Wenn es eine dreiköpfige Gruppe junger Journalisten auf eine ferne, nicht kartographierte Insel verschlägt, um dort einem möglichen Viren-Ausbruch nachzugehen, werden Genre-Liebhaber bereits hellhörig. Wenn diese Gruppe dann noch mit einer gemopsten Yacht unterwegs ist, die dem Verlagschef und Vater des Draufgängers der Gruppe gehört, und sich dessen Begleitung aus einem rothaarigen Nerd-Girl mit Hornbrille und knappen Shorts und dem obligatorischen dunkelhäutigen Kumpanen zusammensetzt, ist alles klar. Das kann einfach nicht gut ausgehen.
Voller journalistischem Tatendrang legen wir also an der auf den ersten Blick scheinbar verlassenen Insel an. Während unsere Kollegin sich den Notizblock unter den Arm klemmt schnappen wir uns die Kamera, um fotografisch Beweise festzuhalten. Tatsächlich werden wir auch recht schnell fündig. Auf einem bereits bewachsenen Container erkennen wir das Logo der Geopharm Corporation. Als wir den Strandclub genauer unter die Lupe nehmen wollen, reißt uns ein gewaltiger Krach aus den Ermittlungen – und wir können nur noch aus der Ferne mitansehen, wie unser Boot langsam vom Meer verschlungen wird. Doch wir sind ja nicht umsonst der Held der Truppe. Waghalsig schwimmen wir auf die sich im Sinken befindende Yacht zu, nur um beim Versuch das Boot zu erklimmen abzurutschen und…
Container
… in einem verlassenen Container wieder aufzuwachen. Wir befinden uns irgendwo auf einer Anhöhe der Insel. Also nichts wie wieder zurück zum Strand und zu unseren Freunden. Doch ganz so verlassen wie zuerst angenommen dürfte die Insel doch nicht sein. Immerhin stoßen wir auf dem Rückweg auf einen entstellten Typen, der seinen Kollegen zum Fressen gern hat. Da wir unbewaffnet sind, schleichen wir lieber um diese Szenerie herum. Doch scheint dieses Schauspiel kein Einzelfall gewesen zu sein. Überall treffen wir auf untypisch triebgesteuerte Menschen, die nicht mehr so ganz Herr ihrer eigenen Sinne sind. Ja, nennen wir das Kind beim Namen: Zombies.
Dem Brustkorb einer der Gestalten entreißen wir einen Schraubenzieher, mit dem wir seinesgleichen fortan von hinten meucheln können.
Nachdem wir uns durch Teile des Bürokomplexes von Geopharm – wo wir seltsame Nachrichten unserer Freunde auf den Anrufbeantwortern hören konnten und weitere angriffslustige Zombies zur Strecke gebracht haben – zurück an die Küste gekämpft und von dort mit einem zuvor eingesammelten Seil an den Strand abgeseilt haben, werden wir auf einmal mit vom Himmel fallenden Containern konfrontiert. Da die tonnenschweren Dinger nicht gerade zu Boden gleiten sind Ausweichmanöver dementsprechend schwer einzuleiten. Was dazu führt, dass wir von einem der Teile getroffen werden und…
Container
…im zuerst am Strand erkundeten Container wieder aufwachen. Unsere Freunde haben uns aus dem Wasser gefischt. Sagen sie. Haben wir uns das also alles nur eingebildet? Wir nehmen uns vor, gemeinsam den Dschungel zu erkunden. Also machen wir uns auf den Weg, bis wir zu einer Stelle kommen, an der wir uns abseilen müssen. Ach, hätten wir doch nur ein Seil dabei. Moment – wir haben ein Seil dabei! Wir haben es doch in dem Kiosk aufgesammelt, als wir an den Zombies… war das doch kein Traum? Oder haben wir es etwa doch noch geschafft, das mit dem Boot verloren geglaubte Seil mitgehen zu lassen. Erinnern könnten wir uns nicht daran, unsere Freunde aber scheinen von dieser Variante überzeugt zu sein. Nun ja, sind wir es eben auch. Vorerst.
The Secret of Banoi Island
Entgegen des Titels ist die Flucht von der Insel gar nicht so unsere tatsächliche Triebfeder. Vielmehr sind wir auf der Suche nach dem ultimativen journalistischen Coup, sodass auf den ersten Schock des untergegangenen Bootes unsere Hauptsorge zu sein scheint, dieses Ereignis nicht auf Video gebannt zu haben und es wohl später bei der Rückkehr nachstellen zu müssen.
Durch die Erkundung der Insel lüften wir also nach und nach deren Geheimnis und finden heraus, was für die Missstände vor Ort verantwortlich ist. Dazu tragen vor allem die vielen versteckten Audio-Logs, Forschungsprotokolle, Postkarten und andere geheimen Gegenstände bei, die quer über die Insel verstreut sind. Überhaupt können sich Spieler mit ausgeprägtem Sammeltrieb bei Escape Dead Island voll entfalten. Hinter fast jeder Ecke gibt es etwas zu finden. Außerdem können wir bestimmte Gegenstände oder Personen fotografieren, die dann als kommentierte Schnappschüsse in unserer Datenbank abgelegt werden. Alleine diese zu finden ist eine schöne Nebenaufgabe, da sie erst beim Blick durch die Kamera als solche gekennzeichnet werden.
„Let me axe you a question“
Beim Kampfsystem verleugnet das Spiel seinen Franchise-Vater Dead Island etwas zu sehr. War es dort noch der Reiz, sich selbst Waffen zusammenzubasteln und auf die Haltbarkeit dieser achten zu müssen, so entfällt dieses System bei Escape Dead Island komplett. Vier Waffenslots stehen uns zur Verfügung, die wir im Laufe des Spiels füllen. Nahkampfwaffe, Langwaffe, Pistole und Schrotflinte. Zwar stoßen wir im Spiel hin und wieder auf (oft versteckte) Werkbänke, auf denen wir unsere Waffen aber nicht verbessern, sondern auf denen schon eine upgegradete Version für uns bereit liegt.
Das Kampfsystem ist ebenso wenig komplex. Großteils schnetzeln wir uns mit der linken Maustaste durch die Gegner, holen ab und an mit der rechten zu einem trägeren aber schwerwiegenderen Rundumschlag aus. Manche Gegner, wie den säurespuckenden Spitter, schalten wir lieber mit der Pistole aus der Entfernung aus. Einzelne Gegner besiegen wir am leichtesten, indem wir sie mit ein wenig Anlauf zu Boden stoßen und dort exekutieren – Oneliner inbegriffen. Die Schrotflinte brauchen wir wirklich nur bei sehr widerstandsfähigen Untoten gegen Ende.
Neben den handelsüblichen umherschlurfenden Infizierten und besagtem Spitter wollen uns noch Bouncer (springende Zombies) und Butcher (Wolferine-Zombies) an den Kragen. Außerdem sorgen Screamer dafür, umherliegende Zombies aus ihrem friedlichen Schlaf zu reißen und gegen uns aufzuhetzen.
Technik
Grafisch erinnert Escape Dead Island mit seinem eher detailärmeren Cel Shading-Look sehr an Spiele wie
The Walking Dead oder
XIII dreizehn. Das Comicblut spritzt literweise in Fontänen über den Bildschirm, unterstrichen von comictypischen Soundeffekt-Visualisierungen wie „Whack“, „Smack“ oder „Splash“. Zwischensequenzen spielen sich als vertonte und minimal animierte Zeichnungen ab.
Die „echte“ Soundkulisse kann sich aber hören lassen. Der Soundtrack unterstreicht sehr gut sowohl die actionreichen als auch die mysteriösen Momente des Spiels und verbreitet an den richtigen Stellen Suspense oder Spannung.
Die englischen Sprecher liefern solide Arbeit ab, für die deutschsprachigen Spieler werden Untertitel eingeblendet.