Keine Fragen
In Shadow Of The Colossus schlüpfen wir in die Haut von Wander. Getrieben von dem Wunsch, seine geliebte Mono zu retten, macht er sich auf in das verbotene Land von Dormin. Im Gepäck hat er nur einen Bogen und ein Schwert, begleitet wird er einzig von seinem treuen Pferd Agro. Als er schließlich nach einer beschwerlichen Reise am Ende einer gigantischen Brücke einen Tempel betritt, wird er dort von Dormin, der herrschenden Entität der eindrucksvollen Spielwelt, empfangen. Tatsächlich, erklärt die körperlose Stimme, gibt es einen Weg, Mono von den Toten zurückzuholen. Aber dazu braucht es ein Opfer. 16 Kolosse sollen wir töten, damit Dormin unseren Wunsch erfüllt. Warum das so ist, wird uns nicht erklärt.
Aber Liebe stellt keine Fragen. Wir machen uns also auf den Weg. Mono lassen wir auf dem Altar des Tempels zurück, danach verlassen wir selbigen. Wir landen auf einer weiten Ebene. Die geisterhafte Spielwelt war bereits bei der PS2-Version ein Highlight – mit der Power der PS4 werden wir aber noch schneller und intensiver in das Land Dormins gesogen. Die weite Ebene, Berge am Horizont, ein Fluss, der einen tiefen Spalt in das Land gegraben hat und die alles überragende Brücke mit dem Tempel, all das wirkt wunderbar schön und friedlich. Gleichzeitig wissen wir aber, dass hier 16 haushohe Wesen herumstreifen. Das gibt der Stimmung einen bedrolichen Touch, jeder Schritt um eine Ecke ist spannend für uns.
Und nicht zu unrecht! Das zeigt spätestens jener Moment, in dem wir zum ersten Mal einem der Kolosse begegnen. Eine Weile lang folgen wir vom Tempel weg dem Weg, den uns unser Schwert zeigt – halten wir es in die Sonne, dient die Reflexion als Navigationssystem zum nächsten Koloss. Eine kurze Kletterpassage später wird die Landschaft plötzlich felsiger und kärger. Schon länger können wir ein rhythmisches Stampfen vernehmen, das immer lauter wird, je näher wir jenem Felsspalt kommen, der uns schon von weitem durch die Führung des Schwerts aufgefallen ist. Und dann kommt der Ursprung des Stampfens um die Ecke. Was für ein Moment das ist! Obwohl wir all das noch von damals kennen, ist der Effekt gewaltig, als der turmhohe Riese an uns vorbei stapft. Uns beachtet er gar nicht, dafür sind wir viel zu klein und unbedeutend. Man merkt dem Wesen beinahe an, dass es seit Äonen auf dieser Welt wandelt. Aber Augenweide hin, eindrucksvolle Erscheinung her, das Vieh muss fallen. Dafür sind wir schließlich hier.
David gegen Goliath
Die Kämpfe laufen bei Shadow Of The Colossus meist recht vergleichbar und prinzipiell simpel ab. Die Körper unserer übergroßen Feinde ähneln in der Regel kleinen Jump 'n' Run Levels. An dichtem Fell können wir hochklettern und uns festhalten, wenn das Monstrum sich gar wild bewegt, außerdem stoßen wir immer wieder auf felsige Plattformen, auf denen wir kurz verschnaufen können, um die vom Klettern angeschlagene Ausdauer wieder zu regenerieren. Unser Ziel sind dabei immer die Schwachpunkte des Feindes. Praktischerweise leuchten die hell auf, wenn wir in ihre Nähe kommen. Außerdem hilft auch hier unser Schwert beim Ausloten der Position. Sind wir bei einem der Schwachpunkte angekommen, gilt es unser Schwert dort reinzurammen. Hierzu können wir unsere Stichattacke ein wenig aufladen, um dann beim Loslassen mehr Schaden zu machen. Oder wir nehmen die schnellere Variante, die weniger Schaden verursacht, bei der wir uns dafür aber schneller wieder festhalten können und beweglich sind. Dieses Grundprinzip teilen sich alle 16 Kolosse. Damit es nicht zu leicht und dadurch eintönig wird, bekommt aber spätestens ab dem vierten Koloss jeder einen speziellen Kniff spendiert. So müssen wir etwa manche Gegner erstmal aus der Luft holen oder einen harten Schutzpanzer zerstören, bevor wir an die Schwachstelle kommen.
Viel interessanter und auch wichtiger als das Gameplay ist aber ohnehin die Atmosphäre, die bei Shadow Of The Colossus auf den Spielenden wirkt. Abgesehen von der fantastischen Spielwelt, die wir ja ohnehin bereits mehrmals erwähnt haben, sind auch die ethischen Fragen dahinter interessant. Die Kolosse zum Beispiel greifen uns gewöhnlicherweise nicht eigenmächtig an – sie verteidigen sich, weil wir ihr Leben bedrohen. Auch die Augen der Giganten lassen Unschuld und Intelligenz erahnen. So stellen wir uns immer wieder die Frage, ob es eigentlich richtig ist, was wir hier treiben. Und der Sieg über einen der so übermächtigen Titanen fühlt sich oft eher bitter als befriedigend an. Genau das ist es, was dieses Spiel einzigartig macht.
Fazit
Redaktionelle Wertung:
Spieleranzahl: 1
Preis: 40 Euro
Erscheinungsjahr: 2018
Entwickler: Bluepoint Games
Publisher: Sony Computer Entertainment
Erschienen für: PlayStation 4
Getestetes System:
PlayStation 4
Genre: Action-Adventure
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