Treffen sich ein verbrecherischer Familienvater, ein afroamerikanischer Ghetto-Gangster und ein durchgeknallter Kanadier. Wer wissen will, wie der Witz endet, sollte schleunigst zu einem der wohl ambitioniertesten Videospiele aller Zeiten greifen.
Geschichte Trotz Autonomie
Lange ist es her, seit Trevor Phillips mit seinem Kumpel Michael Townley und zwei weiteren Komplizen der örtlichen Bank einen Besuch abstattete, um unter Einsatz von Waffengewalt Geld zu beheben, das ihnen nicht so wirklich zustand. Der Raub ging jedoch fürchterlich in die Hose und endete für beinahe alle Beteiligten im Grab. Allein Trevor gelang die Flucht.
Nun lebt Trevor in einem abgelegenen Vorort von Los Santos. Was er nicht weiß: In Los Santos selbst haust mit seiner Familie in der Nobelgegend Pinewood Hills, umgeben von Filmstar-Villen und reichen Geschäftsleuten, ein gewisser Michael De Santa. Der Michael Townley wie aus dem Gesicht geschnittene Mann (Zufall? Ich denke nicht…) hat den talentierten Kleinkriminellen Franklin Clinton kennengelernt und möchte mit ihm gemeinsam ein Ding durchziehen, da er sich durch ein sehr blödes Missverständnis ordentlich Schulden bei einem Mafiaboss eingebrockt hat.
Wie von der Spielserie gewohnt, lebt auch GTA V von der offenen Spielwelt, in der der Spieler Haupt- und Nebenmissionen anfahren oder aber schlicht seine Zeit so zubringen kann, wie es ein freier Mensch eben tun würde: Shoppen, Fernsehen, Tennis, Golf, Besuche im Kino, in Bars und Stripschuppen, bei Auto-, Quad- und Jetskirennen, Paragleiten, dem Bestreiten von Triathlons, Flugzeug- und Hubschrauberfliegen, sinnlosem durch die Gegend düsen, Jagen, Autos mopsen, Überfallen von Tankstellen, Krawall machen. Die Möglichkeiten sind nicht unbegrenzt aber durchaus zahlreich und vielseitig.
Auf der anderen Seite ist da die Hauptstory, die durch und durch mit zynischer Gesellschaftskritik und politisch selten korrekten Umgangsformen überzeugen kann. Überzeugen deswegen, weil vieles zwar mit dem Vorschlaghammer präsentiert wird, der Pfahl der Kritik jedoch umso tiefer in die Erde getrieben wird. Beispielsweise gibt es eine sehr umstrittene Szene, in der wir mit unterschiedlichsten Foltermethoden (Waterboarding, Zähne ziehen, Elektroschocks…) an Informationen kommen müssen. An sich gälte es so etwas zu verurteilen – wenn der folternde Soziopath Trevor im Anschluss dem Gefolterten nicht zur Flucht verhelfen und ihm beiläufig erklären würde, dass Foltern nur dem Vergnügen des Folternden dient und zur Informationsbeschaffung vollkommen ungeeignet ist.
Sonst nimmt GTA V vor allem das Leben der Film- und Popstars, die sich im an Los Angeles angelehnten Los Santos herumtreiben, und Lifestyle-Erscheinungen wie Apple, Google und Facebook auf die Schippe.
Unser Mobiltelefon ist übrigens so smart wie nie zuvor. Wir können damit telefonieren, SMSen, mailen, im Internet surfen und Fotos schießen. Vor allem im Internet kann man sich ein ganzes Weilchen aufhalten ohne sich zu langweilen. Folge von Fame or Shame (Produktplatzierungsschwangeres „Supertalent“, in dem sich hauptsächlich die Juroren und Moderatoren beschimpfen) oder Kung Fu Rainbow Lazer Force („Power Ranger“, die mit voller Gewalt für Unschuld und gegen Sexualität eintreten) verpasst? Kein Problem, schaut euch einfach die ganze Folge im Internet an.
Geld Treibt An
In GTA V ist es nun erstmals möglich, drei Hauptcharaktere zu steuern – welche da die drei oben genannten wären. Beinahe zu jeder Zeit können wir beliebig wechseln; für die Missionen der Haupthandlung wird jedoch vorgegeben, in welchen Charakter wir schlüpfen müssen um die Handlung weiterzutreiben.
Wie immer in GTA ist das eigentliche Ziel die Anhäufung eines möglichst riesigen Vermögens. Um an den benötigten Zaster zu kommen gibt es mehrere Möglichkeiten. Haupteinnahmequelle sind freilich die Überfälle und andere krumme Dinge, die wir im Verlauf der Storyline drehen. Außerdem haben wir die Möglichkeit, am Aktienmarkt kräftig mitzumischen und beispielsweise mit Auftragsmorden die Kurse zu unserem Vorteil zu manipulieren. Den schwer verdienten Rubel können wir dann in sündteure Immobilien wie Lichtspieltheater, Golfplätze oder Hangars investieren. Vernachlässigbares Trinkgeld erhalten wir beispielsweise durch Taxi- und Abschleppaufträge.
Grand Theft Auto
Der namensgebende schwere Autodiebstahl kommt im neuesten Ableger der Serie natürlich auch nicht zu kurz. Schließlich ist es einfach kommoder, den nächsten vorbeifahrenden Wagen an sich zu reißen, statt mühsam das Mobiltelefon für den Taxidienst zu bemühen oder gar zur nächsten Bahnstation zu flanieren, um dann behäbig durch die Stadt kutschiert zu werden. Und unsere eigene Karosse passt nun mal nicht ins Handgepäck und ist für unseren unangepassten Fahrstil ohnehin schlichtweg zu schade.
Die in welcher Form auch immer erstandenen Boliden können wir in Werkstätten reparieren und visuell und leistungstechnisch pimpen lassen. Auch hier dürften keine Wünsche offen bleiben, denn von den Felgen bis zum personalisierten Hupton ist alles anpassbar. In der Garage können die Gefährte dann abgestellt und gespeichert werden.
Gangster Trifft Andere - Online
Erstmals in der Geschichte von GTA ist ein richtiger Online-Modus im Spiel enthalten. Auf den Namen GTA Online hörend ist es hier für bis zu 16 Spieler möglich, sich mit einem selbst erstellten Charakter unter das computergesteuerte Fußvolk zu mischen. Das Aussehen zu bestimmen ist dabei nicht ganz so einfach, da dieses nicht direkt gewählt, sondern vererbt wird. Wir wählen eine Kombination aus verschiedenen Großeltern, daraus werden unsere Eltern errechnet, denen wir dann schlussendlich unser Äußeres verdanken. Nicht wirklich gut kontrollierbar, aber eine witzige Idee.
Mit allerhand Attributen wie körperlicher Fitness, Tagesrhythmus und dergleichen ausgestattet, werfen wir uns dann also in ein Los Santos, das leicht veränderte Regeln zum Hauptspiel befolgt. So ist Geld, das wir lose im Geldbeutel mit uns herumtragen, schlichtweg futsch, wenn wir überfallen werden oder einfach sterben. Erst auf der Bank ist unser Erspartes dann wirklich sicher. Apropos sicher: unser Auto können wir Vollkasko versichern lassen, allfällige Reparaturen begleicht dann die Versicherung. Ebenso kommt bei Diebstahl die Versicherung für den Schaden auf. In einem Spiel namens Grand Theft Auto nicht gerade unpraktisch.
Wir können dann gemeinsam mit Freunden, mit denen wir uns in einer Gang zusammenschließen, auf Raubzug gehen, weiter die Welt erkunden, in vorgegebenen Events Rennen mit allen erdenklichen Fortbewegungsmitteln bestreiten oder in einer „Capture the Flag“-artigen Spielvariante gegen andere Teams in der Drogenbeschaffung antreten.
Ganz Toller Ausblick
GTA V sieht bei ausreichendem Abstand zum Bildschirm bis auf kleine Ausnahmen wirklich sehr hübsch aus. Vor allem die Lichtstimmung, das Wasser und viele Details in Los Santos können überzeugen.
Auch das Umland der riesigen Stadt bietet wunderschöne grüne Berge, Wüstenlandschaften, Strände und Klippen. All das zu erkunden kann einen schon eine Zeit beschäftigen.
Dazu kommt, dass es während des Spiels keine Ladezeiten gibt (Ausnahme ist das Betreten mancher Gebäude). Nur selten ploppen Gegenstände vor uns auf und der Ausblick von den Holly… öhm, Pinewood Hills ist ziemlich beeindruckend.
Großartige Tunes und Audios
Über alle Zweifel erhaben ist wieder einmal die akustische Komponente von GTA V. Zahlreiche Radiosender bieten für jeden den richtigen Musikgeschmack, die witzigen Talkshows und Nachrichtensendungen gehen oft auf das Geschehen ein, in welches wir gerade verwickelt sind - zum Brüllen komisch.
Wie in der GTA-Serie üblich wurde die tolle englische Sprachausgabe beibehalten und deutsch untertitelt. Und wie immer ist das auch gut so, da sonst einiges an Stimmung verloren gegangen wäre.