Sim City 2013
Lange habe ich dem neuen „City“ entgegen gefiebert, schließlich musste ich - so wie alle anderen Fans der Städtebausimulation am PC - geschlagene zehn Jahre auf einen Nachfolger von Sim City 4 warten. Bereits um 1990 erweckte das Ur-Simcity auf meinem 8086 (oder war es schon ein 80286?) und einem bernsteinfarbenen Monochrommonitor meine städtebauliche Ambitionen und machte mich zum Städtebaufan.
Würde das Spiel nach so langer Zeit und geändertem Spielverhalten in Zeiten von Indie Games und Smartphone Apps noch die Massen begeistern können? Und vor allem: hat es noch den alten Charme, der mich schon vor 24 Jahren begeistern konnte?
Das Spielprinzip von Sim City
Sim City simuliert eine Stadtentwicklung unter Einbeziehung verschiedener Faktoren wie Umwelt, Verkehr, Bildung, Kriminalität und Gesundheitsversorgung. Der Spieler kümmert sich dabei um das Bereitstellen der städtischen Strukturen wie Strom, Wasser, Straßen, Schienen, Fährverbindungen, Parks, Polizei, Feuerwehr, Rettung, Schulen, Universitäten usw.
Flächen können zur Bebauung durch Bürger freigegeben werden. Dabei kann man ein Gebiet als Wohn-, Handels- oder Industriegebiet ausweisen. Hierbei gilt es besonders auf eine ausgeglichene Balance zwischen den einzelnen Zonen zu achten. Nur Wohngebiete ohne Arbeitsstellen in Fabriken und ohne Einkaufsmöglichkeiten werden, zumindest zu Beginn, nicht funktionieren.
Anfänglich kommen hauptsächlich Arbeiter in die Stadt, die wenige Ansprüche stellen. Doch sobald die Stadt wächst, wachsen auch die Wünsche der Bewohner, die sich weiterentwickeln wollen. Je attraktiver die Wohngegend, desto besser entwickeln sich die Sims, sodass im Idealfall Hochhäuser entstehen und die Bürger glücklich und gebildet sind.
Ein konkretes Spielziel verfolgt man dabei nicht. Der Reiz besteht darin, immer schönere und vor allem größere Metropolen mit noch mehr Einwohnern zu schaffen und das System am Laufen zu halten.
Was ist neu bei Sim City 2013?
Als erstes sticht sicher die schön anzusehende Grafik ins Auge, für welche die GlassBox-Engine verantwortlich zeichnet. Der sogenannte Tilt-Shift-Effekt sorgt dafür, dass die Städte wie kleine Modellbaulandschaften aussehen. Sehr viel Augenmerk wurde auch auf kurze Geschichten gelegt, die sich in der Stadt abspielen. Zoomt man beispielsweise an ein Bankgebäude heran, so kann man unter Umständen einen Überfall beobachten. Auch die Geräuschkulisse passt sich entsprechend an. Sehr süß zu beobachten für all jene, die daran Freude finden. Ich persönlich konzentriere mich lieber auf das große Ganze.
Leider ist das große Ganze, also die Karten auf denen gebaut wird, wesentlich kleiner ausgefallen als bei älteren Versionen der Städtebausimulation.
Begründet werden die sehr überschaubaren Stadtgebiete damit, dass nun nicht mehr auf einzelnen Karten, sondern in Städteregionen gespielt wird, in denen man mit seinen Nachbarn interagieren kann. So ist es möglich, dass mehrere Ballungsräume ein gemeinsames Sicherheitskonzept verfolgen und auch die Energiegewinnung muss nicht mehr in der eigenen Stadt erfolgen. Leider sind hier die Einflussmöglichkeiten sehr gering und ein reibungsloses Zusammenspiel scheitert an diversen Bugs des Spiels, sodass Müllwagen, Polizeiautos usw. irgendwo auf der Autobahn zwischen den Siedlungen verloren gehen. Aber selbst wenn die Fahrzeuge ankommen, hält sich die Interaktion zwischen den Spielern in Grenzen und es erweist sich oft als zu riskant, seinem Nachbar zu viel Grundversorgung der eigenen Stadt zu überlassen und sich so in eine Abhängigkeit zu begeben.
Interessanter sind da schon die Spezialisierungen, mit denen man seine Stadt beispielsweise in eine Bergbaustadt oder in ein Spielerparadies verwandeln kann. Der Bau einer Veranstaltungshalle oder eines Kasinos bringt auch ordentlich Geld - zumindest dann, wenn auch die Infrastruktur stimmt. Damit mehr Leute angelockt werden, sollte man also eine Sehenswürdigkeit bauen. Damit erhöhen sich dann aber auch das Verkehrsaufkommen und die Gefahr von Staubildungen, also sollte man genügend Mitteln in den öffentlichen Verkehr stecken. Sind die Wartezeiten zu lange, sind die zahlenden Gäste auch schnell wieder weg.
Alles in Allem findet man schnell ins Spiel, wenn man Sim City irgendwann schon einmal gespielt hat sowieso. Den alten Hasen werden einige Änderungen in Auge stechen. So muss man sich beispielsweise nicht mehr um das Verlegen von Stromleitungen oder Abflussrohren kümmern. Sobald ein Haus an einer Straße liegt, ist es auch an das Versorgungssystem angeschlossen.
Permanente Internetverbindung erforderlich - aber unnötig!
Sim City erfordert eine permanente Internetverbindung und ist offline nicht spielbar. Eigentlich greift man sich als Kenner der Spiele-Serie ja schon nach dieser Information auf den Kopf! Ein Spiel, das ich hunderte, wenn nicht tausende Stunden lang gespielt habe, soll nun einen ständigen Internetzugang benötigen? Was, wenn ich in meinem Ferienhaus, der Bahn, im Flugzeug oder sonst wo spielen möchte? Anfangs begründete EA diese Einschränkungen mit Berechnungen, die eine hohe Rechenkapazität erfordern und man deshalb auf Cloudcomputing zurückgreifen müsse.
Viele langjährige Fans waren dennoch bereit, dem Spiel eine Chance zu geben - was tut man nicht für die erste Liebe! Leider hat Maxis bzw. EA zum Release-Datum viel zu wenige Server zur Verfügung gestellt, sodass man oft stunden- oder tagelang darauf warten musste, spielen zu können (auch der Einzelspielermodus verlangt nach dem Internet). Der Frust der Spieler stieg ebenso wie die Wartezeiten, bis man Spielen konnte, sodass Amazon der Verkauf des Spiels zeitweise einstellte.
Mein Konsum von Räucherstäbchen ging rapide nach oben und ich erlernte einige Entspannungsmantras, um das Spiel überhaupt noch anfassen zu können. Selbst das konnte meinen Ärger aber schließlich nicht mehr besänftigen, als bekannt wurde, dass alle entscheidenden Berechnungen von Sim City am eigenen PC stattfinden und die permanente Internetverbindung nur für globale Statistiken und das Multiplayerspiel benötigt wird.
Grafik wichtiger als eine funktionierende Simulation?
Endlich konnte ich dann doch meine Städte planen und das Spiel hatte mich in Kürze gefesselt. Die alte Liebe lebte wieder auf. Anfangs experimentierte ich herum, freute mich, wenn die die Häuser wuchsen und ich irgendwann alles halbwegs unter Kontrolle bekam. Aber schon bald wollte die Stadt nicht mehr wachsen. Die Bewohner wurden anspruchsvoller und verlangten nach besserer Verkehrsanbindung, schnelleren Öffis, Polizeischutz und Müllentsorgung. Na gut, baue ich halt noch ein Straßenbahndepot oder eine Müllhalde, das sollte das Problem lösen. Weit gefehlt, denn hier schlagen dann die zahlreichen Bugs zu, die sich im Spiel eingenistet haben.
Beispielsweise sagt mir die Statistik, dass nur 50% der Mülleimer entleert werden. Baue ich eine oder sogar mehrere weitere Müllhalden, wird trotzdem nicht mehr Müll entsorgt. Warum dies so abläuft, ist für den Spieler nicht ersichtlich. Die Straßen sind frei. Die Autos fahren aus und die Müllbalken bei den Häusern werden kleiner. Dennoch kann ich das Müllproblem nicht lösen. Gleiches gilt für andere Städtedienstleistungen, die den Einsatz von Fahrzeugen benötigen - etwa Polizei, Linienbusse, Straßenbahnen usw. Ein Problem von dem viele Nutzer berichten und dessen Ursache darin zu finden ist, dass Fahrzeuge einfach im Nichts verschwinden können, beispielsweise am Weg in eine Nachbarstadt. Man hat also mitunter eine Busgarage mit sechs Bussen, aber vier davon sind spurlos verschwunden und kommen auch durch einen Neubau der Garage nicht wieder.
Der Straßenverkehr an sich ist ebenso ein Problem. Staubildungen sind teilweise weder nachvollzieh- noch behebbar. Das Wegfinde-System der Bewohner und Fahrzeuge wirkt nicht sonderlich ausgereift. Bahnhöfe würden mehr Pendler auf die Schiene bringen, allerdings kommen die Züge wann sie wollen - und sie wollen viel zu selten! Die Wartezeit in den Bahnhöfen kann bis zu mehreren Stunden betragen, was die Besucher der Stadt wohl nicht zum Bahnfahren einlädt.
Die Kasinos entziehen sich ebenso jeder Beeinflussbarkeit. Selbst wenn die Infrastruktur passt und die Transportwege wie durch ein Wunder einmal reibungslos funktionieren, fährt das Glücksspiel viel zu geringe Gewinne ein, um einen Bau zu rechtfertigen.
Die Liste der Bugs ist lange und die Hoffnung auf den nächsten „major bugfix“ ein ständiger Begleiter beim Spielen. Blöd nur, wenn dann das nächste Update mehr Bugs mit sich bringt als es löst (so geschehen mit Update 2.0).
Kurz erwähnt seien auch noch die misslungenen Statistiken der Simulation. Gut, dass es für meinen Geschmack generell zu wenige unterschiedliche Auswertungen gibt würde ich ja noch verkraften, aber wenn sich Statistiken widersprechen oder offenbar nicht die “reale” Situation wiedergeben, hört bei mir der Städtebauspaß auf.