Spieletest.at: Wofür steht arte ludens, wie kam es zu diesem Namen?
arte ludens ist lateinisch und heißt durch oder mit Kunst spielend. Da wir an unsere Spiele den Anspruch haben, dass sie künstlerisch attraktiv gestaltet sind, fanden wir den Namen arte ludens sehr passend.
Spieletest.at: Wer von Ihnen beiden kam auf die Idee, einen Spieleverlag zu gründen? Worin lag die Zielsetzung?
Auf die Idee, einen Spieleverlag zu gründen, kam Claudia Roemmel. Ich hätte die Spiele lediglich für den Privatgebrauch verwendet. Ziel ist es, Spiele, die wir selbst gerne spielen, einem größeren Publikum zugänglich zu machen.
Spieletest.at: Woher kennen Sie einander?
Wir waren früher beide auf der Bühne tätig (Tanz, Theater, Musik) und haben uns bei einer Pressekonferenz kennen gelernt. Die gemeinsame Begeisterung für Spiele kam erst später.
Spieletest.at: Wie sieht die Arbeitsaufteilung zwischen Ihnen beiden aus?
Ich habe in der Regel die Grundidee für ein Spiel. Dann sitzen wir zusammen und spielen und verfeinern die Regeln. Claudia Roemmel entwirft das Design für das Endprodukt. Ich suche Produktionsfirmen für Würfel, Holzteile und Verpackungen.
Spieletest.at: Wie viel Erfahrung haben Sie mit Gesellschaftsspielen / in der Spieleszene gehabt, ehe Sie den Verlag gegründet haben?
Wir haben vor der Verlagsgründung ca. 10 Jahre ohne Spielen verbracht. Unser Spielen fand auf der Bühne statt. Somit sind wir ohne Erfahrungen losmarschiert. Wir haben festgestellt, dass es einfacher ist, selbst Spiele zu entwickeln, die uns gefallen, anstatt uns zuerst durch die Spielelandschaft zu kämpfen.
Spieletest.at: Gab es auch die Überlegung, Ihr erstes Spiel einem renommierten Verlag anzubieten? Also ganz ohne Risiko des selbständigen Unternehmers?
Nein, diese Option haben wir bereits zu Beginn verworfen. Da wir beide seit Jahren freiberuflich tätig sind, ist ein selbständiges Unternehmen für uns kein rotes Tuch. Zudem wollten wir uns nicht von einem Verlag in ein Spiel reinreden lassen. Mit der Energie, die man braucht, um Verlage anzuschreiben, zu warten, neue Verlage anzuschreiben, zu warten, usw... kann man genau so gut auch selbst loslegen. Und es macht sogar Spass.
Spieletest.at: Wie gehen Sie an die Entwicklung eines Spiels heran, woher kommen die Ideen, wer ist Ihnen bei der Feinabstimmung behilflich?
Das ist jedes Mal ein bisschen anders. Die Ideen für neue Spiele sind meistens Spontaneinfälle. Es kommt vor, dass ich von Spielen träume, die ich dann am Morgen versuche, zu rekonstruieren. Das Spiel wird meistens nicht so wie das im Traum, aber das Traumspiel war der Auslöser. Ein anderes Mal hatte ich auch schon auf einem Spaziergang eine spontane Idee. Und machmal geht es auch ganz pragmatisch zur Sache. Wir hatten den Fall, dass wir unpassendes Material für ein Spiel bestellt hatten. Da saßen wir dann mit dem Material und fragten uns: Was machen wir nun für ein Spiel, bei dem wir dieses Material brauchen können. Heraus kam
kuado.
Wenn die erste Idee steht, baue ich einen Prototypen, welchen wir dann ausgiebig testen. Dabei werden die Regeln noch ergänzt und verfeinert. Sobald die Regeln stehen, schreiben wir eine Spielanleitung, damit wir das Spiel an Testpersonen abgeben können. Mehr als ein Dutzend Personen protokolliert die Spielverläufe und versorgt uns mit Anregungen für Verbesserungen.
Spieletest.at: Wie lange dauert es bei Ihnen, bis aus einer Idee ein verkaufsfertiges ein Spiel wird?
Von der Idee bis zu den fertigen Regeln (noch ohne Spielanleitung) dauert es maximal 2 Wochen. Das scheint kurz, ist aber realistisch für ein gutes Spiel. Eine Anforderung, die wir an unsere Spiele haben, sind einfache Regeln. Wenn wir innerhalb von 2 Wochen noch keine einfachen Regeln gefunden haben, werden wir sie auch in einem halben Jahr nicht finden. Das Spiel funktioniert nicht. Vielleicht schafft es das Spiel noch in unsere Privatsammlung, aber selbst dies ist selten. Bis zu den ersten verkaufsfertigen Exemplar vergehen sechs bis zwölf Monate.
Spieletest.at: Wird es in Zukunft auch Spiele anderer Autoren bei Ihnen geben?
Wir werden auch in Zukunft unsere Spiele selbst entwickeln. Die Ideen sind uns noch nicht ausgegangen. Wir verlegen keine Spiele von anderen Autoren.
Spieletest.at: In welchen Stückzahlen fertigen Sie?
Wir fertigen in kleinen Stückzahlen, 500 pro Spiel. Folgende Spiele sind bislang erschienen:
dynamory (2006)
togg (2006)
kuado (2006)
pendur (2007)
kippl (2008)
Spieletest.at: Wo lassen Sie fertigen? Legen Sie selbst Hand an?
Die Holzteile werden von deutschen Holzwaren-Produzenten hergestellt und gefärbt. Handarbeiten wie das Anbringen von Aufklebern und die Konfektionierung machen wir selbst.
Spieletest.at: Ist der Verlag Ihr Hauptberuf, könnten Sie davon leben? Gibt es im Verlag Angestellte?
Vom Spieleverlegen können wir nicht leben. Ich arbeite als Softwareentwickler, Claudia Roemmel als Tanzpädagogin und Webdesignerin. arte ludens ist ein Zwei-Personen Betrieb. Wir haben keine weiteren Angestellten.
Spieletest.at: Wie sehen Ihre Vertriebskanäle aus? Wo liegen die Hauptabsatzmärkte?
Die meisten Bestellungen laufen
über unsere Internetseite. Es gibt einige wenige Spezialitäten-Läden in der Schweiz und in Deutschland, wo unsere Spiele verkauft werden. Hauptabsatzmarkt ist der deutschsprachige Raum.
Spieletest.at: Welche Marketingmaßnahmen treffen Sie, um auf den Verlag aufmerksam zu machen?
Wir sind jedes Jahr mit einem Stand an einer oder zwei Messen vertreten. Zudem stellen wir unsere Spiele an lokalen Lern- oder Spieleveranstaltungen vor. Die beste Werbung ist und bleibt aber die von Mund zu Mund.
Spieletest.at: Bekommen Sie auch auf anderem Weg Rückmeldungen von Spielern?
In der Regel kommen die Rückmeldungen in Form von neuen Bestellungen.
Spieletest.at: Was war Ihr bislang größter Erfolg? Konnten Sie Auszeichnungen erringen?
Das Spiel
pendur war für den deutschen Lernspielpreis 2007 nominiert.
Spieletest.at: Seit dem Markteintritt sind rund zwei Jahre vergangen. Gab es in dieser Zeit auch Rückschläge?
Es ist ärgerlich, wenn wir eine gute Spielidee haben, aber keinen Weg finden, diese kostengünstig umzusetzen.
Beim Spiel
togg haben wir Rückmeldungen von Farbenblinden erhalten, dass sie gewisse Farben nicht unterscheiden können. Seither geben wir uns
Mühe, diesen Aspekt zu berücksichtigen.
Spieletest.at: Nennen Sie jene Punkte, die Ihnen an den eigenen Spielen wichtig sind.
- Kurze, einfache Regeln, aber trotzdem ein anspruchsvoller Spielablauf.
- Kein Spielbrett
- Förderung von Gedächtnis oder Vorstellungsvermögen
- Visuell ansprechendes Design
- Holzmaterial
Spieletest.at: Ihr bisheriges Lieblingsspiel aus eigener Feder?
Das neueste Spiel ist immer das Lieblingsspiel.
Spieletest.at: Wenn Sie nicht gerade ein eigenes Spiel spielen – welche Spiele haben es Ihnen dann angetan?
Rasende Roboter,
Corona,
Abalone
Spieletest.at: Würden Sie es das nächste Mal genauso machen und einen eigenen Verlag gründen? Würden Sie anderen Autoren zu diesem Schritt raten?
Wir würden es bestimmt wieder so machen. Natürlich kam es vor, dass wir Spielmaterial bestellt haben, welches eine schlechte Qualität hatte, so dass wir es nicht brauchen konnten. Man lernt aber viel, wenn man solche Erfahrungen macht. Ich würde allen AutorInnen zu diesem Schritt raten. Alles was man braucht ist Zeit, Geld und Platz. Zeit ist das einzige, was wir alle gratis zur Verfügung haben. Geld kann man organisieren (z.B. ein Jahr lang nicht in Urlaub fahren). Und Platz... dies ist wohl die entscheidende Frage. Unsere Spiele haben eher kleine Verpackungen, so dass wir nicht soviel Platz brauchen.
Spieletest.at: Wie viel Arbeit steckt hinter einem Verlag, die für den Käufer auf den ersten Blick nicht sichtbar ist?
Zuerst kommt die Suche nach einer Firma, die das Spiel oder Teile davon produzieren kann. D.h. Angebote anfordern, vergleichen, entscheiden. Wenn die Einzelteile beisammen sind, wird das Spiel fertig erstellt. Bei unseren Spielen
pendur und
dynamory bringen wir selbst die Aufkleber auf den Spielsteinen an. Anschließend folgt die Konfektionierung. Einzelteile abzählen und in die Verpackung rein. Spielanleitung ausdrucken und falten. Diese Schlussarbeiten sind sehr zeitintensiv und eher langweilig.
Spieletest.at: Gibt es schon neue Projekte, die in absehbarer Zeit zur Marktreife kommen?
Im Moment sind wir mit einem neuen Spiel in der Phase der ProduzentInnen Suche. Wenn wir eine günstige Produktionsmöglichkeit finden, wird das Spiel 2009 erscheinen, wenn nicht, müssen wir uns was anderes überlegen. Zum Spiel selbst möchte ich noch nichts sagen.
Spieletest.at: Was möchten Sie unbedingt noch erreichen?
Wenn wir irgendwann von dem Erträgen des Verlages leben könnten, wäre das natürlich schön. Wir werden sehen.
Spieletest.at: Wohin werden sich Brettspiele in Zukunft entwickeln? Sehen Sie einen Trend, den man nicht verpassen darf?
Ich denke, es wird immer zwei Richtungen geben. Die einen, die gerne mit puren Spielen arbeiten (wenig Material, einfache Regeln, kurze Spieldauer). Und die andern, die aufwändige Spiele (viel Material, lange Regeln, lange Spieldauer) mögen. In Zukunft sehe ich Brettspiele, bei denen das Spielbrett durch einen Tablet-PC ähnlichen Screen ersetzt wird. Man braucht dann nur noch ein Spielbrett, auf dem sämtliche Spielbretter angezeigt werden können. Dazu kommen Soundeffekte und animierte Spielpläne.
Spieletest.at: Herzlichen Dank für das Inverview und viel Erfolg für die nächsten Projekte!