„47? Das ist doch kein Name.”
Das Spiel beginnt in einer ultrageheimen Einrichtung der ICA, der Agentur, für die 47 arbeitet. Oder eigentlich „arbeiten wird”, denn wie so oft in letzter Zeit führt uns auch das neue Hitman zurück zu den Anfängen. Wir lernen das Killer-Handwerk in zwei Tutorial-Missionen, die gleichzeitig storytechnisch als Aufnahmetest für den jungen Initianten fungieren. Bei diesen Tests befinden wir uns theoretisch noch in der ICA-Trainingseinrichtung, de facto macht das im Spiel für uns aber schon keinen Unterschied mehr. Die Missionen stellen dabei legendäre Aufträge dar, die ICA-Agenten vor einiger Zeit absolviert haben.
Beim allerersten Anlauf werden wir Schritt für Schritt in Steuerung und Spielprinzip eingeführt. Das Ziel ist Kalvin Ritter, ein Meisterdieb. Hat man die Mission einmal nach den Vorgaben des Spiels erfüllt, kommt man in das Freie Training. Hier können wir Mister Ritter noch ein Dutzend Mal oder öfter erledigen, um das Level zu erkunden und Möglichkeiten zu erproben. Und schon hier, in der mit ganz weitem Abstand kleinsten Sandbox des Spiels bisher, wird klar: An Möglichkeiten mangelt es wahrlich nicht.
Der Abschluss unseres Trainings führt uns in eine kleine Militärstation, die wir infiltrieren und den von Schach besessenen Jasper Knight eliminieren. Ein kurzer Test in dieser Mission macht schnell deutlich, dass simples Durchballern tatsächlich überhaupt keine Option mehr ist – zu schnell gehen wir bei solchen Actions hopps.
„Dann machen Sie einen daraus.”
Das Kernstück des Intro-Packs aber ist die erste offizielle Mission als Agent 47 bei der Sanguine-Modeshow. Und kaum kommen wir im Level an, stellen wir fest: WOW! Das prächtige Anwesen in Paris ist ein eindrucksvolles Beispiel für eine wirklich große Sandbox. Weitläufige Außenareale, vier Stockwerke Schloss inklusive Weinkeller, Küchen, Festsaal, Laufsteg, Stylingräume usw ... Gleichzeitig passieren um uns herum tausend Dinge. Nach gerade mal zehn Minuten sahen wir kaum noch etwas anderes als Gelegenheiten. Sei es das Topmodel, das unserem Alter Ego zum Verwechseln ähnlich sieht, die etwas Marode Lichtanlage oder die Reporterin mit ihrem Interviewtermin – mehr oder minder alles lässt sich zu unserem Vorteil nutzen. Spätestens hier ist es auch nur noch schwer möglich, die Sache unelegant zu erledigen. Dafür ist einfach zu viel los bei der völlig ausgebuchten Show. Aber keine Sorge, wer nicht Stunden damit zubringen mag, seine Strategie zu finden und zu optimieren, kann auch den Gelegenheiten folgen, einer implementierten Funktion, die recht eindeutig einige Wege aufzeigt, den Job zu erledigen.
Da viele Möglichkeiten zwar schön und gut sind, die einzige bisher verfügbare Mission aber letztlich trotzdem in höchstens einer Stunde geschafft ist, gibt es außerhalb der eigentlichen Missionen noch einige Zusatzinhalte. Die Eskalations-Aufträge, für die wir das Ziel oder die Ziele immer auf eine bestimmte Weise erledigen müssen (etwa als Stylist mit einer Schere) haben fünf Stufen, mit jeder Stufe stellen sich neue Komplikationen oder Zusatzaufgaben ein, z.B. „Verstecke alle Körper” oder „Knacke den Safe”, der die bisher nicht einmal aufgefallen wäre.
Außerdem gibt es einige Zusatzmissionen unter dem Titel „Die Sechs aus Sarajevo”. Derzeit ist dort nur ein Auftrag freigeschaltet. Die schon lang angekündigten „Schwer zu fassenden Ziele” haben es bis zum Zeitpunkt dieses Tests (April 2016) noch nicht auf die Konsole geschafft. Damit es dennoch nicht langweilig wird, haben sich die Entwickler aber etwas einfallen lassen.
Befehle von ganz oben
Ein komplett neues Element in der Serie stellen die selbst gebastelten Aufträge dar. Ihr habt Stunden damit verbracht, euch an dieser einen Wache vorbeizuschleichen? Der Typ, der mit den Models so schäbig umgeht, ist euch immer schon ein Dorn im Auge gewesen? Dann macht ihn einfach zum Staatsfeind! Mit einem einfachen Tastendruck könnt ihr jetzt jeden beliebigen Charakter im Spiel als Ziel definieren. Das bringt euch zwar für den aktiven Auftrag nichts, dafür könnt ihr euch danach sicher sein, dass sich Heerscharen von anderen Spielern auf die unliebsamen Typen stürzen werden. Das Spiel zeichnet in einem solchen Fall genau auf, wen ihr wie erledigt hat. Nach Abschluss eures Auftrags könnt ihr euer selbst verrichtetes Gemetzel dann als eigene Mission an die Community weitergeben. Wer besonders aufwendig sein möchte, kann dann noch diverse Zusatzaufgaben implementieren. Zum Beispiel, dass Agent 47 das Ziel als Koch verkleidet mit einer Streitaxt hinrichten soll (hach, so viele Möglichkeiten).
Im Grunde ist die Idee super und tatsächlich füllt sich die Auftragsliste im Minutentakt. Allerdings ist dieser neue Zugang wohl auch der maßgebliche Verursacher des größten Übels des neuen Hitman-Titels...
Disconnected
Wegen der ständigen Möglichkeit, Aufträge für die Spielerschaft zu basteln, kommen wir in Hitman an einem nicht vorbei, nämlich permanentem Onlinezwang. Das alleine ist ja noch nicht unbedingt besonders oder ein großes Problem. Allerdings laufen die Server alles andere als stabil. Automatische Zwischenspeicher während einer Mission sind auch eher spärlich verteilt. Wenn wir also wieder mal längere Zeit nicht manuell speichern, kann es schon passieren, dass wir zwanzig Minuten Spielzeit verlieren, weil die Server nicht wollen. Nochmal zusätzlich ärgerlich ist das, weil die Ladezeiten ohnehin alles andere als kurz sind. Die Entwickler arbeiten daran und das letzte Update (Stand April 2016) hat die Causa „Serverstabilität” etwas in den Griff gekriegt, trotzdem ist der Zustand alles andere als optimal. Immerhin gibt es die Option, zumindest die Kampagne offline und von Serverausfällen verschont spielen zu können.
Schöner sterben?
Die technischen Veränderungen zu den Vorgängern halten sich tendenziell eher in Grenzen. Hitman ist weit davon entfernt, unschön zu sein, aber ein grafisches Feuerwerk sieht auch anders aus. Dabei fällt auf, dass die Schwierigkeiten immer ähnlich sind: NPCs sehen zu gleich aus, die Texturen in den Levels sind zu wenig detailliert (im Gegensatz zum Leveldesign, das extrem gut gelungen ist). Neu ist, dass die Framerate immer wieder einbricht. Auch Kantenflimmern sticht uns häufig ins Auge. Besonders gut gefallen uns dafür die Lichteffekte, die sich wirklich sehen lassen können!
Der Soundtrack ist dieses Mal weniger auffällig. Zwar fügt er sich in gut in das Spielgeschehen ein, das ganz eigene, halb mysteriöse halb actionlastige Gefühl der Vorgänger vermissen wir aber ein wenig. Die grundsätzliche Message geht eher in Richtung Thriller, ernstes Agentenbusiness und so – nix mehr mit verstecken in einer halb eingefallenen Kapelle inklusive choralem Background. Alles in Allem sehen wir die technische Seite eher als grundsolide denn als außergewöhnlich, zumal die sehr langen Ladezeiten hier die Wertung noch weiter drücken.
Fazit
Wenn Square Enix Business es noch schafft, an den richtigen Schrauben zu drehen und dann mit den künftigen Missionen alles etwas stabiler läuft, korrigieren wir unseren Testwert vielleicht noch etwas nach oben. Auf die noch kommenden Episoden sind wir jedenfalls allemal gespannt und Spaß am Spielsystem haben wir jetzt schon. Trotzdem wäre für Bestnoten noch etwas mehr nötig gewesen.
Redaktionelle Wertung:
Spieleranzahl: 1
Preis: 60 Euro
Erscheinungsjahr: 2016
Entwickler: IO Interactive
Publisher: Square Enix
Erschienen für: PC, PlayStation 4, Xbox One
Getestetes System:
PlayStation 4
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