Spieletest.at: Seit wann gibt es deinen Verlag?
Den Verlag gibt es seit 2004.
Spieletest.at: Wie bist du auf die Idee gekommen, diesen Verlag zu gründen?
Wir waren damals so eine Gruppe von drei Leuten, die sich eigentlich zwei Mal die Woche zum Spielen getroffen hat. Eine Spielerin aus unserer Gruppe wurde bei ihrer Stelle nicht genommen und hatte dadurch unerwartet viel Zeit. Wir haben uns überlegt, dass es eine prima Gelegenheit wäre, das Hobby ein bisschen weiter zu entwickeln, um mit den Spielen in die Öffentlichkeit zu gehen. 2004 waren wir dann mit 3 Spielen hier in Essen. Im Jahr 2005 haben wir uns dann leider kräftig verzankt. Dadurch habe ich 2006 den Verlag alleine weiter geführt.
Spieletest.at: Bei dem neuen Spiel Windriver wollen wir wissen, wieviele Personen bei der Entstehung mitgewirkt haben? Wie ist auch die Idee zu diesem Spiel entstanden?
Die Idee selbst ist bei mir im Jahr 2006 eingelangt. Da ist Dirk Lieken, der Autor, hier in Essen am unserem Stand, vorbei gekommen und hatte das Spiel dabei. Wir haben es hier gleich einmal gespielt und es hat uns sehr gut gefallen. Daher habe ich den Prototypen auch gleich mitgenommen. Dann haben wir es im Büro noch ein paar mal gespielt.
Bei der Entstehungsgeschichte zu
Windriver sind eigentlich sehr wenig Personen involviert gewesen, da dieses Spiel eigentlich schon fertig entwickelt war. Das heißt, wir haben selbst nichts mehr verändert, aber wir haben es natürlich in unseren üblichen Testspielrunden gespielt und spielen lassen. Aber unser Grafiker Dennis Lohausen hat natürlich viel mitgearbeitet.
2007 haben wir uns wieder getroffen und dann beschlossen, dass wir das Spiel heraus bringen.
Und jetzt, 2008, haben wir
Windriver in Essen dabei.
Spieletest.at: Das heißt, man darf bei euch Ideen auch einsenden? In welcher Form gelangen die dann am besten bei euch ein?
Wir sind eigentlich als Verlag zu klein, um für alle möglichen Projekte eine redaktionelle Begleitung machen zu können. Das heißt, bei uns können manche Spiele schon auch lange liegen bleiben. Aber wenn uns die Sache interessiert, dann bleiben wir da auch gerne dran. Wir haben ja auch schon zwei Spiele verlegt, die uns einfach vorgestellt wurden. Es gibt Leute, die melden sich per E-Mail, andere schicken gleich etwas ein oder die Autoren schauen bei einer Messe vorbei. Hier in Essen ist es natürlich immer schwierig, weil einfach soviel los ist. In Nürnberg oder Herne haben wir mehr Zeit ein Testspiel zu machen. Es gibt auch Autoren, die unser Büro in Köln besuchen und ihr Spiel vorstellen. Es ist einfach schöner, wenn man Zeit hat, das Spiel mit dem Autor durchsprechen zu können.
Spieletest.at: Das wäre für die Wiener bzw. Österreicher etwas schwierig? ;-)
Ja, für die Wiener ist es ein bisschen weit.
Spieletest.at: Wieviele Personen sind in deinem Verlag beschäftigt? Ist auch jemand rein hauptberuflich tätig?
Ja, das ist immer das große Problem, weil der Verlag einfach zu klein ist, um jemanden wirklich hauptberuflich anstellen zu können. Das heißt, all die Arbeiten werden immer am Feierabend oder an Wochenenden gemacht. Daher kann es Phasen geben, wo es zeitlich verdammt eng wird. Ich mache natürlich sehr viel, auch die Nadine Pick macht sehr viel. Zwischenzeitlich hatten wir auch einen Praktikanten, aber das kann natürlich sehr schwierig sein, weil der auch nicht beaufsichtigt wird.
Spieletest.at: Das heißt du und die Nadine, ihr leitet den Laden?
Die Nadine Pick ist jetzt neu dabei.
2006 hatte ich 2 Praktikanten und 2007 haben ich den Verlag mehr oder weniger alleine geführt (mit Dennis Lohaus, dem Grafiker). Das war Quatsch, weil es einfach zuviel war. Daher bin ich jetzt froh, dass wir wieder mehr sind, weil ich das einfach auf mehrere verschiedene Schultern verteilen kann. Und im Team macht es viel mehr Spaß.
Spieletest.at: Was arbeitest du hauptberuflich?
Ich habe noch eine Firma für Software-Entwicklung.
Spieletest.at: Welche Stückzahlgößen produziert Argentum Verlag?
Das ist immer eine schwierige Frage.
Aber um eine kalkulationsfähige Auflage zu machen, produzieren wir immer 2000 Stück.
Das heißt, ich muss auch ein Spiel erfinden, wo sich auch 1000 bis 2000 Stück verkaufen lassen.
Das ist mein Limit, das ich gesetzt habe. Der Vorteil ist, dass man natürlich bei einem kleinen Verlag auch mehr experimentieren kann. Das heißt, ich bin nicht an die Verkaufszahlen gebunden, auch wenn mich mehr verkaufte Spiele freuen.
Spieletest.at: Würdest du anderen Spieleautoren ermutigen, Spiele im Eigenverlag zu produzieren?
Jetzt gebe ich die Antwort, die ich schon oft gehört habe, wenn jemand anderer dazu befragt wurde. ;-) Aber es stimmt einfach.
Wenn man gewusst hätte, wieviel Arbeit das ist, dann hätte ich es mir vielleicht anders überlegt. Ich muss dazu sagen, dass wir das am Anfang als Team angefangen haben und daher die Voraussetzungen anders waren. Ich finde es aber gut, wenn jemand an seine eigenen Ideen glaubt und die auch selber umsetzt. Aber man sollte sich Gedanken darüber machen, warum man jetzt noch einen Verlag macht. Es gibt ja mittlerweile eine ganze Menge an Verlagen. Das heißt, wenn man nur ein Spiel machen will, dann kann man das ja auch einem bestehenden Verlag anbieten. Wenn es wirklich gut ist, dann wird es auch jemand nehmen.
Hat man aber eine eigene Idee, die komplett anders ist und keiner glaubt daran, dann ist ein eigener Verlag toll. Mich freut es persönlich, wenn kleinere Verlage immer wieder einen Erfolg aufweisen können.
Spieletest.at: Was ist die Idee bei euren Spielen?
Unsere Idee war, Spiele zu gestalten, wo man als Spieler die ganze Zeit am Geschehen involviert ist - Spiele, wo man nicht warten muss bis man wieder dran ist und die ganze Zeit mitmischen kann. Das ist uns z. B. bei dem Spiel
Gartenzwerge e.V. recht gut gelungen. Da man bei den Spielrunden eigentlich ständig mitbieten kann, egal wer gerade dran ist.
Bei
Seenot im Rettungsboot gibt es nur noch Abstimmungsrunden und keine eigenen Spielzüge für die Spieler mehr.
Daher war das die Idee einer Verlagsgründung, wo wir das Konzept dieses offenen Spielens, das diese starren Spielrunden ein wenig auflöst, der Vordergrund.
Letztes Jahr haben wir
1001 Karawane herausgebracht und das ist ein Spiel, bei dem man als Spieler schon auch darauf achten muss, was die anderen Spieler gerade machen, um die Wüste kennenlernen zu können.
Bei
Die Jagd nach dem Gral hat man z. B. gar keine eigene Spielfigur, sondern alle Spieler können alle Spielfiguren ziehen. Daher muss man darauf achten, was die anderen Spieler mit diesen Figuren machen.
Ob uns dieses Konzept jedes Mal gelungen ist, das müssen andere beurteilen.
Spieletest.at: Wie macht sich dein Verlag auf sich aufmerksam? Und wo erhält man eure Spiele?
Für uns ist die Messe in Essen natürlich sehr wichtig. Hier haben wir die Möglichkeit ein großes Publikum zu erreichen. Wir haben auch die Messe in München oder Stuttgart besucht, aber das können wir uns als kleiner Verlag so gut wie gar nicht leisten und die Anfahrt ist zu weit. Eine Möglichkeit ist, nach Herne zu fahren (Anm. d. Red.: Das liegt nördlich von Bochum)das ist von Köln aus nur eine Autostunde entfernt. Da gibt es jedes Jahr im Mai den Spielewahnsinn. Unsere Spiele gibt es mittlerweile auch schon im Groß- und Einzelhandel oder über das Internet. Das heißt, man kann unsere Spiele durchaus bekommen.
Zusätzlich möchte ich aber auch noch die Website ein wenig erweitern, damit unsere Spieler wissen, wo man auch unsere Spiele ausprobieren kann. Ich finde es einfach wichtig, dass man Spiele, von denen man gelesen hat, dass man die auch ausprobieren kann. Ich hoffe, dass ich das bald umsetzen kann.
Spieletest.at: Welche Resonanz bekommst du aus den Spielekreisen? Wie ist Feedback allgemein?
Das einzige Spiel, das mir sehr gut gefällt, bei dem es zwiespältige Reaktionen gab ist
1001 Karawane. Manche Spieler sagten, dass es toll ist, andere meinten, dass es weniger ihres ist. Ansonsten war die Resonanz durchwegs sehr positiv und . Da ist aber noch das zusätzliche Problem, dass ich bei diesem Spiel Autor und Verleger bin. Daher ist es schwer, das ein wenig zu differenzieren. Ich stehe natürlich dazu, sonst hätte ich es nicht produziert.
Trotzdem freue mich über ein positives Feedback, weil es auch einfach gut tut.
Zu dem neuen Spiel
Windriver kann ich ja noch nichts dazu sagen, da es jetzt wirklich frisch und rechtzeitig zur Messe heraus kam. Soweit war das Feedback positiv, aber trotzdem bin ich natürlich gespannt welche Reaktionen die Spieler dazu haben.
Spieletest.at: Wie war der Beginn deines Verlages. War der von Anfang an erfolgreich?
Wir hatten schon ein gutes Umfeld gehabt, wodurch wir vernünftig arbeiten konnten. Es waren ja nicht nur wir drei, sondern viele Menschen im Umfeld, die Erfahrung mit eingebracht haben. So konnten wir nicht alles falsch machen.
Trotzdem haben wir unsere Fehler gemacht. Im Jahr 2004 mussten wir einiges an Leergeld bezahlen.. Aber im Großen und Ganzen läuft es jetzt.
Spieletest.at: Woher kommen die Ideen für eure Spiele?
Bei uns kommen die Ideen wirklich von verschiedenen Seiten herein.
Wir haben Einsendungen, wie zum Beispiel
Windriver oder
Top oder Flop. Da sind ja die Autoren zu unserem Stand gekommen.
Seenot im Rettungsboot hat es ja schon mal gegeben und wurde von uns wieder aufgelegt. Ich fand es so gut, dass es einfach auf den Markt gehört sollte.
1001 Karawane ist ein Spiel von mir, wobei die Grundidee schon 25 Jahre existiert hat.
Und bei der Idee von
Gartenzwerge e.V. habe ich eine Nacht auf einer fürchterlichen Autobahnraststätte verbracht. Ich habe meinen Laptop heraus geholt und die Regeln einfach so herunter geschrieben. Daher sind die
Gartenzwerge e.V. eigentlich in einer Nacht entstanden. ;-)
Spieletest.at: Das heißt, du hast Gartenzwerge e.V. wirklich in einer Nacht geschrieben?
Ja, es gibt Ideen, die einfach spontan entstehen. Und es gibt Sachen, da arbeitet man jahrelang daran. Es gibt aber auch verschiedene Projekte, die mich interessieren, die aber noch nicht rund zu spielen sind.
Und es gibt einige Spiele, wo ich mir denke, die sind ganz einfach, aber dann mit Entsetzen feststelle, dass da schon wieder sechs oder sieben Seiten Regeln geschrieben wurden. Das heißt, an manchen Spielen arbeitet man eine Zeit lang und dann verschwinden die wieder und dann sind sie einfach wieder da.
Spieletest.at: Gibt es ein Spiel, bei dem du sagst, das war unser größter Erfolg?
Da würde ich als erstes die
Gartenzwerge e.V. nehmen, weil das unser erstes Spiel war. Es kommt nach wie vor immer noch beim Publikum an und wir haben es mittlerweile seit 4 Jahren im Sortiment. Auch das
Seenot im Rettungsboot ist ein Erfolg, weil es ein sehr vitales, aber auch böses Spiel ist. Die Idee, wo man die Spielzüge demokratisch bestimmt, zeigt eine ganz andere Form des Spielens. Und ich bin natürlich gespannt, wie das neue Spiel
Windriver ankommt.
Spieletest.at: Haben eure Spiele etwas gemein bzw. gibt es da einen Leitfaden, der sich durch alle Spiele durchzieht?
Ich glaube nicht, dass alle Spiele etwas gemeinsam haben.
Aber ich möchte schon ein wenig mit der Interaktion zwischen den Spielern herum experimentieren. Man muss bei den Spielern zwischen seinen Mitspielern am Tisch und den Gegenspieler in der Partie unterscheiden.
Bei
Top oder Flop hat man fünf verschiedene Projekte gleichzeitig. Das heißt, man arbeitet mit seinen Mitspielern gleichzeitig an diesen Filmprojekten. Mit einem Spieler arbeite ich an diesem Film und mit einem anderen Spieler an einem anderen Film. Das heißt, man muss mehrere Filme machen, sonst hat man keine Chance zu gewinnen und alleine kann man einen Film auch nicht machen.
Bei
Seenot im Rettunsboot ist es die demokratische Abstimmung.Und bei
1001 Karawane ist es die Erzählung der Geschichten von 1001 Nacht. Man kann die Wüste gar nicht alleine erforschen, daher muss man gucken, was die anderen Spieler machen.
Das heißt, wir versuchen verschiedene Formen von Interaktionen zwischen den Spielern in den einzelnen Partien einzuarbeiten, um zu sehen was man damit machen kann.
Spieletest.at: Wo bezieht ihr euer Spielmaterial her?
Wir haben alle unserer Spiele bei der Firma Ludofact herstellen lassen. Wir haben uns vorher umgesehen, wo man am besten die Spiele produzieren lassen kann - unter anderem auch in China. Aber wir sind zu dem Fazit gekommen, dass eine Produktion in Deutschland am besten ist, weil man qualitativ hochwertiges Material erhält, obwohl es teurer ist. Die Kommunikation klappt auch hervorragend und wir müssen auch keine Waren zurück schicken, weil ein Materialteil irgendwelche giftigen Chemikalien enthält.
Auch bei neue Materialideen, wie die Pappzelte von
Windriver, die es so vorher noch nie am Markt gab, hatten wir keine kommunikativen Schwierigkeiten. Wir konnten die Prototypen über den kurzen Postweg ohne Probleme hin und her schicken und so an der Verwirklichung gut feilen.
Spieletest.at: Wo steckt Arbeit drinnen, die man als Spieler so nicht sieht?
Was mir wahnsinnig schwer fällt ist die Disziplin, um Sachen bis ins Detail organisieren zu können. Eine Spielregel entsteht z. B. zum Schluss, weil da noch Ergebnisse von Testrunden hinein fließen können. Die Regeln müssen aber trotzdem rechtzeitig fertig sein, weil wir sie ja auch in deutsch, englisch und französisch anbieten und keine Rechtschreibfehler enthalten sein dürfen. Für mich ist es sehr viel Arbeit, das ganze zu organisieren, damit die Details stimmen, die Ergebnisse zum richtigen Zeitpunkt da sind, damit der Grafiker auch noch am Layout arbeiten kann usw.
Spieletest.at: Was spielst du denn für Spiele gerne?
Ich finde, dass
Junta ein fantastisches Spiel ist, weil man da auch sehr viele Interaktionsmöglichkeiten hat. Ich erinnere mich an eine legendäre Runde, wo wir fünf Vielspieler waren, und meine Schwester, die eigentlich sehr wenig spielt. Sie hat damals noch mit den Augenbrauen gezuckt, als wir ihr die Regeln erklärt haben. Wir haben sie sofort zur Präsidentin gemacht, weil sie ja die harmloseste war. Es hat wunderbar funktioniert, weil da sechs Leute saßen, die die miesesten strategischen Winkelzüge offenbarten. Ich finde eben, dass ein Spiel das Viel- und Gelegenheitsspielern standhält, ohne, dass der Spielspaß verloren geht. Das finde ich toll.
Auch
Ave Caesar ist ein wunderbares Spiel. Da finde ich gut, dass man statt würfeln Karten spielt und daher alle Spieler am Ende die gleichen Chancen haben. Ein wunderbares Ärgerspiel, einfach erklärt, das man auch mit der Familie unter dem Weihnachtsbaum spielen kann.
Auch
Land Unter ist ein fantastisches Spiel, das ganz einfache Regeln hat.
Spieletest.at: Vielen Dank für das Gespräch und ich wünsche dir und deinem Verlag weiterhin viel Erfolg!