In meinem Heimatort gibt es die Primelgasse, den Beerenweg, die Veilchengasse, die Nelkengasse und auch die Tulpengasse.
Das Spiel handelt von Tulpen, heißt aber BLUMENSTRAßE.
Tulpen und Windmühlen! Alles klar, wir spielen in Holland im späten 19. Jahrhundert. In Amsterdam fand um 1630 die Tulpenmania statt.
Tulpen waren seit ihrer Einführung in die Niederlande in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein Liebhaberobjekt. Sie wurden in den Gärten der sozial gehobenen Schichten des gebildeten Bürgertums, der Gelehrten und der Aristokratie kultiviert. Zu den auf Tauschhandel gegründeten Beziehungen dieser Liebhaber kam zum Ende des 16. Jahrhunderts der kommerzielle Handel mit Tulpen. Die Tulpe Semper Augustus erzielte extrem hohe Preise. Sie wurde 1637 als teuerste Tulpe aller Zeiten gehandelt. Einem Bericht aus dem Jahr 1623 zufolge sollten alle damals existierenden zwölf Tulpen dieser Sorte einem Amsterdamer Bürger gehören. 1623 kostete jede dieser Zwiebeln 1.000 Gulden, 1624 stand der Preis bei 1.200 Gulden, 1633 war er auf 5.500 Gulden gestiegen und 1637 wurden für drei Zwiebeln 30.000 Gulden geboten. Zum Vergleich: Das Durchschnittsjahreseinkommen in den Niederlanden lag bei etwa 150 Gulden, die teuersten Häuser an einer Amsterdamer Gracht kosteten rund 10.000 Gulden.
So teuer ist das Spiel nicht.
Wasserbetriebene Windmühlen
Mit unserem Windmühlentablau - zwei Zahnräder greifen ineinander und liefern stets zwei Aktionsoptionen - steuern wir unsere persönliche Aktionsauswahl. Weil der Wind nicht so richtig beeinflussbar ist, wird die Schrittweite unserer Zahnradkonstruktion von der Einstellung der Schleuse gesteuert. "Schleuse auf" kostet Gulden und bringt Siegpunkte, erhöht außerdem den Wasserstand. Senken des Wasserstands - das rechte Mühlrad dient vom Start weg dazu - bringt Geld und/oder Siegpunkte. Weil man den Zahnrädern auch durch Abgabe von Werkzeugplättchen Beine machen kann, wurden in unseren Runden Schleuse und Wasserstand links liegen gelassen. Dort findet man sie auch auf dem überdimensionalen Spielplan, der unseren ohnehin nicht kleinen Tisch über seine Grenzen strapazierte.
Darüber auf dem Plan gibt es Ausbaukarten für die Tulpenfarm. Die Karten sind zweigeteilt. Schiebt man sie oben unter die Tulpenfarm, hat man eine Hilfskraft engagiert. Sie kostet im weiteren Spiel nichts, aber bringt in jedem Zug einmalig ihren Bonus. Schiebt man sie unter die Farm, bleibt ihre Siegpunktbedingung aktiv und gibt eine Spielrichtung vor.
Ein weiteres wichtiges Instrument für bessere Aktionsauswahl ist der Upgrade der Mühlradfelder. Die Optionen des kleinen Mühlrads können ohne Einbuße überdeckt werden. Bessere aber leider auch teurere Ausbauplättchen ermöglichen zudem, die Aktionen beider Mühlräder zu nutzen. Das macht Spaß und bringt Tempo.
Tulpen für den Sieg
Weitere Siegpunktoptionen bringt das persönliche Tulpenfeld. In vier Reihen soll möglichst sortenrein angebaut werden. Die sieben Spalten sollen vier unterschiedliche Tulpen haben. Damit ergibt sich - wenn man viele Punkte machen will - die Notwendigkeit, sich auf vier der fünf Tulpenfarben zu konzentrieren. Tulpen gibt es einerseits am Markt, andererseits über Hilfskraftfähigkeiten sowie über den Fernhandel und die Kalenderleiste.
Eine weitere Möglichkeit ist der Bau einer Windmühle an geeigneter Stelle. Das kostet Gulden, je weiter weg vom Markt desto besser höher sind die Errichtungskosten aber auch die unmittelbare Belohnung für den Bau. Zudem muss eine durchgehende Windmühlenkette vom Markt bis zum Bauplatz bestehen. Gegnerische Windmühlen bringen dabei dem Besitzer einen Siegpunkt. Generell ist der Bau von Windmühlen aber nur bedingt lukrativ. Ganz im Gegenteil zum Besuch am Markt, der durch geschickte Manipulation der neutralen Marktbesucher besonders effizient gestaltet werden kann.
Tulpen werden bis zum Pflanzen eingelagert. Fünf Plätze stehen kostenlos zur Verfügung, die letzten beiden können durch Einwurf kleiner Münzen genutzt werden. Das Pflanzen ist wohl die wichtigste Aktion eines Tulpenbauern.
Mühlrad = Kalenderrad
Dreht das Mühlrad eine komplette Runde - das ist mit geöffneter Schleuse und Werkzeugplättchen zu beschleunigen - wandert der Marker des entsprechenden Spielers ein Jahresviertel im Kalender weiter und lukriert dort eine allgemeine und eine spezielle Belohnung. Nach der vierten kompletten Mühlradrunde eines Spielers wird das Spielende eingeläutet. Es kann Sinn machen, das Ende zu forcieren.
Dann werten die unterhalb des Tulpenfelds eingeschobenen Karten und die angebauten Tulpen selbst bringen zweifach Punkte. Einerseits zählen Spalten mit vier verschiedenen Tulpenfarben sowie komplett gefüllte Tulpenreihen, andererseits werten Tulpen mit Farben, deren zugeordnete Windmühlen gebaut (oder sonstwie entfernt) wurden.
Spieletester
Fazit
DIE BLUMENSTRAßE ist ein großes Spiel. Der Spielplan misst 56 x 84 cm, dazu kommen noch die privaten Tulpenfelder und die Mühlräder der Spieler sowie diverses Material wie Tulpen, Werkzeuge und Ausbauplättchen, die auch noch auf dem Tisch Platz finden müssen. Der Weg durch die Blumenstraße ist gespickt mit Symbolen, die erst verstanden werden müssen.
Die Regeln selbst sind eigentlich recht einfach, durch die Vielzahl an Optionen steigt jedoch die Bedenkzeit und damit resultiert eine doch erhebliche Downtime für die aktuell nicht aktiven Spiele. Speziell, wenn man die Mühlräder durch Werkzeug oder die Schleuse beeinflussen will. Es ist aber trotzdem durchaus möglich, den kommenden eigenen Zug vorauszuplanen.
Das Material ist gut gelungen, die Windmühlen sind hübsch, lediglich der Spielplan mit den Feldern kann leider mit der Schachtelillustration nicht mithalten und wirkt etwas lieblos hingemalt. Die Tulpenfarmen sind als Doppellayer ausgeführt, der kleine Marker für den aktuellen Guldenstand findet so einen sicheren Halt. Die Mechanik der Mühlenräder funktioniert sehr gut, die Aktionen sind gut planbar und man weiß genau, welche Aktion wann verfügbar ist. Denn auch wenn das Mühlrad beschleunigt werden kann, mehr als vier Schritte kann es auch mit Hilfe der Werkzeugplättchen nicht machen.
Ja, die Blumenstraße ich auch abseits der Spielplangröße ein großes Spiel. Ich werde mich aber wieder davon trennen. Es ist für unseren Tisch einfach zu groß.
Plus
- neuartiger Aktionsauswahlmechanismus
- einfache Grundregel
- viele Möglichkeiten
- Strategie kann angepasst werden
- sehr gutes Material
Minus
- riesiger Spielplan
- Ausbaukarten haben keine Namen, man findet ihre Beschreibung daher nicht einfach
- Symbolik gewöhnungsbedürftig
- Spieldauer eher 30-45 Minuten pro Spieler
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Details
1 Spielplan
4 Wundmühlentableaus
44 Werkzeugplättchen
4 Tulpenfarmtableaus
4 Fernhandelskarten
24 gewöhnliche und
12 seltene und
12 einzigartige Mühlradverbesserungen
195 Tulpenzwiebeln (je 39 in weiß, gelb, rot, violett und -fast- schwarz)
30 Tulpenfarmverbesserungskarten
36 Windmühlen (9 in jeder Spielerfarbe)
1 Kalenderplättchen
6 Start-Tulpenfarmverbesserungskarten (Rückseite "Wunder der Königin")
3 neutrale Scheiben
1 Schleusenanzeiger
1 Wasserstandsanzeiger
20 Spielscheiben (3 große und 2 kleine je Spielerfarbe)
15 "X"-Plättchen
4 Übersichtskarten
4 +100/+200 Plättchen
1 Spielanleitung
Solomaterial:
20 Gärtnerinkarten
1 Überdeckungsplättchen
1 Solo-Übersichtskarte
1 Solo-Spielanleitung
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