Beat ‘em ups sind vielfach eine Domäne der männlichen Spielerschar, denn - ausgenommen die wenigen weiblichen Exemplare, die sich als ‘Zockerweibchen’ hervorgetan haben - Frauen sind in der Regel eher an weniger brutalen, dafür aber umso knuffigeren Spielen interessiert. Mit Arcana Hearts 3 könnte sich das schlagartig ändern, denn der Brawler ist schräg, schrill und hat überdies ausnahmslos knuffige Anime-Girls als Kämpfer parat.
Vielschichtiger Honigkuchen mit Zuckerglasur
Dementsprechend kunterbunt geht es mit den 23 Mädels dann auch zu, die sich als 2D-Sprites in den zweidimensionalen Arealen tummeln. Dabei fällt sofort auf, dass jedes Girl einen wirklich einmaligen Kampfstil besitzt, der sich wirklich fundamental davon unterscheidet, was man bislang bei Brawlern, allen voran Street Fighter, gesehen hat: Mal zieht sich nämlich ein Dämonengirl mit ihrer Kettenpeitsche an ihren ins Spielfeld geschleuderten Energiekugeln entlang, mal nutzt ein anderes Girl ihren sie umgebenden Geist als Energierad oder setzt das knackige Anime-Cowgirl seine aufgeladenen Pistolen ein, um mit ihren, von allen Seiten abprallenden Schüssen ihren Gegner unter Druck setzen. Dazu kommt noch, dass man sich mit jedem Girl auch noch einen Arcana, eine Art Schutzgeist, auswählen kann, dessen spezielle Fähigkeiten nicht nur zusätzliche Special Movies hinzufügen, sondern verschiedene Attribute des eigenen Charakters beeinflussen und beispielsweise kurzzeitig Energie zurückführen oder aber die Schadensstärke steigern. Dadurch lassen sich die Nachteile des jeweiligen Kämpfers in unterschiedlicher Weise ablenken bzw. lindern, vorausgesetzt natürlich, man kennt die Fähigkeiten und Auswirkungen der jeweiligen Arcana und ist bereit genügend Zeit ins Kombinieren zu stecken.
Eben diese Zeit sollte man zudem ins Erlernen der grundlegenden Steuerung aufwenden, denn selbst, wenn die Special Moves relativ einfach auszuführen sind (im Vergleich zu gewissen fingerverrenkenden Ultra Combos bei Street Fighter IV), so bringen sie einem gar nichts, wenn man nicht die sich von üblichen Kampfspielen deutlich unterscheidende Basissteuerung beherrscht. Beispiel gefällig? Neben den üblichen Bewegungen und einfachen Sprints könnt ihr in Arcana Hearts 3 auch eine Homing Attacke durchführen. Bei dieser stößt ihr raketenartig auf euren Gegner zu, egal wo sich dieser gerade befindet. In Kombination mit verschiedenen Doppelsprüngen und Attacken könnt ihr damit den Gegner in ungeahnte Höhen prügeln und dabei immer wieder nachsetzen!
Wer braucht 3D - Mädels prügeln reTro
Grafisch setzt Arcana Hearts auf den reTro-Flair, anders kann man es nicht erklären, warum gerade die Spieleschmiede, die auch hinter dem grafisch leckeren 2D-Prügler ‘BlazBlue’ steckt, ein Spiel herausbringt, das bereits auf den ersten Blick eher nach PS2 Kost aussieht. Dem Flair des Spieles tut dies allerdings keinen Abbruch, sondern verstärkt den kitschig, quirligen Nerd-Effekt geradezu noch; warum allerdings das Bild 4:3-artig abgeschnitten und dafür seitlich eine Art Wallpaper angefügt wurde, ist gerade im längst überholten 16:9 Zeitalter mehr als verwunderlich... und auch HD-Grafik braucht sich niemand von Arcana Hearts erwarten, es sei denn, er nimmt die Entwickler als Geisel und zwingt diese, sie ihm reinzuprogrammieren.
Arcana Hearts sieht knuffig aus, hat es aber faustdick hinter den Ohren, denn so 08/15 like wie das Game auf den ersten Eindruck wirkt, ist es bei weitem nicht. Wer genügend Zeit mit den Charakteren verbringt, dem erschließt sich ein überaus tiefgreifendes Kampfsystem das perfekt auf die einzelnen Charaktere und die verschiedenen Arcana abgestimmt ist. Gerade letztere nötigen aber zu zeitaufwendiger Experimentierarbeit, halten dafür allerdings auch den Langzeitspielspaß aufrecht.
Wer allerdings den Spielspaß untrennbar mit möglichst variantenreichen Spielmodi oder Herausforderungen verknüpft sieht, der wird ziemlich Blöd aus der Wäsche gucken - denn bei Arcana Hearts bleibt für die Spielvielfalt außer dem lahmen Storymodus, der seine schwachsinnige Story ohnehin nur durch lieblose Standbilder erzählt, nur der VS-Modus für Mehrspieler-Partien übrig. Immerhin dürft ihr euch auch online prügeln, wobei hier nach wie vor Street Fighter IV die Referenz ist - und Arcana Hearts weit davon entfernt, an diese nahe zu kommen.
Unterm Strich bleibt Arcana Hearts ein interessanter Titel, der zwar nur im Multiplayer begeistern kann, dafür aber auch in der eher von Beat ‘em ups abgeschreckten Frauenwelt Anklang finden wird.