Theomachie

Theo, mach hie, wir fahr’n nach Lodz, oder … halt, da bin ich auf dem falschen Dampfer. Das Spiel Theomachie kommt zwar auch aus Polen, hat aber mit dem Theo nichts zu tun, sondern mit Gottheiten, daher Theo.
Weit weniger als göttlich ist leider die Spielregel, oftmals zur Hand genommen und wieder weggelegt, deshalb erfolgt dieser Bericht auch weit später als geplant. Aber irgendwann muss (und will) man sich mal durchkämpfen, recherchieren, Rückfragen stellen, bis sich das Dunkel langsam lichtet. Es gibt bisher keine englische Regel, an der ich mich hätte orientieren können – vorausgesetzt, die wäre besser als die polnische oder deutsche, was oft, aber nicht immer der Fall ist. Polnisch kann ich nicht, und die deutsche Regel ist zwar in einwandfreiem Deutsch geschrieben, aber hilft erstmal nicht wirklich weiter. Nach dem Lesen bleiben zu viele Fragezeichen, und das ist schade, denn Theomachie ist durchaus ein bemerkenswertes Spiel, sowohl in seiner „einfachen“ Spielweise, um die es hier gehen soll, als auch im Fortgeschrittenenspiel. Gutes Spiel, schlechte Regel – das ist das Los nicht nur dieses Crowdfunding-Projekts.

Auf einen kurzen Nenner gebracht ist Theomachie ein Pokerspiel mit Deckbau-Mechanismus. Wie bei solchen Spielen üblich, hat jeder Spieler einige anfängliche Karten, entweder selbst zusammengestellt, in gewisser Weise zumindest und wenn man das Spiel schon gut kennt, oder mit einem für Anfänger (auf jeden Fall) empfohlenen Kartensatz. Außer Karten haben die Spieler noch Geld, oh nein, Geistliche sind das hier, mit verschiedenen Werten als Pappplättchen. Auch die einfachen Gläubigen gelten als Geistliche, das sei dem Spieljargon geschuldet, dann gibt es noch die höherwertigen oder stärkeren Priester und Propheten.

Grundsätzlich ist der Spielablauf einfach: Die Spieler müssen einen Gläubigen, später im Spiel zwei, schließlich drei als Grundeinsatz setzen, den sie in mehreren Wettrunden erhöhen können bzw. sie können mit einem erhöhten Gebot gleichziehen. Das ist einfach zu handhaben, aber schlecht erklärt, ich muss immer wieder darauf zurückkommen, leider. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich kein Pokerspieler bin, aber das sind viele andere Spieler auch nicht. Überlebt nur ein Spieler die Wettrunden, weil alle anderen gepasst haben, ist er der Sieger, bekommt seinen Einsatz zurück und einen Priester obendrein, während die anderen ihre Einsätze verlieren. Überleben mindestens zwei Spieler die Wettrunden, kämpfen sie gegeneinander. Dabei zählt der bisher getätigte Wetteinsatz, den man mit Kraftkarten verstärken kann; den Kampf kann man natürlich mit Karten auch anderweitig beeinflussen. Ein Kampf kann durchaus mit einem Gleichstand enden, dann gibt es mehrere Sieger der Spielrunde.

Und wo bleibt dabei der Deckbau-Mechanismus? Zum einen spielt man während der Wettrunden Karten oder vielmehr kann Karten spielen, falls man möchte und das überhaupt möglich ist, um auf verschiedene Weise Einfluss zu nehmen. Zum anderen muss jeder Spieler zum Ende jeder Spielrunde eine sog. Gebetskarte aus einer offenen Auslage oder vom verdeckten Stapel kaufen, teilweise kostenlos, teilweise kostenpflichtig. So wird, wie üblich, nach und nach das Deck aufgebaut, Ablagestapel, Nachziehstapel usw., das ist hinlänglich bekannt und muss hier nicht weiter erläutert werden.

Außer der offenen Auslage der „Gebetskarten“, das sind einfach alle Karten, die man im Deck haben kann, gibt es noch die Auslage der Elementkarten. Es gibt vier Elemente, hier „Sphären“ genannt, Erde, Feuer, Wasser und Luft, jeweils mit sog. Chaos- oder Ordnungssymbolen versehen. Will ein Spieler - bevor er seinen Einsatz erhöht, gleichzieht oder auch einfach nur abwartet - eine Karte spielen, muss er erst prüfen, ob er sie überhaupt spielen kann. Fast jede Karte zeigt oben eine bestimmte Anzahl Sphärensymbole und eine Zahl für Chaos- oder Ordnungssymbole. Diese Anzahl Sphärenkarten und Chaos- oder Ordnungssymbole muss in der Reihe der Elementkarten und der eigenen ausgespielten Karten liegen, um die Karte spielen und ausführen zu können. Die Gebetskarten enthalten auch viele sog. Machtkarten, die nichts anderes darstellen als eine Sphäre und verschieden viele Chaos- oder Ordnungssymbole. Diese Karten können kostenlos ausgespielt werden, um die Voraussetzung für andere Karte zu schaffen, mit denen man dann den Spielverlauf beeinflussen kann. Dieselben Bedingungen gelten auch, wenn ein Spieler während eines Kampfes Karten spielen möchte.

Das ist recht trickreich und im Detail sogar recht gut erklärt, wenn man einmal den Gesamtdurchblick hat. Wer als letzter überlebt, hat gewonnnen – und das ist doof, sorry! Einer nach dem anderen scheidet aus, wenn er keine Geistlichen (Geld) mehr hat, während die anderen weiterspielen – das ist Poker, OK, aber in einem Karten-/Gesellschaftsspiel doof, sagte ich schon. Das haben wohl auch die Autoren erkannt und bieten eine unbedingt empfehlenswerte Variante an: Der bzw. die Sieger jeder Spielrunde erhalten außer den genannten Vorteilen noch einen Siegpunktmarker, und falls ein Spieler ausscheiden würde (und dadurch dem oder den Siegern noch mehr SP beschert), fängt er wieder von vorne an. Er ist dann zwar meist ziemlich chancenlos, aber kann den andern immerhin noch den einen oder Knüppel zwischen die Beine werfen. Mit bestimmter vorgegebener (oder frei gewählter) Anzahl Siegpunkte steht dann schließlich ein Sieger fest, ohne dass andere, ausgeschiedene Spieler gelangweilt rumsitzen müssen.

Spieletester

10.01.2015

Fazit

Theomachie hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Düstere Schachtel, düstere, teilweise hässliche Kartengrafik, suboptimale Spielregel, um es freundlich auszudrücken (ich mag meine polnischen Freunde), auf der einen Seite – sehr gelungene Verbindung von Deckbau und Poker mit Rollenspiel- und Workerplacement-Elementen auf der anderen Seite. Wieso Workerplacement – es gibt sog. Ortskarten, auf die ein Geistlicher gelegt werden muss, um bis auf weiteres dauerhaft ihre Vorteile nutzen zu können. Bei Niederlage in einer Spielrunde wird die Karte getappt, der Ort ist beschädigt, aber noch wirksam, bei erneuter Niederlage ist der Ort zerstört.
Insgesamt ist außerdem die doch recht große Textlastigkeit der Karten nachteilig, die den Spielfluss nicht unerheblich stört. Und wenn erst noch die Gottheitskarten mit speziellen Fähigkeiten (Rollenspielelement), die Mythenkarten und Wundermarker ins Spiel kommen, wird’s noch komplexer, aber auch spannender. Wer bereit ist, sich durch viele Unzulänglichkeiten zu kämpfen, findet in Theomachie (Götterschlacht) ein vielschichtiges, interessantes Deckbauspiel mit in dieser Kombination ungewöhnlichen, weiteren Spielmechanismen. Ich kann weder zu- noch abraten – vielleicht hilft dieser Bericht ja manchem bei der Entscheidung, sich mit Theomachie zu beschäftigen. Das kann sich lohnen, aber es könnte auch mit etwas mehr investierter Entwicklungszeit um vieles leichter sein. Die beiliegenden Übersichtskarten sind ... unübersichtlich, ihre Symbolik erschließt sich mir nicht.
Das ist auch nicht nötig, denn meine eigene Kurzspielregel verschafft den Durchblick.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten
Erscheinungsjahr: 2013
Grafiker: Iga W. Grygiel
Genre: Deckbau
Zubehör:


24 Elementkarten
120 Gebetskarten
95 Geistlichenmarker
20 Mythenkarten
12 Gottheitskarten
4 Verzweiflungskarten
4 Übersichtskarten
12 Siegmarker
13 Wundermarker

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