Der wohl populärste Vertreter des cel-shading-looks erklärt sich selbst. Borderlands 3, oder sein eigentlicher Rufname Borderlands - The Pre-Sequel, versucht uns abermals auf seine schräge und leicht zynische Weise in die Lootspirale zu ziehen.
Ein echter Held!?
Opener der Story ist die Gefangennahme der Kammerjägerin Athena durch die aus den vorangegangenen Teilen bekannte Lilith und ihr Team. Als Lilith Athena nach einer Begründung für ihr Eindringen in ihren Sektor fragt, holt die gestandene Atlas-Assassine weit aus. Sie erzählt von einem Team aus verschiedenen talentierten Kammerjägern, die durch unglückliche Umstände auf der Suche nach dem schnellen Geld als Söldner auf dem Mond Elpis gestrandet sind und in ein Ränkespiel der Mächtigen gerieten. Und sie berichtet von einem Helden: Handsome Jack!
An dieser Stelle dürfte bei den Borderlands 2-Veteranen sich gehörig wundern; und auch Lilith versteht zunächst nichts, wo doch Handsome Jack der Inbegriff des Antagonisten ist, öhm war… bzw. wird!
Der Spannungsbogen um die Entwicklung von Jack ist die Haupttriebfeder der Geschichte und sie verfehlt nicht ihr Ziel: Meine Neugier war sofort geweckt!
Spielerisch steigt man, egal welche Klasse man wählt, aktiv in die Erzählung von Athena ein. Wir werden vom Hyperionkonzern auf die Helios ‚gebeten‘; unser Auftraggeber für eine feine Prise, aber ohne uns im Vorfeld mitzuteilen, was wir eigentlich erledigen sollen. Einmal angekommen, wird das Orbitalhabitat von Dahl-Truppen angegriffen. Erste Bürgerpflicht: Auf alles schießen, was uns beschießt!
Im Verlauf des Spiels werden immer wieder Audio-Echos von dem Gespräch zwischen Athena und Lilith aus der Gegenwart eingespielt, die das Verständnis um die zeitliche Zugehörigkeit der einzelnen Storyinformationen gehörig strapazieren.
Ein Bot, eine Mission! Fehlfunktionen inklusive…
Echtes Highlight von Borderlands - The Pre-Sequel ist die Spielbarkeit von Clap-Trap als Kammerjäger. Der schrille und bizarre kleine Kultbot spielt sich so, wie er sich anhört. Von Action-Skills bis hin zu den Talenten sollte man alles mit dem in Borderlands üblichen Humor nehmen und auch wenn er als Fehler verkauft wurde und uns selbst das Spiel beim Erstellen des Charakters mit einem Pop-up-Fenster warnt die Klasse zu wählen, ist er alles andere als schlecht. Neben der plappernden Blechbüchse gibt es noch drei weitere neue Klassen: Die Gladiatorin (Athena), der Enforcer (Wilhelm) und die Lawbringerin (Nisha).
Athena ist das, was man üblicherweise als Tank versteht. Ihr aktivierbarer Skill ist ein physisches Schild, der für einen gewissen Zeitraum von vorne eingehenden Schaden absorbiert, um ihn nach Ablauf der Zeit oder bei erneutem Aktivieren auf den Gegner zurückzuwerfen. Ihre Skilltrees bauen daher überwiegend auf den Aktion-Skill auf: Einmal die gruppenunterstützende Vollzeitschildmaid, die Nahkampfkriegerin oder eben eine Elementarwaffenspezialistin mit Wurfschild.
Wilhelm spielt mit zwei Drohnen, Wolf und Saint. Wolf macht Schaden, Saint heilt. Die Enforcer-Skills erlauben ihm eine der beiden Drohnen oder sich selbst im Nahkampf und im Führen von Laserwaffen zu verbessern.
Bleibt Nisha, die Lawbringerin, eine auf dem Mond verirrte Inkarnationen eines weiblichen Clint Eastwood. Ihre Stärken liegen in der Maximierung des Schadens weniger ausgewählter Kugeln. Ideal für ihre Spielweise sind Waffen des Typs „Jakobs“ und ihr Action-Skill ist der Showdown, ein sechs Sekunden andauernder Aimbot-Skill, der dem Gegner immer schick zwischen die Augen zielt.
Soviel zu den Klassen. Neu am Mondsetting ist, oh Wunder, der Mond! Der Trabant bietet den Aspekt der verringerten Schwerkraft und eine nicht unbedeutende Verknappung der Atemluft. Damit einher geht ein neuer Gegenstand für alle Klassen (auch Clap-Trap): Das Oz-Kit. Diese Kits versorgen uns außerhalb künstlich geschaffener Atmosphäre mit Sauerstoff. Das ist aber nicht ihre einzige Funktion. Wir können unsere Sprünge gegen Abgabe von Sauerstoff boosten, um größere Abgründe zu überwinden, oder eben einfach weil‘s Spaß macht! Drückt man in einigem Abstand über dem Boden die Taste ‚c‘, schmettern wir auf den Boden und verursachen, abhängig vom aktuell ausgewählten Oz-Kit, Elementarschaden.
Kurzum, neu sind: Weite Sprünge, Air-time Kämpfe, Dreipunktlandungen Marke Hollywood mit Gebietsschaden und eine Spielbeschleunigung aufgrund von Sauerstoffknappheit. Letzteres gilt nicht für Frag-Trap. Als mechanische Einheit ist er von den Zwängen der sauerstoffabhängigen und demnach ihm unterlegenen Rassen losgelöst.
Auch der Multiplayer dürfte seit je her für viele Spieler und ihre Freunde ein echter Kaufgrund sein. Ich hatte dieses Mal gleich zu Beginn das Vergnügen mit einem Freund von mir ein paar Stündchen gemeinsam auf Elpis zu verbringen. Das macht auch einiges her, Manko war nur der Umstand, dass wir uns das Loot aufteilen mussten. Das führt effektiv dazu, dass man in einem vollen Spiel im gleichen Zeitraum nur ein Viertel der Waffen und Gegenstände und somit auch des Geldes bekommt und das auch nur wenn man sich abspricht und alles fair aufteilt… unzeitgemäß!
Drei Grauabstufungen als Markenzeichen
Was Borderlands - The Pre-Sequel auszeichnet und sicherlich auch für viele Spieler das Erkennungsmerkmal der Serie ist, ist der cel-shading-look. Die technische Besonderheit: Anstatt die Schatteneffekte wie üblich bei so ziemlich jedem anderen Titel an den 3D-Modellen weich verlaufen zu lassen, arbeitet man beim cel-shading mit zwei bis maximal vier grau-schwarz Abstufungen. Das macht den einmaligen spielbaren Comicstil perfekt und funktioniert auch wieder hervorragend beim neuesten Borderlands. Ich gebe allerdings zu, die Bewertung der Grafik fällt daher deutlich schwieriger aus, da man keine klassischen Eckpfeiler hat wie zum Beispiel Auflösung, Charakter- und Umgebungstexturenschärfe und ähnliche Dinge. Daher bleibt die Einstufung deutlich subjektiver und ich fand die Welt echt gelungen, nur einige Gegnermodelle waren mir zu unsauber abgegrenzt.
Ebenso Markenzeichen der Serie ist der Humor, genauer die bizarren Monologe der Nebenfiguren wie beispielsweise Clap-Trap oder Handsome Jack. Auch hier gibt’s für mich nichts zu beanstanden. Die Dialoge bleiben stilecht und die Synchronisation lässt auch keine Wünsche offen.