Al Rashid

Harun al-Rashid war der fünfte Große Kalif der Abbasiden-Dynastie und ein Zeitgenosse Karls des Großen, zu dem er diplomatische Kontakte unterhielt. Er herrschte zwischen den Jahren 786 und 809 in Persien, dem heutigen Iran. Während er unter den Muslimen als brutaler Gewaltherrscher gilt, sieht ihn der abendländische Kulturkreis als großen, gütigen und weisen Kalifen und verbindet sein Leben untrennbar mit der Volksmärchensammlung aus TausendundeinerNacht.

Im Spiel Al Rashid schlüpfen die Spieler in die Rollen von Familienoberhäuptern welche versuchen durch die direkte Besetzung von wichtigen Posten im Staatsapparat, durch die Zugehörigkeit zu Gilden und die Vergrößerung der eigenen Familie an Einfluss zu gewinnen. Dieser Einfluss wird in Prestigepunkten gemessen. Verständlicherweise ist die Steigerung des eigenen Einflusses am Hofe des Kalifen nie ganz billig und so muss mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen Handel getrieben werden, denn Geld als Zahlungsmittel ist hier unbekannt.

Der Spielplan gliedert sich in einen aus sieben Gebieten bestehenden geografischen Bereich der sich an der mittelalterlich-persischen Weltsicht orientiert, sowie einen Stadt-Bereich, in welchem sich die fünf Paläste der Gilden und der Hof des Kalifen befinden. Zu Beginn des Spiels startet jeder Spieler mit drei unterschiedlich wertigen Spielfiguren: einem Weisen, einem Händler und einem Pascha. Diese können in die Gebiete auf der Landkarte eingesetzt werden, um an die dort vorhandenen, zufällig verteilten Ressourcen zu gelangen oder sie werden in den Gildenpalästen positioniert, um Ämter zu erhalten, Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen oder um Gefälligkeiten zu bitten.

Al-Rashid läuft über fünf Spielrunden, wobei sich jede Runde in die Platzierungs- und die Auflösungsphase gliedert. In der Platzierungsphase werden reihum Mitglieder der eigenen Familien entweder in die einzelnen Regionen der Landkarte oder in den Gildenpalästen eingesetzt, um dort Mehrheiten zu bilden. Die drei unterschiedlichen Familienmitglieder haben auch verschiedene Wertigkeiten. Zudem ist es auch möglich, mehrere Familienmitglieder in einem Bereich zu bündeln, allerdings müssen dabei separate Setz-Regeln beachtet werden. Es ist in allen Bereichen genügend Platz vorhanden, damit theoretisch alle Familien vertreten sein könnten, allerdings ist es meistens ratsamer sich auf bestimmte, für das eigene Fortkommen wichtige Bereiche und deren Erträge zu konzentrieren und sich nicht zu verzetteln, denn nur die drei Familien mit den stärksten Mehrheiten werden in den einzelnen Bereichen mit Erträgen bedacht. Zudem gilt es ein weiteres überaus spannendes Spielelement zu beachten. In der Auflösungsphase können die Spieler reihum Bereiche auswählen, in denen die jeweiligen Mehrheiten gewertet werden. Soweit so bekannt. Das hinterhältige bei Al-Rashid ist allerdings, dass auch Bereiche gewertet werden können, in denen der auslösende Spieler selbst gar nicht vertreten ist. Dadurch ist es z.B. möglich Palastbereiche zur Wertung frei zu geben, für deren Nutzung den Mitbewerbern z.B. noch die Rohstoffe fehlen. Dadurch kann eine sorgfältige Vorplanung schnell kräftig durcheinander gewirbelt und sogar ins Gegenteil verkehrt werden, denn sollte ein Spieler, aus welchen Gründen auch immer, eine beantragte Aktion nicht nutzen können, muss er einen Schande-Marker, der gleichbedeutend mit Minuspunkten ist, nehmen. Insofern gilt es die gegnerischen Spieler ständig zu beobachten, um jede sich bietende Schwachstelle zu nutzen. Natürlich gibt es noch eine Vielzahl weiterer sehr gut funktionierender Spielelemente. So treiben z.B. auf der Landkarte in zufällig ausgewählten Gebieten Piraten und Banditen ihr Unwesen. Bevor Spieler mit Mehrheiten dort die Ressourcen erhalten können, müssen diese mittels eigener Söldner besiegt werden. Während die in den einzelnen Gebieten erhältlichen Rohstoffe in vorgegebenen Kombinationen als Zahlungsmittel wirken, sind mit den Ämtern und Dienstleistungen vor allem Spielboni verbunden. Die Palette reicht hier von einmal wirkenden Soforteffekten über Dauereffekte bis hin zu zusätzlichen Siegpunktmultiplikatoren zu Spielende.

Spieletester

17.06.2013

Fazit

Der italienische Kleinverlag Yemaia stellt mit Al-Rashid sein Erstlingswerk vor und man muss neidlos eingestehen, dass es ganz hervorragend gelungen ist. Ein sehr gutes Worker-Placement-Spiel das zudem in ein noch unverbrauchtes Szenario eingebettet ist. Ein hoher Interaktionsgrad und permanente knifflige Herausforderungen lassen selbst Vielspieler schnell ins Schwitzen kommen, ohne dass dabei das Spiel allerdings in Arbeit ausarten würde. Die Spielmechanismen greifen sehr gut ineinander und ständig stehen die Spieler vor der spannenden Entscheidung ob die eigenen Interessen befördert oder den lieben Mitspielern kräftig in die Suppe gespuckt werden soll. Die Spielregel liegt dem Spiel leider nur in englischer Sprache bei, mittlerweile kann aber auf der Webseite des Verlages eine deutsche Version heruntergeladen werden. Auch grafisch wurde speziell bei den Illustrationen sehr intensiv und gut gearbeitet, wenngleich nicht alle Design-Entscheidungen im Spiel glücklich waren. Das beginnt bei der sehr sterilen und kein bisschen Atmosphäre verbreitenden Gebietskarte, zieht sich über eine insgesamt doch recht unglückliche Farbwahl und endet bei dem ausgewählten Schrifttypus für wichtige Informationen, der in keiner Weise intuitiv zu lesen ist. An die arabische Formensprache erinnernde englische Schriftzüge und noch dazu mikroklein und fast unleserlich auf diversen Karten. Dafür hat sich der Grafiker/ Designer eine virtuelle Bastonade leider redlich verdient! Unabhängig davon kann Al-Rashid allen interessierten Vielspielern nur ans Herz gelegt werden. Zudem erwarten wir ab jetzt mit sehr großer Spannung den zweiten Streich des Verlages Yemaia.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 5
Alter: ab 13 Jahren
Spieldauer: 100 Minuten
Preis: 65,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2012
Verlag: Yemaia
Grafiker: Simone Gabrielli
Genre: Strategie
Zubehör:

48 Amts-Plättchen (jeweils 8 in 6 verschiedenen Bereichen), 15 Gutschrift-Plättchen, 20 Plättchen-politischer Einfluss, 10 Plättchen-Schande, 140 Rohstoffmarker aus Holz (jeweils 20x Seide-weiß, 25x Gewürze-orange, 30x Töpferware-lila, 30x Metall-grau, 35x Hartholz-braun), 65 Familienmitglieder aus Holz in 5 verschiedenen Farben (3x5 Paschas, 4x5 Händler, 6x5 Weise), 6 Holzwürfel (jeweils 1 pro Farbe/Fraktion + 1x schwarz), 11 Krise-Platten (3xSetup, 8x für die Runden), jeweils 32 Söldner-Plättchen in rot und blau, Spielplan, Spielregel (englisch, deutsch als Download)

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