Wer hat ihn früher nicht mit (Schaden-)Freude mitverfolgt, den Kampf einer Masse durchgeknallter Japaner, die versuchte, dem Fürsten Takeshi Kitano die Herrschaft über sein Domizil – das namensgebende Takeshi's Castle - streitig zu machen?
Lediglich gebremst von zahlreichen absurden Spielen, die eine Mischung aus Geschick, Ausdauer, einer großen Portion Glück und vor allem eine niedrige Schmerzgrenze voraussetzten. Wer in den Parcours oder Spielen das Nachsehen hatte, schied aus. Und so war es nur einer kleinen Gruppe tapferer Kämpfer vergönnt, dem Meister im großen Finale gegenüberzustehen.
Fall Guys' Vorbild im Geiste ist eindeutig.
Lustige Drops
Das Prinzip bleibt gleich. Die Spieler (hier anfangs 60 an der Zahl) kämpfen sich durch Parcours und Minispiele und versuchen in der Finalrunde, sich die Krone zu schnappen – sofern sie bis dahin nicht ausgeschieden sind.
Nur wurden die Japaner gegen verkleidete Tic Tacs getauscht, die miniongleich über die quietschbunten Spielfelder dackeln. Und die es aufgrund der Ragdoll-Engine ähnlich oft auf die Nase legt, wie ihre entfernten gelben Verwandten.
Die Steuerung ist simpel: Springen, Hechten, Grapschen. Gute Voraussetzung für ein Partyspiel, wenn nicht erst ein Manual durchgeackert oder Kombos gelernt werden müssen.
Hops oder Drops
In der ersten Runde treten wir immer in einem Rennen an. Dabei handelt es zum Beispiel um das aus Takeshi's Castle bekannte Torwandrennen, bei dem wir durch stupides Dagegenlaufen herausfinden, ob eine Tür massiv oder penetrierbar ist. Oder es führt uns über einen Parkour aus stetig auf- und zuklappenden Toren, durch schwingende Pendel, über sich drehende Platten oder über zahlreiche Wippen, die unsere Spielfiguren regelmäßig in den Abgrund stürzen lassen.
Was dann kommt, ist schon etwas abwechslungsreicher. Wir müssen auf sich drehenden, mit Hindernissen gespickten Walzen so lange ausharren, bis genug Gegenspieler ausgeschieden sind.
Wir müssen uns Obstsymbole auf Bodenplatten merken, um dann rechtzeitig die uns vor dem Absturz rettende Platte zu erreichen.
Im Tabaluga-Stil gilt es auf einer Bodenplattenmatrix den richtigen Weg zu finden – allerdings nicht durch Merken des Weges, sondern durch Trial and Error.
Oder es wird die Hälfte der Spieler mit Schwänzchen ausgestattet, die es zu mopsen und dann auch bis zum Ablauf des Timers zu behalten gilt.
In manchen Spielen werden wir in Teams eingeteilt. Dann heißt es, gemeinsam einen Ball am schnellsten ins Ziel zu rollen, die meisten Bälle im eigenen Spielfeld zu halten, Ringe zu durchspringen, Gegner zu infizieren oder die meisten Eier ins eigene Nest zu bringen und dort auch zu verteidigen. Das schwächste Team scheidet aus.
Das spaßigste Team-Minispiel ist für uns jedenfalls „Fall Ball". Quasi „Rocket League", nur mit bunten Tic Tacs, statt Raketenautos. Oder anders gesagt: Fußball, mit gleich 2 gigantisch großen Bällen gleichzeitig.
Der Drops ist (zu schnell) gelutscht
Das alles klingt ja jetzt sehr spaßig. Ist es auch. Eine Zeit lang.
Nach wenigen Stunden werden die Minispiele jedoch recht repetitiv. Allein, dass es für die erste Runde (also die, die man logischerweise am meisten spielen muss) nur etwa fünf verschiedene Strecken gibt und diese Spiele uns auch gerne mal in der zweiten Runde unterkommen, ist nach einigen Spielstunden etwas öd.
Insgesamt sind es derzeit 25 Minispiele. Einige davon sehen wir dauernd, nicht alle sind gleichermaßen unterhaltsam (das Fruchtplatten-Memory ist nicht nur recht lame, es ist außerdem so leicht, dass kaum Spieler ausscheiden) und in einigen ist man von seinen Teamkollegen abhängig, mit denen man allerdings nicht kommunizieren kann.
Ob man ins Finale kommt (und so die Finalspiele überhaupt zu Gesicht bekommt), hängt also nicht nur von Geschick, sondern auch einer großen Portion Glück ab. Ob einem das gefällt, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Es gibt auch nur einen Modus. Kein Offlinemodus, keinTrainieren der Minispiele, kein Modus ohne Teamspiele, keine Dedicated Server mit eigener Rotation. 60 Spieler, etwa fünf Runden, kein Serverbrowser. Das ist die immergleiche Ausgangslage.
Als Langzeitmotivation dient derzeit lediglich das Erspielen der Ingame-Währung, mit der im Shop neue Kostüme gekauft werden können. Ja, eh nett. Reicht aber definitiv nicht, um uns lange bei der Stange zu halten.
Nur für einen Lutscher
Und dann wäre da das für ein Partyspiel wohl größte Manko: Man kann es nur alleine spielen. Zumindest an einem Gerät. Kein Splitscreen. Keine Dedicated Server. Kein LAN-Modus.
Auf Nachfrage hatten uns die Entwickler damals – als wir auf der Gamescom 2019 das erste Mal Hand an das Spiel legen durften und eigentlich sofort Feuer und Flamme waren – verraten, dass ein Splitscreen-Modus sicher cool, aber vorerst nicht geplant wäre. Unsere daraus resultierende, vorsichtige Skepsis hat sich hiermit bestätigt.
Wenigstens kann man sich online zu einer Gruppe zusammenschließen und landet dann auf demselben Server.
Bleibt halt das gute alte Battle Royale-Problem: Wer ausscheidet, ist nun mal draußen. Scheidet jemand aus eurer Gruppe also gleich im ersten Spiel aus, darf er euch die restlichen Runden nur noch zusehen. Da können wir uns auch Lustigeres vorstellen.
Und außerdem möchten wir doch live dabei sein, wenn sich unsere Freunde darüber ärgern, dass sie wieder irgendwo danebengetreten und heruntergefallen sind, oder ihrer Freude beiwohnen, wenn sie gerade noch um Haaresbreite das letzte Ticket für die nächste Runde lösen konnten.
Fazit
Die Zutaten für einen hervorragendes Partyspiel sind da.
Nur wurde ein bisschen zu wenig von allem eingekauft und dass wir das fertige Gericht dann alleine essen müssen, hinterlässt auch einen leicht faden Beigeschmack.
Das Konzept ist grundsolide und wirklich witzig, verliert aber recht bald durch die fehlende Abwechslung an Minispielen (25) und Modi (1).
Wir sind aber davon überzeugt, dass die Entwickler hier noch nachlegen und uns hier ein Spiel vorliegt, das ähnlich wie Rocket League regelmäßig gratis mit neuem Content versorgt wird. So ist Fall Guys derzeit zwar „nur“ ein ganz gutes Online-Partyspiel, das anfangs eine Menge Spaß macht, aber recht bald an Reiz verliert. Das Potential zum Kultklassiker ist aber definitiv vorhanden.
Und für 20€ (bzw. PlayStation Plus Member im August 2020 komplett umsonst) hat man hier definitiv nichts falsch gemacht.
Tom | 01.09.2020
Wenn man sich das Spiel im Play Station Store für 19,99 € kauft, kann man definitiv etwas falsch machen. Es funktioniert nämlich nur mit einer PlayStation Plus Mitgliedschaft. Sobald man diese kündigt, kann man das Spiel auch nicht mehr spielen und die 19,99 € sind futsch. Ein schlechter Deal, wie ich finde.
Redaktionelle Wertung:
Spieleranzahl: 1 bis 60
Preis: 19.99 Euro
Erscheinungsjahr: 2020
Entwickler: Mediatonic
Publisher: Devolver Digital
Erschienen für: PC, PlayStation 4
Getestetes System:
PC
Genre: Jump & Run, Party
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