Spieletest.at: Was ist deine Aufgabe als "Übersetzer-Spezialist?"
Ryan: Ich bin eher ein Koordinator als ein Spezialist. Im Endeffekt ist der größte und wichtigste Teil meiner Arbeit die richtigen Leute mit den richtigen Aufgaben zu betrauen und dann die Deadlines im Auge zu behalten. Außerdem betreue ich neue Mitarbeiter. Die sind zunächst als Lektoren eingesetzt und wenn nach einigen Projekten klar ist, "das passt" frage ich nach, ob derjenige als Übersetzer arbeiten möchte.
Spieletest.at: Wie werden euch denn die Texte, die es dann zu übersetzen gilt, zur Verfügung gestellt? Bekommt ihr da eine Vorabversion des Spiels?
Ryan: Fast ausschließlich digital. Wenn wir viel Glück haben, bekommen wir auch noch ein physisches Exemplar. Was jetzt seit Corona sehr stark an Stellenwert gewonnen hat, ist die Tatsache, dass es immer häufiger eine digitale Version des Spiels gibt, z.B. über den „Tabletop Simulator“. Damit ist es dann sogar möglich, sich direkt mit dem ausländischen Entwickler zusammenzuschließen und das Spiel mit ihnen zusammen zu spielen, um dann auch zu verstehen, wie es funktioniert und worauf es in der Übersetzung ankommt.
Spieletest.at: Wieviel Zeit habt ihr effektiv für eine Übersetzung
Ryan: Das ist sehr unterschiedlich. Beim Großteil der Projekte organisiert unser Verlagspartner die Produktion des Spiels selbst. Das heißt, die haben schon im Vorfeld mit der Fabrik, welche das Spiel dann produziert, ausgemacht, welchen Produktionsslot sie für das Spiel einplanen sollen. Dementsprechend kriegen wir die Deadlines vorgegeben, die dann auch zwingend einzuhalten sind. Gab es irgendwo im Vorfeld eine Verschiebung, wird in der Regel bei uns die Zeit gekürzt. Ich rechne aber idealerweise für ein normal großes Lokalisierungsprojekt mit zwei Monaten. Wir haben da einen festen Ablauf: Erst wird übersetzt, dann kommt die Rohübersetzung in das erste Lektorat. Das geht dann zurück an mich und ich – in Zusammenarbeit mit dem Übersetzer – erstell eine finale Übersetzung. Diese geht dann zum Layouter in den Satz und wenn der dann fertig ist, dann kommts zur zweiten Lektoratsrunde. Da schauen sich die Lektoren dann die Druckdaten an, also wirklich so, wie das fertige Projekt ausschauen soll. Deren Anmerkungen und Änderungen lass ich dann wieder einfließen und erstelle mit dem Layouter die finale Druckfassung.
Damit haben wir sechs Schritte, für die Übersetzung rechne ich zwei Wochen, für jeden anderen Schritt eine Woche plus eine Woche Puffer. Das sind dann insgesamt 8 Wochen, also 2 Monate.
Spieletest.at: Gibt’s denn irgendeine „Hochsaison“ was Brettspiele angeht, oder habt ihr das ganze Jahr über grob die gleiche Projektzahl?
Ryan: Ja, die gibt es, klar. Das ist typischerweise im Mai, das ist so die Deadline, bis wann ein Spiel lokalisiert werden muss, um es noch bis zur Spiele-Messe in Essen fertigzustellen. Da müssen wir dann alle wirklich viel gleichzeitig packen. Daher möchte ich kurz Werbung machen: Sollte sich jetzt irgendeiner angesprochen fühlen und sich denken, er würde uns auch gern als Lektor oder als Übersetzer unterstützen, darf er oder sie sich gerne jederzeit bei uns melden.
Hier geht’s direkt weiter mit Yaras Interview, welche die Lektoren betreut.
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