Casablanca

Casablanca steht nicht nur für eine marokkanische Stadt mit Tradition, sondern auch für einen Evergreen der Filmszene ("Schau mir in die Augen, Kleines!"). Was viele nicht wissen: Es gibt ein gleichnamiges Spiel, das ebenfalls schon Tradition aufweisen kann. So war es ab 1970 als Sigma File, Agent und Conspiracy erhältlich, ehe es zur hier besprochenen Ausgabe von Amigo kam. Aber damit ist noch nicht Schluss der Geschichte, denn 2007 kümmerte sich Argentum Verlag um den Stoff. Was steckt hinter einem Spiel, das so oft wieder aufgewärmt wird? Muss ja etwas ganz Tolles sein, also sehen wir mal nach.

Wir haben vor uns einen Spielplan, der viele weiße Häuser zeigt. Der Name hat also seine Berechtigung (Casa = Haus, blanca = weiß). Vier dieser Häuser sind Agentenquartiere, die sowohl Start als auch Ziel der acht Agentenfiguren sind. Es sind immer alle acht Figuren im Einsatz, alle Spieler dürfen mit allen Figuren ziehen. Dabei ist das Ziehen nicht die einzige Aktionsmöglichkeit, man kann nämlich auch Agenten bestechen und aus dem Spiel werfen.

Wir bewegen also die Agenten über den Spielplan Richtung Koffer. Was darin steckt? Das werden wir nie erfahren. Aber es muss sehr interessanter Inhalt sein, wenn gleich acht Agenten hinter ihm her sind. Ziel des Spiels ist es, einen Agenten samt Koffer in sein Hauptquartier zu ziehen. Wer das schafft ist aber nicht automatisch Sieger: Man gewinnt nämlich nur, wenn man dem Agenten die größte Bestechungssumme gezahlt hat!

Um Agenten zu bestechen, muss man auf die Bewegung verzichten. Dafür kann man beliebig viele Agenten mit beliebigen Summen bestechen, solange das 10.000$-Budget das zulässt. Bestechungen tätigen wir geheim hinter unserem Sichtschirm, damit die Mitspieler unsere Pläne nicht sofort erkennen können. Durch kluges Spiel bekommen sie früher oder später sowieso ein paar Informationen.

Das Schlagen von Agenten, wodurch diese Figuren aus dem Spiel kommen, bedarf ebenfalls eines Verzichts auf die Bewegung. Aber sowohl Bewegung als auch Schlagen kann von den Mitspielern beeinsprucht werden. Stück für Stück geben der aktive und der beeinspruchende Spieler ihre Bestechungssumme für den strittigen Agenten ab. Wer nicht mehr bieten kann oder will, gibt sich ohne weitere Konsequenzen geschlagen. Der siegreiche Spieler darf entscheiden, ob der Zug in der geplanten Form nun stattfinden soll oder nicht; es sei denn, der aktive Mitspieler hat die Oberhand behalten und ein anderer Mitspieler möchte auch noch Einspruch erheben - dann beginnt die Sache mit dem Bieten nämlich von vorne...

Spieletester

10.12.2010

Fazit

Acht Agenten hampeln auf einem etwas verwirrenden Spielplan herum, um einen Koffer herumzutragen. Die auf den ersten Blick sinnvollste Taktik ist es, sich die komplette Bestechungssumme bis ganz kurz vor dem Ende aufzuheben und den erfolgreichen Agenten einen Schritt vor dem Ziel zu bestechen. Diese Taktik kann man in vielen Rezensionen anderer Seiten lesen. Ich möchte den Kollegen jetzt nicht unterstellen dass sie sich nicht mit dem Spiel beschäftigt haben, aber eindeutig zu wenig: Die angesprochene Taktik macht vielleicht in Partien zu zweit oder zu dritt Sinn, wenn ein Agent allein auf weiter Flur steht und keine Gefahr des Geschlagen werdens besteht. Ganz anders jedoch die Situation, wenn viele Spieler am Tisch sitzen: Einige andere werden etwas dagegen haben, dass wir einfach so heimspazieren. Viele Spieler = viele mögliche Schritte für andere Figuren. Wir werden also bald unliebsamen Besuch bekommen und um das Leben der soeben von uns bestochenen Figur bangen müssen. Was sollen wir tun, wenn jemand "unseren" Agenten schlagen will?! Ich kann ja nur Einspruch erheben, wenn ich den in Aktion befindlichen (also schlagenden) Agenten bestochen habe; nicht aber, wenn ich den passiven (zu schlagenden) Agenten kräftig geschmiert habe. Da passiert es leicht, dass unsere Figur aus dem Spiel fliegt und unsere Siegchancen auf Null reduziert sind. Auch wenn die Taktik nicht ganz so trivial ist wie auf den ersten Blick vermutet, stelle ich mir unter einem spannenden Spiel etwas ganz anderes vor. Zu sehr basiert der Ausgang des Spiels auf Glück. Entweder geht meine Strategie auf, oder sie geht total in die Hose. Ich habe das aber im fortschreitenden Spiel gar nicht mehr in der Hand, die entscheidenden Weichen sind nämlich viel früher gestellt worden. Ein Entgegensteuern ist fast unmöglich, weshalb der Spielreiz eher gering ausfällt. Besonders zu zweit und zu dritt ist das Spiel komplett zu vergessen. Kurz gesagt: Die traditionsreiche Geschichte dieses Spiels ist mir unverständlich.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

Teilen mit facebook twitter

Kommentar verfassen

Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 8
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten
Erscheinungsjahr: 1990
Verlag: Amigo
Genre: Bluff
Zubehör:

1 Spielplan, 8 Agenten, 1 Koffer, 1 Block, 8 Geheimakten (Sichtschirme), 1 Anleitung

Anzeige

Statistik

Derzeit findest Du auf spieletest.at 7137 Gesellschaftsspiele-,
1656 Videospielrezensionen
2305 Berichte.