Yucatan

Nachdem sich in den letzten Jahren einige tschechische und italienische Spielverlage als Neulinge auf dem deutschen Brettspielmarkt etablieren konnten, ist auch der polnische Wolf Fang daran interessiert hier Fuß zu fassen. Dieses versuchte er nicht nur mit einem kleinen Spiel-Versuchsballon, sondern stellte 2008 selbstbewusst gleich fünf Titel vor. Mit dabei als mittlerweile bekannteste Spiele u. a. Kazaam oder Saigo no Kane.

„Yucatan“, der Name des Spiels legt es schon nahe, entführt uns nun nach Mexiko. Allerdings nicht in die Touristenhochburgen der gleichnamigen Halbinsel, sondern wir gehen in der Zeit zurück und finden uns im undurchdringlichen Dschungel zur Blütezeit der Mayakultur wieder. Bisher waren im Bezug auf Geschichte vor allem das Mittelalter in jeglicher Form, sowie die Antike im europäischen Kulturkreis Gegenstand und Inhalt von hiesigen Brettspielen. Mit dem Kinofilm „Apocalyptyco“ von Mel Gibson wurde erstmals die Zeit der Maya-Kultur in das Bewusstsein der Zuschauer gebracht. Anscheinend faszinierte dieser Film die Autoren von „Yucatan“ so sehr, dass sie versuchten, daraus ein Brettspiel zu formen. Eine der zentralen Szenen des Films war die Opferung der erbeuteten Sklaven zu Ehren der Maya-Götter. Sie fand dann auch als Cover des Spieles Verwendung und könnte direkt aus dem Film stammen, so sehr ähneln sich Filmprotagonisten und Coverbild.


Im Film ging es um den Leidensweg der Einwohner eines Indiodorfes, welches durch herumstreifende Maya-Krieger überfallen wurde. Die Indios sollten als Sklaven zu einer der Tempelbaustätten gebracht werden, um dort am Bau mitzuhelfen oder als Menschenopfer zu dienen. Ähnliches passiert auch im Spiel. Jeder der Mitspieler repräsentiert einen an den Mayas orientierten Indiostamm, welcher in seiner Hauptstadt zu Ehren der Götter eine Stufenpyramide errichten will. Dazu werden allerdings Sklaven benötigt. Diese wiederum können allerdings nur in Dörfern der gegnerischen oder neutralen Stämme erobert werden.

Zu Beginn des Spieles wird aus großen Hexfeldern, deren Anzahl sich an der Anzahl der Mitspieler orientiert, ein Spielplan zusammengestellt. Darauf sind die jeweiligen Tempelbezirke der einzelnen Spieler sowie viel, viel Dschungel und, wiederum aus dem Film wohlbekannt, der große Fluss zu sehen. Die Spieler positionieren abwechselnd nach vorgegebenen Regeln jeweils ein großes und ein kleines Dorf in den eigenen Farben und danach neutrale Dörfer auf dem Spielplan. Die Dörfer sind zuständig für den Unterhalt der Krieger, also sollten sich im Verlauf des Spieles möglichst viele Dörfer auf dem Plan befinden, um eine große Armee unterhalten zu können. In den eigenen Zügen kann man also wahlweise und wenn möglich, Dörfer neu gründen bzw. ausbauen, Krieger entsenden bzw. bewegen oder, wenn alle Vorraussetzungen vorliegen, sich dem Ausbau seiner Pyramide widmen.

Die grundlegenden Regeln sind recht einfach und schnell verinnerlicht. Krieger bewegen sich nach vorgegebenen Regeln auf dem Spielbrett. Kommen sie in ein Dorf, wird dieses ohne Gegenwehr geplündert und in seiner Größe reduziert. Ist eine Reduzierung nicht mehr möglich, wird das Dorfplättchen entfernt. Natürlich versuchen die Krieger des angegriffenen Volkes die Dörfer zu verteidigen. Treffen Krieger unterschiedlicher Stämme auf einem Feld zusammen, kommt es zum Kampf. Dazu gehören die Krieger einer von drei unterschiedlichen Gilden an, diese Zugehörigkeit wird allerdings erst zum Kampf enthüllt. Was hier sehr taktisch klingt, ist es eigentlich nichts anderes, als das altehrwürdige Stein-Schere-Papier Prinzip. Der Sieger des Kampfes erhält ein Sklavenplättchen, der besiegte Kriegertrupp wird vom Brett genommen. Die Beute einer Dorfplünderung ist ebenfalls ein Sklavenplättchen. Ein Kriegertrupp kann maximal drei Sklaven mit sich führen und zu seinem Tempelbezirk transportieren. Um dort eine Stufe der fünfstufigen Pyramide errichten zu können, werden drei Sklavenplättchen benötigt. Es gilt also möglichst rasch 15 Sklaven zu fangen, um am schnellsten die Pyramide zu vollenden.

Wie fügen sich nun diese, zugegebenermaßen interessanten, Puzzleteile zu einem Spiel zusammen? Leider mehr schlecht als recht, denn nach der kompletten Plünderung aller neutralen Dörfer, welche nicht verteidigt werden, kommt eine gewisse Stagnation ins Spiel. Alle Spieler belauern sich gegenseitig und keiner will mehr zuerst angreifen. Im Spiel ist der Angriff aufgrund der nur 33% igen Gewinnchance, bei gleichen Symbolen gewinnt nämlich auch der Verteidiger, nicht unbedingt die beste Lösung. Es sei denn, man hat ganz genau beobachtet und sich gemerkt, welchen Gilden die gegnerischen Spielsteine zugeordnet sind, um diese bezwingen zu können. Leider gibt es mit dem Kampf nur eine Möglichkeit an Sklaven zu kommen. Dadurch bleibt das Spiel seltsam eingleisig und es können keine optionalen Taktiken entwickelt werden.

Das Spielmaterial ist überraschend gut gestaltet, auch der Druck ist sehr gut gelungen. Doch leider sitzt auch hier, wie beim Spielprinzip, der Teufel im Detail. Auf den großen Plättchen ist der Druck so dunkel, dass die Grenzen der kleinen Hexfelder kaum erkannt werden, die bedruckte Papierschicht löst sich an den Rändern vom Kartonuntergrund, die hölzernen Pyramiden bestehen aus Sperrholzquadraten, welche an den Kanten logischerweise weniger Farbe aufgenommen haben. Vor dem ersten Spiel muss gefühlte zwei Stunden gebastelt werden. Die Reihe ließe sich leider beliebig fortsetzen.

So bleibt nur ein

Spieletester

27.08.2009

Fazit

, sowohl beim Spielprinzip, als auch beim Material wurde von den Autoren und dem Verlag viel gewollt, aber leider nicht alles erreicht. Hier hätten wahrscheinlich einige Wochen Überarbeitung noch wahre Wunder vollbringen können. Durch das ungewöhnliche Thema der Menschenjagd ist das Spiel leider auch für Familien-Spieler nur bedingt interessant, wurde doch zudem der Film „Apocalyptyco“ mit der Altersfreigabe „Ab 18“ versehen. Schon durch das Cover wird auch suggeriert, dass das Spiel eigentlich nicht im Familienspiel Bereich angesiedelt werden sollte. Allerdings ist für Vielspieler das Spielprinzip von „Yucatan“ leider auf Dauer zu reizlos. Hier gibt es derzeit deutlich Besseres auf dem Markt. Bleibt mir also nur, diesem ambitionierten Verlag trotzdem viel Glück für die Zukunft und für die nächsten Spiele hoffentlich genügend Entwicklungszeit zu wünschen.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Preis: 25,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2008
Verlag: Wolf Fang
Grafiker: Tomasz Tworek
Genre: Strategie
Zubehör:

12 sechseckige Spielfeldelemente, 36 Krieger Spielsteine aus Holz (je neun in vier Farben), 20 Pyramidenteile aus Holz (je fünf in vier Farben), 32 Dorfplättchen (je acht in vier Farben), 12 neutrale Dorfplättchen, 50 Sklavenplättchen, dreisprachige Spielanleitung (deutsch, englisch, polnisch)

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