Bei der Nintendo Switch ist der Name Programm. Die Japaner wollen hier eine Konsole bieten, die sowohl als Handheld als auch als Heimkonsole funktioniert – und der „Switch” zwischen den beiden Funktionen geht tatsächlich in Sekunden vonstatten.
Aber sehen wir uns den Aufbau der Konsole genauer an.
Die Konsole
Im Handheld-Modus erinnert die Switch frappierend an das Wii U GamePad, ist doch das Herz beider Geräte ein 6,2"-Touchscreen mit den Controller-Tasten links und rechts davon. Die Switch präsentiert sich allerdings um einiges schlanker.
Der besondere Clou, der den Unterschied macht: Während das Wii U GamePad ein Zubehör für die gleichnamige Konsole war und das Spielen darauf somit nur in Funkreichweite möglich war, ist die Nintendo Switch bereits die vollwertige Konsole. Der Spielradius wird also nicht nur auf’s Klo, sondern gleich in die Öffis, das Büro, ja sogar die Urlausdestination am anderen Ende der Welt ausgeweitet.
Wird die Konsole in die mitgelieferte und an das TV-Gerät angeschlossene Docking Station gesteckt, kann das Spiel direkt am TV fortgesetzt werden – und das nahezu verzögerungslos. Um die Konsole weiterhin steuern zu können, können die Controller-Teile, die sogenannten Joy-Cons, abgenommen und per Schienensystem auf ein separates Controller-Skelett aufgesteckt werden. Alternativ kann auch ein (allerdings nicht im Lieferumfang enthaltener) Pro-Controller verwendet werden, wie wir ihn bereits von der Vorgängerkonsole kennen.
Beide Controllerhälften verfügen ebenfalls über Schultertasten und können so jeweils als eigenständige Controller verwendet werden. Auf einer Switch können also mit abgedockten Joy-Cons zwei Spieler gleichzeitig spielen – und das eben auch unterwegs, da die Switch gleichzeitig als Monitor und Konsole fungiert.
Doch genug der Theorie. Wie sich die Konsole in der Praxis schlägt, lest ihr weiter unten.
Das Spiele-Lineup
Einer der Launch-Titel trägt den bezeichnenden Namen 1-2-Switch. Hierbei handelt es sich um eine Minispielsammlung, also den geistigen Nachfolger von Wii Sports. Anders als das wohl bekannteste Spiel für die Wii U liegt 1-2-Switch der Konsole allerdings nicht bei. Das tut nämlich gar kein Spiel. Wer sich die Switch für etwa 330€ leistet, kann damit zwar vielleicht einen stylischen Taschenspiegel (einen sogenannten Black Mirror) sein eigen nennen, mit dem Gerät sonst allerdings erstmal noch nicht wirklich etwas anfangen. Gerade für den Casual-Verbraucher mit schmalem Geldbeutel könnte dies eine nicht ganz unerhebliche Kaufhürde darstellen.
Gleichzeitig mit der Konsole stehen ab dem 3. März neben 1-2-Switch noch einige andere Launch-Titel in den Regalen. Der mit Sicherheit wichtigste darunter: Das langerwartete The Legend of Zelda: Breath of the Wild. Zwar kommt das Spiel auch noch auf die Wii U, aber so viel sei verraten: Auch unterwegs mit Link auf Abenteuerreise gehen zu können, stellt schon einen erheblichen Mehrwert dar. Mehr Details zum Spiel gibt es in unserem Testdazu zu lesen.
Ein weiteres Highlight bietet Nintendo mit Snipperclipps. In diesem Puzzle-Spiel gilt es, sich zu zweit durch zahlreiche Level zu rätseln, indem man kooperativ seine beiden Jolly-förmigen Hauptfiguren durch geschickte Überlagerung auf die passende Form zusammenschnippselt. An Attraktivität gewinnt das Spiel weiterhin dadurch, dass es im Gegensatz zu 1-2-Switch kein Vollpreistitel, sondern für etwa 20€ zu haben sein wird.
Neben einigen Indie-Titeln komplettiert Super Bomberman R die Release-Day-Liste.
Die Highlights später im Jahr sind noch Mario Kart 8 Deluxe, ein futuristisches „Boxspiel” namens ARMS, im Sommer Splatoon 2 und im Winter schließlich Super Mario Odyssey – ein womöglich würdiger Nachfolger von Super Mario 64.
Außerdem springen wieder einige 3rd-Party-Entwickler auf den Nintendo-Zug auf. So bringt Ubisoft seinen Wintersporttitel Steep und Just Dance 2017 auf die Switch, während EA Sports den Fußballhit FIFA für den Konsolen-Hybriden adaptiert.
1-2-Switch – Einen an der Murmel
Die Minispielsammlung 1-2-Switch ist – wie der Name schon vermuten lässt – eigens auf die neue Konsole und deren Bedienkonzept zugeschnitten und kann damit als perfekte Techdemo hergenommen werden. Was gleichzeitig auch der größte Schwachpunkt des Spiels sein könnte. Genau wie eine solche fühlt es sich nämlich auch an.
Der Titel wird 28 Minispiele enthalten, die darauf ausgelegt sind, seinen Blick von der Konsole ab- und seinem Gegenüber zuzuwenden. Die Switch kann also beispielsweise per eingebautem Standfuß einfach auf einem Tisch abgestellt werden. Jeder der Spieler erhält einen der beiden Joy-Cons (die übrigens in den Farben rot und blau oder in neutralem grau daherkommen). Im Paket enthalten sind hierfür zwei Adapter, die auf die Controller aufgeschoben werden können und nicht nur die oft belächelte Handschlaufe, sondern auch einen Extender für die sonst sehr klein geratenen Schultertasten bieten.
Was man den Spielen nicht vorwerfen kann, ist mangelnde Vielfältigkeit. Vom Western-Duell, bei dem die Duellanten auf's Zeichen schneller ziehen und abdrücken müssen als das Gegenüber, über Tischtennis, Safe-Knacken, indem man Controller vorsichtig dreht, bis er „klickt”, bis hin zu Wett-Melken (und ja, man fühlt sich dabei so bescheuert wie es klingt) wird alles geboten.
Ein Spiel hat uns jedoch besonders sprachlos zurückgelassen, denn es zählt zur Kategorie „kann man nicht beschreiben, musst du selbst ausprobiert haben”. Und zwar emuliert dabei der Joy-Con eine Box, in der sich Murmeln befinden. Durch Neigen und Drehen der Box soll dabei erfühlt werden, um wie viele Murmeln es sich handelt. Und so unglaublich das auch klingen mag: Würde man mir die Augen verbinden und erzählen, dass ich eben so eine Box in Händen halte, ich würde es ohne auch nur kurz zu zweifeln glauben. Was das HD Rumble genannte Feature hier leistet, ist schlichtweg faszinierend. Wir spüren, wie Murmeln über den Boden der Box rollen und dann mehr oder weniger sanft an den Innenwänden anstoßen.
Die Hardware – Unterwegs ist man weniger allein
Das Hauptargument für einen Kauf der Switch ist sicherlich der Handheldmodus. Und der kann überzeugen. Mit knappen 400 g bringt die Switch etwa doppelt so viel Gewicht auf die Waage wie ein iPhone 7 Plus. Wer es also schafft, in jeder Hand ein Smartphone zu halten, der sollte auch mit dem erstaunlich geringen Gewicht der Konsole zurechtkommen.
Das 6,2 Zoll große Display (zum Vergleich: das Samsung Galaxy S7 misst 5,1 Zoll) löst in 720p auf. Ja, das ist nicht FullHD. Aber nein, die Auflösung ist nicht nur ausreichend (sämtliche Texte sind gut zu lesen), sondern natürlich auch akkuschonender als ein Display höherer Auflösung. Mit einer Akkuladung schafften wir ziemlich genau drei Stunden Zelda. Ein durchaus akzeptabler Wert.
Aufgeladen wird die Konsole entweder, indem man sie in die Docking-Station steckt, oder aber über das mitgelieferte USB-C Kabel. Der Haken an der Sache: Dem Paket liegt nur ein Ladekabel bei. Und das ist eben jenes Kabel, das auch verwendet wird, um die Docking-Station mit Energie zu versorgen. Wer also nicht dauernd umstecken und dennoch unterwegs aufladen möchte, wird um die Anschaffung eines weiteren Ladegeräts nicht herumkommen. Das Laden mittels handelsüblicher Powerbank ist übrigens nicht möglich, diese sind zu schwachbrüstig, was die Ausgangsleistung angeht.
Der interne Speicher der Switch beträgt lediglich 32 GB (das Betriebssystem weggerechnet bleiben sogar nur noch 25 GB übrig), dieser kann jedoch beliebig mittels SD-Karte erweitert werden. Die Spiele werden auf eigenen Cartridges ausgeliefert, für die ein eigener Steckplatz auf der Oberseite vorgesehen ist. Die Switch ist damit auch nicht abwärtskompatibel.
Ebenfalls auf der Oberseite der Switch befinden sich die Lüftungsschlitze. Ja, Wärme steigt auf, macht also durchaus Sinn. Inwieweit das die eventuelle Spritzwasserfestigkeit der Konsole beeinflusst, können wir allerdings nicht sagen – und möchten wir ehrlich gesagt auch nicht ausprobieren …
Das Stecksystem der Joy-Cons funktioniert problemlos. Zwar spielen wir daheim lieber auf dem Pro Controller, der um einiges angenehmer in der Hand liegt als die zusammengestöpselte Joy-Con-Variante, aber auch diese erfüllt ihren Zweck und lässt sich gut bespielen.
Ein Problem, von dem bereits öfters im Internet zu lesen ist, hat auch uns ereilt: Der linke Joy-Con verliert plötzlich die (Funk-)Verbindung zur Konsole, woraufhin sich das Spiel nur noch sehr sporadisch bis gar nicht mehr steuern lässt. Ein Neustart leistet hier Abhilfe. Wir sind gespannt, ob es sich hierbei um einen Hardware-Fehler handelt oder ob dieser Bug mit einem Software-Update wieder ausgebügelt werden kann.
Das Interface
Das Menü der Switch wirkt sehr aufgeräumt und ist um einiges übersichtlicher als das Dashboard einiger anderer Konsolen. Das liegt mitunter aber auch daran, dass viele dort vorhandene Zusatzfeatures einfach ausgespart wurden. So wird es (vorerst?) keine Apps wie YouTube oder Netflix geben, was die Switch zur reinen Spielkonsole macht und sie so deutlich von den anderen Konsolen abhebt, die meist als komplettes Entertainment-Center fungieren. Immerhin eine Screenshot-Funktion gibt es jetzt, die sogar einen eigenen Hardware-Button spendiert bekommen hat.
Am Startbildschirm kann man zwischen den installierten Spielen wählen, nach einem Klick darauf wird man gefragt, mit welchem der auf der Konsole angelegten Nutzerprofile man dieses spielen möchte. Diese Art der Nutzerverwaltung gefällt uns sehr gut, auch wenn dies natürlich damit einhergeht, dass das Hauptmenü bei allen Spielern gleich aussieht. Mehr Einstellungen als die Auswahl des Stiles von schwarz auf weiß oder weiß auf schwarz bietet die Individualisierung aber ohnehin nicht.
Fazit
Ja, die Nintendo Switch überzeugt. Sie überzeugt als Handheld mit Konsolen-Feature. Als Konsole mit Handheld-Feature ist sie dann doch ein wenig zu schwach auf der Brust, um in direkte Konkurrenz zu seinen Brüdern von Sony und Microsoft zu treten. Zelda läuft zum Beispiel nicht immer zu 100 Prozent flüssig. Auch fehlen noch Zusatzfeatures wie beispielsweise YouTube oder Netflix, die bei der Konkurrenz praktisch zum guten Ton dazugehören.
Würden wir uns die Switch kaufen? Jein!
Langfristig ja, zum Release vermutlich noch nicht. Zelda ist für Fans zwar womöglich ein Kaufgrund, wer auf mobiles Gaming verzichten kann, kann jedoch auch auf die Wii U-Version zurückgreifen.
1-2-Switch ist witzig, ob es tatsächlich den Vollpreis wert ist oder doch zu schnell langweilig wird, können wir allerdings erst nach einem längeren Test sagen.
Vermutliche Gamechanger könnten Multiplayertitel wie Mario Kart 8 Deluxe werden, die den Mehrwert der Konsole (spielen wann ich will, wo ich will und mit wem ich will) besser ausnutzen. Spätestens bei Super Mario Odyssey würden wir aber vermutlich zuschlagen, wenn das Spiel hält, was die Trailer versprechen. Und wer weiß, wie bis dahin die Preisgestaltung oder die Bundle-Politik seitens Nintendo aussieht.
Ravensburger Gewinnspiel 6/2023