Gerade in Zeiten wie diesen, in Zeiten, wo wir aufgrund von Ausgangsbeschränkungen unser Haus nur unter bestimmten Voraussetzungen verlassen dürfen, kann ein Urlaub für die Seele wahre Wunder bewirken. Möglich wird das zum Beispiel durch das kürzlich und erstmals für die Switch erschienene Animal Crossing: New Horizons.
Riesengroß war die Sehnsucht der Animal-Crossing-Spielerschaft nach einem Ableger für die Nintendo Switch. Von vielen wurde diese Tatsache auch zum Grund für Witze und Memes genommen, sogar Nintendo ließ sich bei der Nintendo Direct im September 2018 einen kleinen Seitenhieb nicht nehmen.
Nachdem Animal-Crossing-Figur Melinda zu sehen war, jubelten die Animal-Crossing-Hooligans, nur um wenige Augenblicke später erneut enttäuscht zu werden: Melinda wurde als neuer spielbarer Charakter in Super Smash Bros. Ultimate vorgestellt. Kurze Zeit später folgte dann aber doch die Erleichterung: Eine Switch-Version von Animal Crossing wurde angekündigt.
Einfach entspannend
Knapp 1,5 Jahre später und wir halten das Spiel digital in den Händen. Nintendo hätte den Release-Termin hierbei nicht passender wählen können. Aufgrund der Corona-Krise sowieso schon prinzipiell in den eigenen vier Wänden eingesperrt, bietet die knuddelige Lebens-Simulation eine ideale Möglichkeit abzudriften und die teilweise unangenehme Realität zumindest kurzzeitig vergessen zu machen. Die Verkaufszahlen sprechen hierbei eine eindeutige Sprache. Beeindruckende 1,88 Millionen Mal verkaufte sich Animal Crossing: New Horizons an den ersten drei Verkaufstagen alleine in Japan(!). Das bedeutete für diese Region gleichzeitig den stärksten Release eines Switch-Spiels überhaupt.
Aber kommen wir zum eigentlichen Test. Und da müssen wir uns gleich mal ehrlich sein. Bei Spielen wie Animal Crossing: New Horizons gibt es eine große Frage, die über allen anderen steht: Wann ist das Spiel eigentlich "gut"? Der Entwickler wirft den Spieler in eine Welt, in der es vom ersten Moment an irrelevant ist, wie wir uns die Zeit vertreiben. Story? Gibt es keine. Vorgaben, in welcher Reihenfolge wir Dinge absolvieren müssen? Nein. Eine Art von Level-System? Nada. Nintendo lässt uns also alle Freiheiten. Der Zeiger auf der „Ich kann machen, was ich will“-Skala steht bei Animal Crossing: New Horizons definitiv auf Anschlag.
Wir starten also auf unserer gewählten Insel, die entweder auf der Nordhalbkugel oder der Südhalbkugel liegt und stellen uns direkt in die Dienste von Insel-Inhaber und Großmogul Tom Nook. Dieser überreicht uns ein Willkommens-Paket, das unter anderem ein Zelt und ein Smartphone beinhaltet. Wer nun denkt, dass Zelt und Smartphone gratis sind, der irrt sich aber (gewaltig). Tom Nook erwartet sich nämlich Gegenleistungen. Gegenleistungen, die es in sich haben. Durch sein eigens kreiertes Nook-Meilen-Programm müssen wir unser Haus abbezahlen. 500 Nook Meilen sind dafür fällig.
Schuften für Tom Nook - eine Frage der Zeit
Doch gerade am Anfang ist das Sammeln von Nook Meilen eine durchaus zeitintensive Angelegenheit. Animal Crossing: New Horizons setzt nämlich auf den tatsächlichen Tag/Nacht-Rhythmus. Ist es also bei uns 9:00 Uhr in der Früh, ist es das im Spiel auch. Ist bei uns der 28. März, ist er das im Spiel auch. Das Besondere – und auch ein erster kleiner Kritikpunkt – dabei: Fische, Insekten und generell Fortschritte im Spiel richten sich auch nach der tatsächlichen Zeit. Muss Tom Nook sein Service-Center wegen Umbau-Arbeiten für einen Tag schließen, so müssen wir einen Tag warten, bis wir dieses wieder betreten können. Noch stärker wirkt sich das bei der Fauna aus: Gibt es einen bestimmten Fisch/einen bestimmten Schmetterling nur von Jänner bis März, jemand kauft das Spiel aber erst im April, muss er bis zum Jänner des nächsten Jahres warten, bis er jenen Fisch/Schmetterling fangen kann.
Nintendo will klarerweise damit die Langzeitmotivation fördern. Zumindest bei uns sorgte dieses System hier und da aber für kleine Ärgernisse.
Give me Rhythm, Baby
Was aber auch gesagt werden muss: Sind die ersten Tage auf der Insel überstanden, kommen wir den täglichen Tätigkeiten sowieso fast nicht mehr hinterher. Jeden Tag gibt es Steine, die wertvolle Mineralien beinhalten, zu hacken, Fossilien auszugraben, Bäume zu fällen, Geschenke zu finden und noch vieles mehr. Nie wird uns hierbei aber vorgegeben, welchen der genannten Punkte wir als erstes abarbeiten müssen. Nintendo setzt uns hier keine Vorgaben. Genau dieser Fakt ist vermutlich jener, der die Animal-Crossing-Reihe so besonders macht.
"Lebenschwermacher"
Ein paar kleine Kritikpunkte gibt es dann aber doch noch: Unser größter Feind im Spiel ist vermutlich unser eigener Rucksack. Es reicht einmal mit den Augen zu blinzeln und schon ist unser Rucksack voll. Das hat zwei Ursachen: Einerseits nehmen unsere täglich verwendeten Werkzeuge (Axt, Schaufel, Sprungstock, Leiter, Schleuder, Gießkanne, Kescher) schon acht Plätze ein, darüber hinaus können gleiche Fische bzw. Schmetterlinge nicht aufeinander gestapelt werden. Bei zu Beginn nur 20 freien Rucksack-Plätzen ist das definitiv ein großer Platzverlust. Der Gang zu Eugen, dem Museums-Inhaber, oder zu den Verkäufern Nepp und Schlepp muss täglich also mehrmals absolviert werden.
Ach Eugen...
Wo wir schon bei Eugen sind. Ja, wir wissen, wie putzig die Charaktere mit ihren Pieps-Stimmen klingen. Aber bei jeder Museums-Spende die Textbox "…Sie müssen doch nicht jedes Exemplar einzeln herausnehmen, ich helfe Ihnen dabei" lesen zu müssen, hätte man sich hier durchaus sparen können. Und Stichwort Museum: So oft, wie wir Eugen mit unseren Spenden beglücken, so sehr sehnten wir uns mit der Zeit nach einer vereinfachten Übersicht, welche Insekten/Fische/Fossilien wir bereits gespendet haben. Nicht nur einmal mussten wir aufgrund dieses fehlenden Features zu Eugen gehen, nur um dann herauszufinden, dass wir sowieso nichts Neues dabei haben.
All diese Kritikpunkte trüben den generellen Spielspaß aber nahezu gar nicht. Was sollen wir sagen… Unsere Zeit in Sonnental (so der selbst gewählte Name unserer Insel) ist stets eine entspannende und gleichzeitig auf eine bestimmte Art und Weise aufregende.
Fazit
Redaktionelle Wertung:
Spieleranzahl: 1 bis 2
Preis: 54.99 Euro
Erscheinungsjahr: 2020
Entwickler: Nintendo EPD
Publisher: Nintendo
Erschienen für: Nintendo Switch
Getestetes System:
Nintendo Switch
Empfohlenes System:
Nintendo Switch
Genre: Simulation
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