History of the World

Als unser heutiges Spiel unter dem Titel Empire in deutscher Fassung (und mit zur hier besprochenen Avalon Hill-Ausgabe von 2001 geringfügig anderen und doch deutlich schlechteren, weil älteren Regeln) in die Läden kam, versprach der Schachtelaufdruck: "Das größte Brettspielprojekt aller Zeiten". Warum bescheiden sein, wenn man die Weltgeschichte neu schreibt...

Nun, das "größte Brettspiel aller Zeiten" ist es dann doch nicht geworden (welche Kriterien auch immer das erfüllen müsste), aber nett zu spielen ist diese Mischung aus Risiko und Britannia allemal:


Das Grundgerüst:

History of the World geht über sieben Runden, die sieben Epochen der Menschheitsgeschichte darstellen. Das Spiel beginnt bei dem Reich der Sumerer und endet vor bzw. bei Beginn des Ersten Weltkrieges.

Ähnlich wie beim fünf Jahre älteren Britannia erhält jeder Spieler in jeder Runde eines von sieben Völkern aus dieser Epoche. Anders als beim Vorbild aber weiß man bei History of the World nicht, welche Völker man in den nächsten Runden spielen wird.

Diesen Völkern sind jeweils ein Startplatz und eine Anzahl Einheiten und Flotten in bestimmten Seegebieten zugeteilt. Zudem haben die meisten davon auch eine Hauptstadt zu bieten. Die meisten deshalb, weil es natürlich Völker wie die Hunnen oder Dschingis Khans Mongolen gab, die ohne derartigen, dekadenten Luxus auskamen.

Während seines Zuges kann der Spieler in jedes zu seinem Volk benachbarte Land eine Armee setzen. Angrenzend an dieses neu besiedelte bzw. eroberte Feld kann nun wieder eine Figur gesetzt werden usw.. Ist das Zielgebiet besetzt, wird gekämpft. Und hier haben sich Kendall und Dicken freimütig bei Risiko bedient:

Der Angreifer würfelt mit zwei Würfel, der Verteidiger mit einem. Der höchste Angriffswürfel wird mit dem Verteidigungswürfel verglichen, der höhere Wurf siegt. Bei Gleichstand gewinnt hier der Angreifer.
Verschiedene Terraintypen, Ereigniskarten und Festungen des Gegners können natürlich Auswirkungen auf die Würfelanzahl oder das Ergebnis haben.

Wird eine Hauptstadt erobert, wird sie zur normalen Stadt. Die entsprechende Figur wird umgedreht. Eine eroberte normale Stadt wird vom Plan genommen.


Zusätzliche Optionen eines Spielers:

Eventkarten: Jeder Spieler erhält zu Spielbeginn Ereigniskarten, die einer oder mehreren Epochen zugeteilt sind. Die Ereigniskarten sind selbsterklärend und können in den auf der Karte angegebenen 1-7 Epochen gespielt werden.
Monumente bauen: Manche Felder haben ein Ressourcensymbol. Beherrscht ein Volk zwei Felder mit solchen Symbolen, kann dieses Volk ein Monument bauen.
Flotten: Flotten erlauben Angriffe über See. Der Spieler kann sie aber auch in Goldmünzen umwandeln. Mit diesen Münzen können Festungen errichtet werden, die einen Vorteil bringen, wenn das entsprechende Feld angegriffen wird, oder es können bei einem Angriff gerade besiegte Figuren wiederhergestellt werden.


Siegpunkte:

Sobald ein Spieler seinen Zug beendet, erhält er Siegpunkte. Das Besondere dabei ist, dass für die Siegpunktbedingungen nicht nur das aktuelle Reich gilt, sondern auch alle Erwerbungen vorheriger Epochen, die sich noch auf dem Plan befinden:

> Die Weltkarte ist in Regionen unterteilt. Für jede Region gibt es pro Epoche unterschiedliche Siegpunkte für Präsenz, Dominanz oder totale Kontrolle der Region.
> Jede Hauptstadt zählt 2 Punkte.
> Jede normale Stadt und jedes Monument zählt 1 Punkt.

Einen kleinen Regelmissgriff hat man noch beigefügt: Der Spieler, der auf der Siegpunktleiste am weitesten vorne ist, erhält noch zuätzliche, verdeckte Siegpunkte. Diese Doppelbelohnung kann dazu führen, dass gewisse Spieler schlichtweg uneinholbar werden. Ich empfehle daher, die vorgeschlagene "Regelvariante" zu spielen, die diese Siegpunkte komplett aus dem Spiel nehmen.

Nach Epoche 7 gewinnt der Spieler, der die meisten Punkte gesammelt hat.

Spieletester

06.10.2009

Fazit

Spielerisch ist History of the World eine Risiko-Variante mit Britannia-artiger Hintergrundgeschichte und Volkverteilungsregel, versehen mit ein paar Regelkniffen. Doch während ersteres Vorbild seit Jahrzehnten hinausposaunt, das "klassische Stratgeiespiel" zu sein, und am Ende doch nur ein Würfelspiel ist, behauptet dieses Spiel gar nicht erst, der große Braintwister zu sein. Und ist dabei strategischer... Sicher, die zugeteilten Völker sind zufällig und vorher nicht bekannt, doch die Einteilung der Eventkarten nach der Vorliebe des Spielers gibt doch wesentlich mehr Möglichkeiten. Der Würfel bleibt die letzte Konsequenz, doch die Chancen kann man sich in beschränktem Rahmen erhöhen.

Ein kleiner inhaltlicher Faux Pas ist meiner Ansicht nach aber in Epoche 7 passiert: In der Zeit der Kolonialisierung, in der es alle europäischen Völker überallhin auf der Welt zog, ist Nordeuropa astronomische 4 Punkte wert. Mir ist durchaus klar, dass dies die Feldzüge Napoleons provozieren soll, doch die Erfahrung lehrt, dass diese Punktezahl diese Idee sabotiert. Doch für solche Fälle haben wir ja unseren beliebten Mitspieler H. Ausregel: Nordeuropa ist nur 1 Punkt wert. Ausgenommen sind bei 3 oder 4 Spielern der Letztplatzierte und bei 5 oder 6 Spielern die beiden Letztplatzierten Spieler, die für Europa 4 Punkte kassieren können, sofern sie eine Karte "Ruler" aufgehoben haben und ausspielen.

Für welches Publikum also ist History of the World? Ganz einfach: Für alle, die das Risiko-System im Prinzip mögen, aber gerne mehr Eingriffsmöglichkeiten haben. Und für alle, die die Menschheitsgeschichte gerne durcheinanderwirbeln und immer schon sehen wollten, wie die Römer in der Mongolei einmarschieren, von den Handelsposten der griechischen Stadtstaaten nur die Kolonien auf der iberischen Halbinsel übrigbleiben oder das Makedonien Alexanders des Großen trotz Abspaltung der makedonischen Hauptstadt Pella bis ins 20 Jahrhundert bestehenbleibt.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Besucherkommentare

Heiko Hartmann | 07.10.2009

Der große Vorteil von "History of the World" gegenüber Britannia sind die erheblich einfacheren Regeln die man sogar Wenigspielern beibringen kann.

Auch von Risiko unterscheidet sich dieses Spiel meiner Meinung nach stark. Eroberungen in HotW sind immer durch eine Optimierung der Punktezahl begründet was das Spiel weitaus weniger aggressiver macht.

Gepatzt hat Avalon Hill bei den Ereigniskarten: Es gibt kleine Ereignisse die effektiver sind als bestimmte große Ereignisse. Dadurch kann sich eine unfaire Verteilung ergeben, die bei unseren Spielen schon das eine oder andere mal entscheidend für den Ausgang war. Ziemlich unverständlich warum das niemand bei den Testspielen bemerkt hat...

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 3 bis 6
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 180 Minuten
Erscheinungsjahr: 1991
Verlag: Avalon Hill
Genre: Strategie
Zubehör:

1 Spielbrett
5 Würfel
30 Stadtfiguren
32 Burgfiguren
36 Monumentfiguren
12 Münzen
8 Pre-eminence Markers
120 Karten
7 Sätze mit Figuren
1 Spielanleitung

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