Dieses Spiel ist nur auf Englisch erhältlich.
2002: Der Genreboom der Rollenbrettspiele lag noch in der Zukunft, aber hinter den Kulissen ratterte es wahrscheinlich schon ziemlich, denn das Tempo, das die Verlage ab 2002 vorlegten, lässt vermuten, dass man sich durch die Verfilmung des Herrn der Ringe bereits vor Dungeon & Dragon - Das Abenteuerspiel kollektiv daran erinnerten, dass es da doch mal zwei Spiele namens HeroQuest und Talisman gab, die doch recht erfolgreich waren. Schließlich kamen die ersten Veröffentlichungen, und seither boomt das Genre.
Die Schnellsten im Ziel waren die Twilight Creations, Inc., ein US-Kleinverlag, der mit Zombies!!! schon seinen ersten Kulthit verbuchen konnte, der seither von den Breitensteins gnadenlos fortgesetzt, erweitert und mit Ablegerspielen variiert wird, und der es inzwischen im deutschsprachigen Raum zu einer gepflegten Pegasus Spiele-Übersetzung gebracht hat. Und weil die Twilights eben die Twilights sind, bewegen wir uns im Horrorgenre, und das noch BEVOR das Thema Fantasy den meisten Genrefans schon beim Scheitel stand: When Darkness Comes… war geboren.
Das Spiel:
Das Spiel besteht aus 6x6-Felder-Plänen, die moderne Gebäude, einen Wald und ein Höhlensystem darstellen. Zudem gibt es unzählige Disks, ein paar Zinnfiguren, einige Würfel und einen Charakterblock. Die Regeln durchgearbeitet, und schon kann’s theoretisch losgehen… Zumindest theoretisch, denn bereits bei diesem Frühwerk zeigen die Breitensteins ihr famoses Antitalent, wenn es darum geht, verständliche Anleitungen zu schreiben.
Das Spiel ist folgendermaßen aufgebaut: Jeder Spieler erhält oder kreiert einen Charakter, dem Fähigkeiten und spezielle Geschicke verpasst werden. Danach werden nach Szenarienbeschreibungen, deren Übersichtlichkeit mit "wirr" noch relativ höflich umschrieben sind, Pläne sowie auf den Plänen zu verteilende Disks verteilt oder bereitgelegt.
Das Spiel besteht im Wesentlichen darin, dass die Spieler durch diese Stadt ziehen und die Disks aufdecken, die sich am Ende ihres Zuges in Sichtweite befinden. Je nach Disk wird nun eine andere Fähigkeit des Charakters bemüht, und es gilt hier, mit den entsprechenden Würfelzahlen Pokerkombinationen zu erreichen. (In der ursprünglichen Fassung musste man übrigens jede Disk aufdecken, über die man gezogen ist, aber dann sind die Breitensteins selbst dahinter gekommen, dass diese Regel unbrauchbar war und haben sie mit der Erweiterung The Horror Within (siehe unten) erneuert.)
Es gibt folgende Disks:
Adversaries: Die „Bad Guys“ der Szenarien, die im Normalfall bekämpft werden müssen.
Begleiter: Müssen überzeugt werden, sich der Gruppe anzuschließen
Gegenstände: Müssen gesucht werden (sind Modern Day – Items wie Pistolen, Taschenlampen u.ä.)
Security Disks: Alarmsysteme, Wachleute und ähnliche störenden Einrichtungen, die es zu überwinden gilt
In allen Szenarien aber gilt die Devise, möglichst unauffällig zu bleiben, was bedeutet, nach diversen Fehlschlägen oder lauten Aktionen erhält der Spieler sog. Failure Disks. Hat ein Spieler deren drei, verliert er alle Gegenstände, die er bei sich trägt.
Eine Neueinführung... und deren Probleme:
Es ist ehrlicherweise nicht ganz leicht, ein Spiel wie When Darkness Comes... 7 Jahre nach seinem Erscheinen zu bewerten. Einerseits waren wir damals froh, dass sich in dieser Schublade überhaupt wieder etwas tat, andererseits wussten wir damals auch noch nicht, was Autoren wie Kevin Wilson oder Jason Hill in den folgenden Jahren noch aus dem Genre herausholen werden. Zudem lautet die wichtigste Regel von WDC (ich erlaube mir hiermit, den Titel in weiterer Folge abzukürzen) "Make your own rules !!!". Aber leider, leider und nochmals leider wird ziemlich schnell klar, dass WDC schon heftig am Grundkonzept krankt:
Zunächst fällt auf, dass die Breitensteins hier bereits 2002 in die Falle tappten, in die auch Kevin Wilson später mit seiner Arkham Horror-Neuauflage kopfüber springen sollte: Sehr bemüht versuchte man, aus einem Brettspiel ein Rollenspiel zu machen. Und daraus resultierten folgende Probleme: Regeloverkill, Unsteuerbarkeit und das Spiel hemmende Umständlichkeit. Was bei Wilsons Lovecraftverarbeitung die Begegnungskarten waren, sind hier die vier verschiedenen Diskarten, die jeweils völlig anders bewältigt werden müssen. Kombiniert mit der Tatsache, dass man das ganze Spiel über eigentlich nur durch die Gegend zieht und diese Disks aufdeckt, in den meisten Fällen ohne auch nur einen Anhaltspunkt zu haben, wo was liegen könnte, verliert WDC vor allem auch deshalb sehr schnell an Reiz, da es dem Spiel sozusagen den roten Faden entzieht.
Vergleicht man mit später folgenden Titeln (was prinzipiell unfair ist, das weiß ich, aber es geht jetzt nur um den Vergleich) wie Descent oder meinen Flying Frog-Liebling A Touch of Evil, so fällt schnell auf, dass es wesentlich interessanter und spielbarer ist, wenn über 90% der Zeit gekämpft wird, und diese Kämpfe zwischendurch von anderen Aktionen unterbrochen werden. Würde man sich bei WDC durch die Horrorstory prügeln und müsste sich zwischendurch einmal mit Alarmsystemen, aufdringlichen Wachmännern oder gut versteckten Gegenständen herumplagen, wären diese Elemente eine willkommene Abwechslung. Leider aber haben die Twilights versucht, allen demselben Stellenwert zu geben, und das führt direkt in die Katastrophe. Das Spiel wird dadurch aber nicht nur unsteuer- und kaum einschätzbar, sondern - und das wiegt genauso schlimm - auch viel zu umständlich und überladen, um so etwas wie Spannung, Stimmung und Spielfluß aufkommen zu lassen. So gut Ideen wie die Failure Disks auch sind, sich beispielsweise nach jedem mal Abfeuern einer Schusswaffe damit herumschlagen zu müssen, nimmt dem Spiel gehörig an Tempo.
Warum sich die Breitensteins aber nicht auf die naheliegendste Idee geworfen haben, und stattdessen die Gebäude nicht nur namentlich, sondern auch SPIELTECHNISCH unterschiedlich gestaltet haben, bleibt deren Geheimnis, dessen Auflösung mir die Breitensteins, wenn sie zwischen dem Schreiben von Zombies!!!-Erweiterungen und Ablegern mal zwei Minuten Zeit finden, gerne einmal zuschicken können: Warum bauen sich talentierte Autoren um die 15 verschiedene Gebäude, wenn dann alle gleich funktionieren?
(Und nur um es zu sagen: Ich LIEBE die Twilight'sche Zombies!!!-Serie heiß und innig!!!)
Allein auf weiter Flur aber ist WDC mit dem Problem, seine Figuren für ein Brettspiel hoffnungslos mit Werten, vor allem aber mit Fähigkeiten zu überladen. Es hat einfach einen Grund, dass man in sämtlichen Genrespielen mit drei bis sechs Fähigkeiten ausgestattet ist bzw. diese Zahl erst dann dezent um 1 steigt, wenn man seine bisherigen Fähigkeiten verinnerlicht und im Griff hat. Doch die WDC-Figuren können von Natur aus Angreifen, Verteidigen, Angriffen ausweichen, Schleichen, Zaubersprüche sprechen, Wahrnehmungschecks machen, Überzeugungschecks machen, Kraftchecks machen, um mehr als das Gewichtsmaximum tragen zu können, Schlösser knacken, Türen auftreten, Fenster einschlagen und sich und andere zu heilen versuchen. Wer mit seinen Figuren derart viele Fähigkeiten ausspielen will, braucht kein Spiel wie WDC: Der spielt Rollenspiele.
Das dürften die Breitensteins lustigerweise aber sogar geahnt haben, und haben dem Spiel optional Gamemaster-Regeln verpasst. Hier ist jede Regel des normalen Spiels durch die Willkür des Spielleiters ausgehebelt... nur dafür - es ist wie verhext - ist WDC wieder zu einschränkend.