U-Boat Leader

Wie groß mag die Zielgruppe eines Spieles sein, das nach folgender Rezeptur zubereitet wurde? Dem Hauptbestandteil hochtaktische Gefechts-Simulation des 2. Weltkrieges wird die Komponente deutsche U-Boot-Waffe im Atlantik hinzugefügt, dieses wird mit einem Schuss komplexes englischsprachiges Regelwerk verfeinert und mit einer gehörigen Portion von Pappmarkern garniert. Zu guter Letzt wird noch die Textphrase spielbar nur im Solitärmodus beigemengt.
Sollte es wider Erwarten doch ein einziger Leser über den ersten Absatz hinweg geschafft und nicht sofort andere Spiele-Besprechungen angeklickt haben, soll er dafür auf der Stelle belohnt werden: U-Boat Leader ist ein Kracher im Bereich der taktischen Simulationsspiele und mit das Beste, was der Markt an Solitärspielen derzeit zu bieten hat!

Mit geringem Einsatz erzielt die Simulation maximale Wirkung: die Kampagnen-Karten sind in leicht vergilbten Gelb- und Brauntönen gehalten, die Kartentexte sehen aus, als hätte man sie mit mechanischen Schreibmaschinen getippt und die zahlreichen historischen schwarz/weiß-Fotos von Schiffen und U-Booten, die auf den Karten abgebildet sind, vermitteln tatsächlich den Eindruck, als hätte man über 70 Jahre altes Spielmaterial vor sich. Sobald die eigentliche Spielfläche aufgebaut ist, die aus einer Kampagnen-Karte, dem taktischen Display und der Übersichts-Tafel besteht, tritt das unbestimmte Gefühl ein, man befände sich an einem Kommandotisch der Admiralität und wäre für den Fortgang des weiteren Kriegsverlaufes höchstpersönlich mitverantwortlich.

Obwohl auf dem Schachtelboden die Komplexität des Spieles als „niedrig bis moderat“ angegeben wird, ist es nicht einfach, sich in das Regelwerk einzuarbeiten. Die ersten Partien erfordern ein häufiges Nachschlagen in der hervorragend strukturierten Spielanleitung. Da die Simulation jede nur erdenkliche Facette und Nuance einer U-Boot-Feindfahrt realitätsnah abzubilden versucht, ist es anfangs nicht einfach, den Überblick über das große Ganze zu behalten. Sind die Regeln jedoch verinnerlicht, bietet U-Boat Leader dem Spieler das eindrucksvolle Erlebnis einer U-Boot-Feindfahrt der Extraklasse – Nägelkauen inklusive!

U-Boat Leader stellt vier Kampagnen zur Verfügung, die jeweils wahlweise im Modus „kurz“, „mittel“ oder „lang“ gespielt werden können. Der kurze Spielmodus ermöglicht es, eine Kampagne in rund 60 Minuten durchzuspielen. Wählt man die lange Spieldauer, so kann es schon mal 150 Minuten oder länger dauern, ehe die U-Boote wieder in den Heimathafen einlaufen.

KAMPAGNEN
1. The Battle Begins (September 1939 – Mai 1940)
2. The Happy Time (Juni 1940 – Mai 1941)
3. Operation Drumbeat (Februar 1942 – Juni 1942)
4. The Hunted (Juni 1942 – Juni 1943)

Drei dieser Kampagnen ereignen sich im Atlantik vor den Küstenabschnitten Westeuropas, der Britischen Inseln und Islands. Die Aktionsgebiete der deutschen U-Boote reichen dabei bis in den Mittelatlantik. Die Kampagne Operation Drumbeat führt die U-Boot-Flotte bis an die Ostküste der Vereinigten Staaten und in die Karibische See.

Jedes der vier Kampagnen-Blätter verfügt über eine in mehrere Abschnitte unterteilte Seekarte. In jedem dieser Abschnitte sind Informationen darüber aufgedruckt, welche Aktionen ein U-Boot durchführen muss/kann, sobald es sich in diesen Abschnitt hinein bewegt (Ereignis-Karten ziehen, Sondermissionen erfüllen, feindliche Schiffskonvois aufspüren usw.). Zudem finden sich auf diesen Kampagnen-Blättern auch Angaben zur jeweiligen Kampagne wie individuelle Siegbedingungen und verfügbare Sondermissionen.

Insgesamt stehen 25 deutsche U-Boote zur Auswahl, die auf große Feindfahrt geschickt werden können. Diese werden sowohl durch Karten repräsentiert (die außerhalb der Spielfläche abgelegt werden) als auch durch kleine Pappmarker (die über die Seekarte oder im Fall von Feindberührung im taktischen Display bewegt werden). Auf den U-Boot-Karten finden sich Details zur individuellen Bewaffnung, zur Motivation und Erfahrung der Besatzung sowie dazu, welche Belastungen U-Boot und Mannschaft auszuhalten vermag. Jedes U-Boot verfügt über vier Erfahrungsstufen – je nachdem, wie es sich auf Feindfahrten bewährt, kann es während einer laufenden Kampagne eine höhere Leistungsstufe erreichen und verfügt ab diesem Zeitpunkt über bessere Werte in einigen der genannten Bereiche.

Während sich ein U-Boot auf See befindet und sobald es in Kampfhandlungen verwickelt wird, helfen Pappmarker dabei nachzuhalten, wie viele seiner Torpedos das U-Boot bereits verschossen hat, wie viel Geschützmunition noch zur Verfügung steht, wie hoch der Belastungswert für U-Boot und Mannschaft bereits vorangeschritten ist und vieles mehr. Erfolge (Versenkungen, schwere und leichte Treffer an gegnerischen Schiffen, erfüllte Sondermissionen) werden auf dem Logbuch-Blatt vermerkt.

Ein U-Boot, das über keine Munition mehr verfügt oder so schwer angeschlagen ist, dass das Risiko der eigenen Zerstörung zu groß geworden ist, muss seinen Heimathafen anlaufen. Sobald dies geschehen ist, hat dieses U-Boot eine sog. Patrouillen-Fahrt beendet.
Der „kleine Kampagnen-Modus“ endet, nachdem jedes U-Boot eine solche Fahrt hinter sich gebracht hat, der „mittlere Kampagnen-Modus“ erfordert zwei Patrouillen-Fahrten und im „lange Kampagnen-Modus“ muss jedes der daran teilnehmenden U-Boote 4 Patrouillen-Fahrten absolviert haben. Danach werden die Erfolge bewertet – für die Versenkung von Handels-, Geleit- und Kriegsschiffen gibt es jeweils Erfahrungs- und/oder Siegpunkte. Während die Erfahrungspunkte bereits während der Kampagne dazu führen, U-Boote auf eine höhere Leistungsstufe aufzuwerten, werden nun die Siegpunkte aller an der Kampagne beteiligten U-Boote addiert. Auf der jeweiligen Siegpunkt-Tabelle kann das erzielte Ergebnis ermittelt werden (dabei reicht die Bandbreite in sechs Stufen von „schlecht“ bis „großartig“).

Es ist dem Spieler freigestellt, ob er in einer Kampagne nur ein U-Boot oder mehrere in See stechen lässt – jede Kampagne gibt an, wie viele Einsatz-Punkte insgesamt zur Verfügung stehen. Für jedes U-Boot müssen Einsatzkosten bezahlt werden, die von diesen Einsatz-Punkten abgezogen werden. Nicht verbrauchte Einsatz-Punkte stehen dann während der laufenden Kampagne dazu zur Verfügung, Sondermissionen zu erfüllen, für die jedoch ebenfalls Einsatzkosten bezahlt werden müssen.



Das Spiel ist nur in der englischen Originalfassung erhältlich.

Spieletester

24.05.2012

Fazit

Sollte es ein Leser nun tatsächlich bis hierhin geschafft haben (und mehr als einer wird es bestimmt nicht gewesen sein), darf man hierzu sehr herzlich gratulieren!

Mit U-Boat Leader bekommt man eine - vor allem durch die Abbildungen und der Typografie auf den diversen Karten - sehr solide und atmosphärisch stimmige Simulation geboten! Zweifellos gibt es in diesem Segment kniffligere und detailverliebtere Spiele, dennoch ist das Gebotene durchaus ausreichend. Die Szenarien spielen sich schnell und der Wiederspielreiz bleibt erhalten.

Sobald man in einer Kampagne zwei (oder mehr) U-Boote einsetzt, handelt es sich bei U-Boat Leader um ein Solitärspiel, an dem plötzlich auch ein zweiter Spieler mitwirken könnte. Wie bereits eingangs erwähnt, gehört U-Boat Leader vorbehaltlos in den erlauchten Kreis großartig umgesetzter hochtaktischer Weltkriegs-Simulationen.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Besucherkommentare

Antman76 | 11.09.2021

Super Kommentar zum Spiel sehr hilfreich

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 1
Alter: ab 16 Jahren
Spieldauer: 90 Minuten
Preis: 60,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2011
Autor: Dave Schueler
Grafiker: Val Nunez
Genre: Strategie
Zubehör:

4 Kampagnen-Karten, ein taktisches Display, eine Übersichts-Tafel, ein Logbuch-Blatt, 50 U-Boot-Karten, 35 Handelsschiff-Karten, 20 Konvoi-Karten, 15 Geleitschiff-Karten, 12 Kriegsmarine-Karten, 3 Flotten-Eskorten-Karten, 30 Ereignis-Karten, unzählige Marker (u.a. U-Boote, Handels-, Begleit- und Kriegsschiffe, nicht identifizierte Kontakte, Torpedo-Bewaffnung, Geschütz-Bewaffnung, Sonderaktionen, Beschädigungen, Überlastung uvm.), ein zehnseitiger Würfel, eine Spielregel

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