Geht es nach Telekommunikationsanbieter und eSports-League-Partner A1, so soll Wien den Weg der polnischen Stadt Katowice gehen und in absehbarer Zukunft eine waschechte eSports-Metropole werden. Diesem Wunsch stehen jedoch neben einiger Jahre an Vorbereitungszeit auch zahlreiche Grundsatzprobleme im Weg. Es stellt sich außerdem die generelle Frage: Ist eSports in Österreich auf relevantem Niveau überhaupt umsetzbar beziehungsweise besteht zumindest Interesse daran?
Das Phänomen „Katowice“ wird in der Gaming-Welt gerne erzählt: Die rund 300.000 Einwohner große Stadt in Polen war früher, wenn überhaupt, vor allem als „Bergbaumetropole“ bekannt. Seit 2014 lockt Katowice aber – mit Ausnahme einer Unterbrechung aufgrund der Corona-Pandemie – immer im Februar Scharen an Fans aus aller Welt in die knapp 12.000 Besucher-fassende Spodek Arena zum Saison-Finale im eSports-Shooter Counter-Strike: Global Offensive. Die Tickets sind lange vor dem Turnier ausverkauft, in der Halle herrscht Stimmung auf Fußball-Länderspiel-Niveau.
Eine Kategorie darunter, in der nicht-eSports-aber-zumindest-echten Metropole Wien, fand am 18. Juni das A1 eSports Festival im Austria Center Vienna statt. Zelebriert wurden hier in tollem Rahmen einerseits das erste lokale Gaming-Event seit knapp drei Jahren, andererseits das fünfjährige Jubiläum der Serie. Die Erwartungshaltung im Hinblick auf das potenzielle Publikumsinteresse war niedrig, zur positiven Überraschung der Veranstalter (A1 und der E-Sports-Verband Österreich) wurden aber bereits einen Tag vor Beginn des eintägigen Festivals alle 3.000 Eintrittskarten verkauft.
Große Ziele, große Hindernisse
Mit dem fünfjährigen Bestehen der eSports League zogen die Verantwortlichen in einem Business-Talk während des Festivals auch eine Bilanz der ersten Zeit, erklärten die Motivation hinter dem Engagement und beschrieben, welche Ziele noch erreicht werden sollen.
Die wohl markanteste Botschaft dieses Talks: Wien kann und soll – zumindest in den Augen von Hauptsponsor A1 – in den kommenden Jahren dem Vorbild Katowice folgen, im Fußballjargon quasi „ein Champions-League-Finalort“ werden. Was beim Fußball immer wieder „nur“ im leidigen Thema „Nationalstadion“ mündet, birgt aber im österreichischen eSports-Universum ganz andere und vor allem auch fundamentalere Probleme:
Vielleicht ändert an dieser Einstellung ja das am 18. Juni ausverkaufte Austria Center etwas. Das erste Gaming-Festival seit langer Zeit war zumindest für österreichische Verhältnisse ein gutes Zeichen, dass eSports auch in Österreich funktionieren kann. In welchem Ausmaß das auch in Zukunft der Fall sein wird, hängt ganz von der Unterstützung durch Bevölkerung, Politik und Wirtschaft ab. Ist der Wille da und sollte dieser auch nachhaltig sein, dann könnte in den kommenden Jahren zumindest ein großes, internationales Finale in Österreich stattfinden und Wien tatsächlich Katowice 2.0 werden.
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