkt, beginnen wir schnell mit Jin mitzufühlen und einen großen Hass gegenüber den Mongolen zu verspüren. Gut also, dass sich Jins Waffen unglaublich mächtig und wuchtig anfühlen. Im klassischen Stile von
Assasin's Creed gilt es Außenposten einzunehmen, die Charakter-Fähigkeiten zu verbessern und die Story voranzutreiben. Ein wunderschönes Gimmick:
Ghost of Tsushima verzichtet gänzlich auf eine Mini Map. Stattdessen können wir im Menü einen Ort auswählen, der daraufhin mittels "Wind" gedeutet wird. Der Wind wird durch Wischen über das Touchpad aktiviert und gibt uns die Richtung vor. Selten zuvor hat uns eine Mini Map so wenig gefehlt.
Feingefühl zeigt Sucker Punch auch. Und zwar beim Schwierigkeitsgrad. Wir können selbst während des Spiels zwischen den verschiedenen Schwierigkeitsgraden wechseln, vor allem die Bosskämpfe fühlen sich dadurch immer äußerst fordernd an. Generell kamen hier bei mir fast schon Dark-Souls-Momente auf - nicht selten verlor ich nämlich gegen ein und denselben "großen" Gegner gleich mehrmals. Unterwegs spielt sich dafür alles sehr ähnlich wie in den zahlreichen Assasin's-Creed-Teilen. Das ist zwar nicht innovativ, jedoch auch kein Manko.
Das ewige Problem der Open World -
eine mit Missionen überfüllte Spielkarten, nur um die Welt nicht leer erscheinen zu lassen - betrifft
Ghost of Tsushima zum Glück nur wenig. Die Map hat eine angenehme Größe und ist nicht überladen von Nebenmissionen und Zusatz-Quests. Auch hier spielt man etwas auf Nummer sicher. Ich habe mich in der Welt jedenfalls vor allem ob der Stimmung die ganze Spieldauer über äußerst wohl gefühlt und tauche selbst heute noch gerne hier und da wieder in die Spielwelt ein. N
Generell macht es viel Spaß, die Open World Japans zu erkunden - vor allem aufgrund der Farbenvielfalt sowie der zahlreichen abwechslungsreichen Gebiete. Da sich die Missionen aber bald wiederholen, ist die Langzeitmotivation leider nicht ganz so hoch, wie bei Open-World-Klassikern wie GTA V oder The Witcher 3: Wild Hunt.Beim Soundtrack macht
Ghost of Tsushima alles richtig und versetzt uns mit seinen beruhigenden Klängen fast schon in Trance. Samurai-Feeling over the top. I f**** love it!