Vasco da Gama

Ende des 15. Jahrhunderts machten europäische Seefahrer bahnbrechende und wirtschaftsfördernde Entdeckungen. Der Genuese Kolumbus entdeckte im Dienste Spaniens „versehentlich“ Mittelamerika. Vasco da Gama, portugiesischer Seefahrer und Abenteurer fand einige Jahre später als erster den Seeweg um das Kap der Guten Hoffnung, über Ostafrika weiter nach Indien und sicherte somit dem portugiesischen Königreich das Monopol im Gewürz- und Sklavenhandel für mehr als 100 Jahre. Nach der Entdeckung dieser Route wurden durch Portugal zahlreiche Handelsniederlassungen und befestigte Stützpunkte in Ostafrika und Westindien errichtet. Dazu wurde vor allem eins benötigt: Schiffe.

In Spiel Vasco da Gama verkörpern bis zu vier Spieler Reeder, welche im Wettstreit gegeneinander versuchen, durch das Ausrüsten, Bemannen und Entsenden von Schiffen, Handel mit den weit entfernten Regionen Ostafrikas und Indiens zu treiben, um so Ruhm und Ehre zu ernten und nebenbei auch noch reich zu werden.
Das Spiel geht über die festgelegte Anzahl von 5 Runden und in jeder hat jeder Spieler 4-5 Aktionen zur Verfügung. Er muss in dieser Zeit Matrosen und Kapitäne anheuern, Schiffe bauen lassen, diese natürlich auch entsenden und sich nicht zuletzt das Wohlwollen und die Gunst berühmter zeitgenössischer Charaktere sichern. Natürlich sind diese Aktionen nicht umsonst zu haben, und so müssen sich die Spieler natürlich auch um ein regelmäßiges Einkommen bemühen.

Das Herzstück des Spieles ist natürlich das Spielbrett. Auf den ersten Blick ein wenig verwirrend, entfaltet es mit zunehmender Kenntnis der Spielregeln seine klare Struktur. Gestaltet wurde es von dem italienischen Grafiker Mariano Iannelli, welcher auch rechts auf dem Foto zu sehen ist. Überhaupt ist das Spiel unglaublich gut ausgestattet und braucht somit den Vergleich mit entsprechenden Konkurrenten aus hiesigen Landen nicht zu scheuen.

Doch wie funktioniert Vasco da Gama nun im einzelnen? Für jede der oben genannten Aktionen ist ein bestimmter Bereich auf dem Spielplan vorgesehen. Hier finden wir den Rekrutierungsbereich, den Projektbereich, den Navigationsbereich und den Charakterbereich. Um diese Aktionen auslösen zu können, muss dort allerdings ein Aktionsstein platziert werden. Nun ist es beileibe nicht so, dass wer zuerst Aktionssteine einsetzt, auch zuerst zum Zug kommt und die Aktionen in einzelnen Bereichen in einer vorher festgelegten Reihenfolge abgehandelt werden. Motor der Aktionsbestimmung sind vielmehr die 20 durchgehend nummerierte und im Zentrum des Spiels angeordnete Zählsteine. Jeder Spieler kann sich reihum einen der Steine nehmen und zusammen mit seinem Aktionsstein einsetzen. In der Aktionsphase werden dann die Aktionen getreu der Reihenfolge der Steine ausgelöst. Nun ist das allerdings auch noch nicht sonderlich originell. Deshalb wird per verdeckt gezogener Karte einer der Zählsteine als Nullstein definiert. Das bedeutet, dass alle Zählsteine ab diesem „Nullstein“ kostenfrei zu haben sind. Will man allerdings zeitiger zum Zuge kommen, muss man die Differenz zwischen Zählstein und aktuellem „Nullstein“ bezahlen. Um dieses Prozedere nicht zu ausrechenbar zu machen, hat der Autor Paolo Mori eine ordentliche Prise Zockerei untergemischt. Durch eine weitere Karte wird entschieden, um wie viele Steine sich der „Nullstein“ bewegt und vor allem in welche Richtung. So kann man alles bis zum letzten durchgerechnet haben und dann werden aus den 2 Reales, welche man hätte ausgeben können, auf einmal 5 Reales und schon stürzt das ganze Kartenhaus der Planung in sich zusammen. Kann oder will man die Aktion allerdings nicht nutzen, erhält der Spieler wenigstens eine kleine Entschädigung in Form barer Münze.

Zudem ist natürlich die Reihenfolge der Aktionen zu beachten, welche der Nummerierung der Zählsteine folgt. Die Spieler benötigen natürlich Geld, um die einzelnen Aktionen bezahlen dann aber noch Besatzungen und Baupläne, um die Schiffe überhaupt entsenden zu können. Was aber, wenn bis zu diesem Zeitpunkt schon alle eigenen Aktionssteine verbraucht oder alle Aktionsplätze im so genannten Navigationsbereich besetzt sind? In diesem Spiel kann man nicht nur von Runde zu Runde planen, hier muss deutlich vorausschauender gedacht werden. Auch ein „bunkern“ von Matrosen und Bauplänen bringt nichts, dafür sind die Aktionen und das Geld zu knapp.

Matrosen um ein Schiff zu bemannen, gibt es in vier verschiedenen Farben und diese werden nach einem bestimmten Modus im Rekrutierungsbereich angeworben. Wie viele verschiedene benötigt werden, gibt der Bauplan des Schiffes im Projektbereich vor. Auf den Bauplänen finden sich auch die Hinweise darauf, wie ruhm- oder ertragreich das Schiff sein kann. Das bedeutet, welche Geld- oder Siegpunkte es generiert und vor allem, wie weit es fahren kann, denn nicht alle Schiffe kommen auch bis Indien.

Im Navigationsbereich finden sich die einzelnen, wichtigen Häfen auf dem Weg nach Indien, von Natal aus beginnend bis nach Kalkutta. Wird ein Schiff eingesetzt, so erhält es sofort einen Bonus und nach einem festgelegten Schema Siegpunkte. Diese werden mehr, je weiter es in seiner ersten Tour fährt. Gleichzeitig wird allerdings auch der Bonus geringer. Ist ein Hafen mit Schiffen vollbesetzt, werden zusätzliche Siegpunkte ausgeschüttet. Jetzt fahren die Schiffe, so noch freie Plätze im nächsten Hafen zur Verfügung stehen, zu diesem weiter. Kann ein Schiff allerdings nicht weiterfahren, kommt es aus dem Spiel. Auch hier greift ein feiner Mechanismus der Vorausplanung und des Abschätzens der Planungen der Mitspieler. Soll man lieber seine Strategie weiter verfolgen oder den Mitspielern Steine, pardon Schiffe, in den Weg legen? Allerdings ist der Navigationsbereich am schwierigsten abzuschätzen und es dauert ein Weilchen, bevor man das System, nach welchem die Schiffe gezogen und Siegpunkte generieren werden, verinnerlicht hat.

Zu guter Letzt dürfen die Charaktere nicht vergessen werden, die den Spielern im Charakterbereich zur Seite stehen können. Da gibt es Manuel I., König von Portugal. Er spendiert dem Spieler sofort eine Extra-Aktion. Der Entdecker Bartolomeu Dias gewährt 2 Siegpunkte und macht den Spieler in der nächsten Runde zum Startspieler. Pater Francisco Alvares hilft dem Spieler mit einem Missionar weiter, welcher auch als Matrose eingesetzt werden kann und der Händler Girolamo Sernigi spendiert ein Schiff, durch welches sich verschiedene Boni abgreifen lassen.

Nach einer nicht gefühlten Spielzeit von knapp zwei Stunden in voller Besetzung neigt sich das Spiel seinem Ende entgegen. Geld und bemannte Schiffe sind zusätzliche Siegpunkte wert und Gewinner ist natürlich derjenige Spieler bzw. Reeder, welcher den meisten Ruhm ernten konnte.

Spieletester

04.05.2010

Fazit

Vasco da Gama war der Geheimtipp auf der Spielemesse in Essen 2009 und das durchaus zu Recht. Es ist ein bis zuletzt spannendes, aber trotzdem komplexes Planspiel, bei welchem viele erfolgversprechende Strategien möglich sind. Dazu kommen eine klasse Ausstattung und eine sehr schöne und Atmosphäre aufbauende Grafik. Die einzelnen Spielkomponenten greifen fein verzahnt ineinander, der neuartige Modus der Aktionsvergabe kann vollkommen überzeugen. Die Spielzeit vergeht wie im Flug, ständig möchte man noch zusätzliche Aktionen machen können. Allerdings muss das Spiel auch mit einer hohen Konzentration gespielt werden, denn bei gleichstarken Mitspielern sind Fehler nur sehr schwer wieder auszubügeln. 
Eine ganz klare Kaufempfehlung also für Vielspieler und Liebhaber komplexerer Spiele wie z.B. Caylus oder Agricola. Aber auch interessierte Familien mit größeren Kindern sollten durchaus einen Blick riskieren. Allein durch den historischen Hintergrund, siehe obige Ausführungen, wird aus dem Spiel ein Erlebnisspiel und ein wenig Geschichte zum Anfassen. Bitte, bitte lieber What´s your game? Verlag, bringt noch mehr solcher Spiele auf unsere Tische!
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Erscheinungsjahr: 2009
Autor: Paolo Mori
Grafiker: Mariano Iannelli
Genre: Taktik
Zubehör:

Spielplan, Spielregel(englisch, italienisch - deutsch downloadbar), Rundenzähler (Holz), Aktionsmarker (Holz), 25 Projektkärtchen, 6 Handelsschiffkärtchen, 4 Punktezähler (4x1 Farbe), 4 Charakterkärtchen, 9 Vasco da Gama Kärtchen, 22 Zahlsteine aus Holz mit zugehörigen Aufklebern, 20 Aktionssteine aus Holz (5x4 Farben) mit zugehörigen Aufklebern, 28 Käpitänssteine aus Holz (7x4 Farben), 32 Matrosensteine aus Holz in vier Farben, 6 Missionare aus Holz in weiß, 48 Münzplättchen, Baumwollsäckchen

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